DER GUTE HIRTE
I. Einführung
Wer ist der gute Hirte? Jesus selbst gibt im Johannes-Evangelium (10ff) die Antwort: "Ich bin der gute Hirt". Unser Vorbild für den guten Hirten ist Jesus selbst, "der Weg, die Wahrheit und das Leben". Jesus offenbarte sich als "die Tür" zum Gehege der Schafe. Die geöffnete Seite Jesu ist die Tür in den Himmel und auch die Tür zu den Herzen der Menschen. Die Berufung und Aufgabe eines guten Hirten ist auch klar festgelegt von Jesus: "Der gute Hirt gibt sein Leben für die Schafe (Joh 10,11)." Das Schlüsselwort lautet also hier Hingabe! Gleichzeitig beschreibt Jesus die Eigenschaft eines schlechten Hirten: "Der aber Mietling ist und nicht Hirt, und dem die Schafe nicht zu eigen gehören, sieht den Wolf kommen, lässt die Schafe im Stich und flieht, und der Wolf räubert unter ihnen und versprengt sie. Er ist eben ein Mietling und es liegt ihm eben nichts an den Schafen (Joh 10,12-13)." Hier lautet das Schlüsselwort Eigenwille! Man könnte den guten und den schlechten Hirten auch mit zwei anderen Schlüsselwörtern unterscheiden. Der gute Hirt ist ein aufrechter und wahrhafter Diener seiner Schafe, der schlechte Hirt ist ein eigenwilliger Hirte, der seinen eigenen Vorteil sucht; er sieht sich selbst als Herrschender an. Auf dieser Basis wollen wir nun die Situation des Priesterstandes, der Gelehrten, Theologen, Bischöfe, Kardinäle, usw., im Verhältnis zu den Laien und Gläubigen betrachten.
Anhand des Gleichnisses von den bösen Winzern wollen wir nun diese Beziehung zwischen den einzelnen Hirten und der ihnen anvertrauten Herde betrachten, sowohl aus der Sicht der Priester als auch aus der Sicht der Gläubigen.
1. Felsen und Wurzel
Wie oben erwähnt, ist der schlechte Hirt nur ein Mietling, er lässt seine Herde im Notfall im Stich und flieht. Die erste Frage, die wir uns vor der Betrachtung der Vorgehensweise zahlreicher Hirten stellen müssen, ist, welche Ordnung Jesus Christus in seiner Kirche festgelegt hat.
"Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was du binden wirst auf Erden, wird gebunden sein im Himmel, und was du lösen wirst auf Erden, wird gelöst sein im Himmel (Mt 16,18-19)."
Jesus Christus hat Petrus die Schlüssel des Himmelreiches gegeben und nicht den anderen Jüngern. Der Hl. Johannes hatte dieses Wort tief in seinem Herzen aufgenommen und hatte höchste Ehrfurcht davor. Diese Achtung vor der Ordnung Jesu Christi und damit des Himmlischen Vaters zeigt er besonders an einer Stelle. Als Petrus und Johannes von der Auferstehung Jesu erfahren, laufen beide los zum Grab. Johannes läuft schneller, er schaut kurz in das Grab hinein, geht aber nicht zuerst hinein. Er erinnert sich an die Worte von Jesus, dass Petrus der erste Hirte ist und die Kirche auf diesen Felsen Petri gebaut wird. (vgl. Joh 20,4-6). Aus diesem Fels ersteht die Kirche, gleichsam wie ein Kind empfangen wird, und der Fels ist Christus selbst. Christus ist der "Stein, der von den Bauleuten verworfen wurde". Jesus hat Petrus zum ersten Hirten der Kirche erwählt und ihn zum ersten Verwalter und Ausspender der Sakramente und des Wortes Gottes gemacht. Er ist derjenige, der das Lehramt der Kirche leitet als höchster Träger des Hl. Geistes. Dies zeigt sich ebenfalls im Matthäus-Evangelium: "Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist (16,17)."
Es hat also nicht Christus selbst diese Erwählung Petrus' zum Papst der römisch-katholischen Kirche bestimmt, sondern der Vater im Himmel hat es durch den Hl. Geist offenbart. Genau so ist es auch heute noch, der Hl. Geist selbst offenbart beim Konklave, wer der neue Papst sein soll, letztens bei Papst Benedikt XVI. Das Wort vom guten Hirten ist also in Einheit und Wahrheit anzuwenden auf den Hl. Vater. Wer dies nicht tut, der hat auch Gott nicht zum Vater und ist ein Feind der Kirche und Jesu Christi. Wir können nicht ein Wort der Hl. Schrift annehmen und das andere einfach ausschließen. Der Katechismus der Katholischen Kirche betont ausdrücklich, dass die Auslegung der Hl. Schrift nur im Gesamtzusammenhang des Alten und Neuen Testaments und der Apokalypse in Verbindung mit den Überlieferungen der Apostel und nur im Auftrag Gottes durch den Hl. Geistes erfolgen darf. Grundlage und Maßstab aller Auslegung ist dabei das Lehramt der römisch-katholischen Kirche unter der Leitung des Heiligen Vaters!
""Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte Wort Gottes authentisch auszulegen, ist allein dem lebendigen Lehramt der Kirche"" - "das heißt den Bischöfen in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, dem Bischof von Rom" - ""anvertraut, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird"" (DV 10, KKK Nr. 85)
Stellt sich damit ein Hirte, ob Priester, Kardinal oder Bischof gegen die Lehre des Papstes, dann stellt er sich gegen Christus selbst und damit gegen Gott.
2. Die bösen Winzer
Die Kirche wurde im Unbefleckten Herzen Mariens als Kind empfangen. Petrus ist sozusagen die Wurzel der Kirche, das Fundament in Stellvertretung und Vollmacht Christi auf Erden. So treffen die Worte des Hl. Paulus:
"... so erhebe dich nicht über die Zweige; erhebst du dich aber, so wisse; Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel dich ... Sei nicht hochmütigen Sinnes, sondern fürchte (Röm 11,18;20)!"
An anderer Stelle sagt Jesus: "Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner ... Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben (Joh 15,1;5)"
Jesus betont, dass er der Weinstock ist und nicht wir. Wir sind die Zweige des Baumes und nicht die Wurzel. So sind auch die einzelnen Priester nicht der Papst, sondern dem Papst untergeordnet. Genau hier liegt das Hauptproblem, Dienen oder Herrschen, Hingabe oder Eigenwille. Betrachten wir nun das Gleichnis von den bösen Winzern aus diesem Blickwinkel.
"Ein Mann pflanzte einen Weinberg, verpachtete ihn an Winzer und ging für längere Zeit außer Landes (Lk 20,9)."
Dieser Weinberg ist die Hl. Kirche. Die einzelnen Winzer sind die Arbeiter im Weinberg. Dazu gehören neben den Laien in erster Linie die einzelnen Priester. Der oberste Winzer ist der Hl. Vater, namentlich Papst Benedikt XVI. Der Vater im Himmel sendet zu seiner Zeit Knechte zu den Winzern um die Ernte einzuholen, die Früchte des Glaubens. Aufgabe der Priester ist es, durch die eigene Hingabe in ihrer Würde und Berufung als Priester selbst Frucht zu bringen vor Gott und dadurch Frucht hervorzubringen in den Herzen der Menschen. Dieses Fruchtbringen heißt aber, dass das Weizenkorn in die Erde fallen und sterben muss (Joh 12,25). Stirbt es nicht, bleibt es allein und bringt keine Frucht. Dies bedeutet aber nicht nur, dass der Priester keine Früchte bringt, sondern dass auch die ihm anvertraute Herde, die Gläubigen und Laien ohne Frucht im Herzen bleiben. Sie bleiben ebenfalls allein und ohne einen Hirten, weil der eigentliche Hirte mehr ein Mietling als ein Hirte ist. Die Gemeinde oder Pfarrei bleibt allein und kann nicht zu einer Einheit heranwachsen. Was hat Jesus zu den Reben gesagt, die keine Frucht bringen?
"Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, nimmt er weg (Joh 15,2)." Man könnte auch sagen, "Nimm die Axt und hau ihn um". Ein Priester der keine Frucht bringt und sich selbst sucht und verkündet, wird von Gott selbst das Gericht erfahren, wenn er nicht vorher umkehrt. Der Priester hat nicht nur die Verantwortung für sein eigenen Gedanken, Wort und Werke vor Gott, sondern auch für alle Seelen, die ihm in seiner Pfarrei anvertraut sind! Bringt er keine Frucht und und trägt er sein Kreuz Jesus nicht nach, dann fallen auch alle Seele mit ihm ins Verderben. Das gleiche gilt auch für die Einheit mit dem Papst.
Der Vater selbst hat im Hl. Geist diese Ordnung offenbart, dass Petrus, der Papst, der Fels, der erste Hirte ist und sonst niemand. Lebt der Priester im Ungehorsam gegenüber dem Lehramt der Kirche und damit des Hl. Vaters, dann hat dies nicht nur für ihn den geistigen Tod zur Folge, sondern auch für alle Seelen in seiner Pfarrei!
"Bleibt einer nicht in mir, wird er hinausgeworfen wie die Rebe; sie aber verdorrt, und man trägt sie zusammen und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen (Joh 15,6)."
Im o. g. Gleichnis schickt der Vater ebenfalls Knechte zu den Winzern, so wie heute von Gott selbst erwählte Apostel, Propheten und Boten zu den Winzern, den Priestern gesandt werden. Gott selbst will sie mahnen zur Umkehr und zeigt ihnen an den Früchten der Propheten bei der Arbeit im Weinberg, wo der wahre Weg Gottes ist.
Da kann man sich fragen warum das notwendig ist. Gott gibt eine Antwort:
"Wehe den Hirten Israels, die sich selber weiden! Sollen die Hirten nicht vielmehr die Schafe weiden? Die Milch genießt ihr, mit der Wolle bekleidet ihr euch, und die Masttiere schlachtet ihr; aber die Schafe weidet ihr nicht ... Siehe, ich selbst will für meine Schafe sorgen und mich ihrer annehmen ... Wehe den Hirten, die die Schafe meiner Weide zugrunde richten und zerstreuen ... Ihr seid es, die meine Schafe zerstreuten und auseinanderjagten und sich um sie nicht kümmerten." (vgl. Ez 34,2-3;11; Jer 23,1-2)
Was haben die Winzer mit den Knechten gemacht? Sie schlugen und beschimpften sie und warfen sie aus dem Weinberg (vgl. Lk 20,11-12). Gott hatte soviel Erbarmen mit uns Menschen, dass er uns nach zahlreichen Propheten vom Beginn der Menschheit an bis vor ca. 2000 Jahren seinen eigenen Sohn sandte. Und was haben sie mit diesem gemacht? Sie schlugen ihn ans Kreuz. Besonders die Schriftgelehrten und Pharisäer lehnten ihn ab, weil sie nicht annehmen konnten, dass er mit einfachen, armen, kranken und ausgegrenzten Menschen isst, trinkt usw. Sie konnten es nicht ertragen, dass ihre Eingebildetheit, ihr Stolz und ihre eigene weltliche Klugheit vor Gott nichts wert ist. Ihr Herz war so verstockt, dass sie nicht glauben konnten in ihrem Herzen. Sie bekannten mit den Lippen, "Herr, Herr", aber in ihrem Herzen waren sie wie übertünchte Gräber.
3. Die Heuchelei
Wie gingen die Pharisäer und Schriftgelehrten gegen Jesus vor? Haben sie sich ihm mit aufrichtigem Herzen gestellt und waren sie bereit zu einer offenen und fairen Aussprache? Gingen sie nicht genau so vor, wie es Jesus im o. g. Gleichnis beschreibt. Die Pharisäer und Gelehrten erkannten wohl, dass Jesus mit einer Vollmacht spricht, seine Worte besondere Kraft haben und dass Heilungen und Wunder geschehen. Sie sahen also die guten Früchte dessen was Jesus tat. Aber doch glaubten sie ihm nicht.
"Wie gegen einen Rebellen seid ihr ausgezogen mit Schwertern und Knütteln. Täglich war ich bei euch im Tempel, und ihr habt die Hände nicht ausgestreckt nach mir; aber das ist eure Stunde und die Macht der Finsternis (vgl. Lk 22,52-53)."
Im Verhalten Judas erkennen wir die Eigenart des Verhaltens der Pharisäer und Schriftgelehrten. Sie stellen sich Jesus nicht offen vor dem Volk, weil sie Angst haben, das Volk würde sie steinigen. Sie wissen, dass das Volk, besonders die Kleinen, Armen, Kranken usw., an Jesus glaubt und wählen deshalb einen gemeinen und hinterhältigen Weg. Selbst nach der Auferstehung sind sie ängstlich besorgt, dass seine Lehre doch stimmen könnte und stellen deshalb Wachen vor dem Grab auf. Satan hat ihre Herzen in Besitz genommen und verstockt gemacht. Sie hören und sehen nicht, obwohl sie Ohren und Augen haben.
Am Beispiel Nikodemus' erkennen wir, dass es auch für die Schriftgelehrten einen Weg gegeben hätte, die Wahrheit Jesu zu erkennen. Nikodemus war im Unterschied zu den restlichen Gelehrten offenherzig gegenüber Jesus und hörte ihm zu: "Wer aus Gott ist, hört auf Gottes Wort (Joh 8,47)." Er ging in sich und dachte über die Worte der "Geburt von oben" (Joh 3ff) nach. Nachher trifft er wieder auf Jesus und verteidigt ihn sogar gegenüber den Schriftgelehrten und Pharisäern. "Richtet denn unser Gesetz einen Menschen, wenn es ihn nicht zuvor verhört und festgestellt hat, was er tut (Joh 7,51)?" Nikodemus ist im Herzen bereit für den ehrlichen Dialog, er denkt über die Worte Jesu in seinem Herzen nach und verurteilt niemanden ohne vorher zu prüfen!
Auch das können sie nicht annehmen, so dass sie das Volk sogar verfluchen. "Dieses Volk aber, das vom Gesetz nichts versteht - verflucht sind sie (Joh 7,49)."
Die Hl. Therese von Lisieux beschreibt genau diese innere Herzensbereitschaft als die Grundhaltung vor Gott. Die Gelehrten waren nicht offen im Herzen und gingen deshalb auch nicht in sich um über die Worte Jesu aufrichtig nachzudenken. Genau diese Haltung setzt aber Jesus als die Grundhaltung voraus für das ewige Leben:
"Ja, doch selig, die das Wort Gottes hören und es bewahren ... er ist aus dem Tod hinübergeschritten ins ewige Leben (Lk 11,28; Joh 5,24)."
Nicht nur beim Hören ist es so, sondern auch beim Sehen. Glauben heißt, das, was Gott offenbart, mit dem Herzen aufnehmen und annehmen, einfach weil Gott es gesagt hat. Dieses Annehmen ist also eine kindliche Haltung, eine hingebende Haltung. Genau das Gegenteil tun die Pharisäer und Schriftgelehrten. Jesus sagt zu ihnen:
"Zum Gericht bin ich in diese Welt gekommen, damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden (9,39)."
Die Pharisäer fragen dann Jesus: "Sind etwa auch wir blind (Joh 9,40)?" Mit Sehen und nicht Sehen meint Jesus die Erkenntnis Gottes, der Liebe Gottes. Die Pharisäer leben in der stolzen Haltung, dass sie bereits alles wissen und "ja studiert haben". Sie müssen es ja schließlich wissen, weil sie ein langes Studium der Schriften hinter sich haben und es schließlich verdient haben das Volk zu belehren! Sie sind so verstockt in ihrem Hochmut und ihrer Blindheit des Herzens, dass sie die Wahrheit nicht mehr erkennen. So spricht Jesus zu ihnen:
"Wenn ihr blind wäret, so hättet ihr keine Sünde; nun aber sagt ihr: Wir sehen! So bleibt eure Sünde (Joh 9,41)."
Eine demütige Seele würde niemals von sich sagen, dass sie bereits alles weiß und deshalb keine Belehrung mehr nötig hat. "Wer fertig ist, steht immer noch am Anfang, und wenn er aufhört, ist er gar verlegen (Sirach 18,7)."
Besonders Priester, Bischöfe, Kardinäle und auch der Hl. Vater sollten immer die Haltung des Dienens für Gott beibehalten. Selbst wenn sie alles gelernt und studiert haben, ja wenn es 100 Jahre wären, dann steht jeder Mensch doch erst am Anfang. Deshalb sagte Jesus zu Petrus, dem Fels, nach der Auferstehung: "Petrus liebst du mich?"
Petrus antwortete erst beim dritten Mal: "Herr, alles weißt du; du weißt, dass ich dich liebe." (vgl. Joh 20,15-17)
Dann erst sagt Jesus zu Petrus, "Folge mir nach!". Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben eben nicht diese Haltung, dass Gott alles weiß, sondern sie glauben, dass sie es selbst bereits besser wüssten und keine Belehrung und Ermahnung mehr nötig hätten. Sie sähen ja und das Volk müsse schließlich ihre Belehrungen annehmen. Hierzu eine kleine Geschichte aus der Praxis, damit wir verstehen lernen, wie Gott selbst im Hl. Geist arbeitet um seine Diener zu ermahnen:
Diese Geschichte ist eine Geschichte im Zusammenhang mit Pater Pio. Ein Priester feiert die Hl. Messe zu schnell und nicht andächtig genug. Der Ministrant geht nach der Hl. Messe zu diesem Priester und teilt es ihm ehrfürchtig mit. Der Priester reagiert zornig und schickt den Ministranten mit der Bitte, sich nicht in seine Angelegenheiten einzumischen, ermahnend weg. Der Priester geht bei Pater Pio zum Beichten und Pater Pio ermahnt ihn aufs Eindringlichste. Er sagt ihm, dass er sich sofort bei dem Ministranten entschuldigen soll und Gott für die Gnade danken soll, dass ihn der Ministrant auf einen schwere Sünde aufmerksam gemacht hat. Der Priester sündigte schwer, weil er die Hl. Messe mechanisch und unandächtig gefeiert hat, erkannte es aber nicht. Danach lehnte er auch noch die Ermahnung Gottes durch den Ministranten ab. Er sagte sozusagen: "Ich sehe, was willst du kleiner Ministrant mir sagen!"
Genau diese Haltung war aber die falsche. Der Ministrant erkannte etwas, was er als Priester nicht erkannte, obwohl er Theologie studiert und mehr Lebenserfahrung hatte.
Ähnlich ist es auch heute. Zahlreiche Priester sagen, dass sie ja studiert hätten und wohl wissen müssten, wie die Liturgie zu feiern sei, wie man die Hl. Kommunion austeilt, wie man beten soll, wie man Katechese hält, predigt, sich benimmt usw. Prüfen wir einmal diese Haltung. Steckt da nicht genau die Aussage der Schlange dahinter: "Hat Gott wirklich gesagt, ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen ... vielmehr weiß Gott, dass euch, sobald ihr davon esst, die Augen aufgehen, und ihr wie Gott sein werdet ...(Gen 3,1;5)."
Eva glaubt auch, sie könne mehr sehen als Gott sieht und glaubte nicht mehr, dass Gott alles über allem ist und auch alles weiß. Sie verlässt die Haltung der Hingabe an den allmächtigen Gott und erhebt sich gegenüber ihm um selbst weiser zu werden als er. Genau diese Haltung können wir heute beobachten bei sehr vielen Studierten, Gelehrten, Wissenschaftlern und Theologen. Dies drückt sich oft so aus, dass das Volk nur das einfache Volk ist und sie sind die Studierten. Es wird von der Kanzel gepredigt in theologischer Sprache mit ganz speziellen Fachausdrücken, die aber das einfache Volk nicht versteht. Man rühmt sich mit Auszeichnungen, Titeln, Anreden und Applaus, sogar in der Kirche. Hat Jesus sich Applaus spenden lassen für seine Heilungen, Worte und Auftreten? Niemals, er gebot jedem niemanden von den Heilungen zu erzählen und zog sich immer von der Schmeichelei der Welt zurück. Er suchte nur von seinem Vater geehrt zu werden. Was bedeutet das für das o.g. Verhalten? "Sie haben ihren Lohn bereits empfangen", sagt Jesus (vgl. Lk 6,24-26).
4. Worte und Taten
Der Gelehrte von Jerusalem, Nikodemus, hatte eines erkannt. Er hatte in seinem Herzen eine Kraft der Liebe gespürt. Er dachte über die Worte Jesu nach und erkannte, dass Jesus das, was er sagte, auch genau so tat. Papst Benedikt XVI. beschreibt das Wort "WORT" im Hebräischen als "dabar", was soviel heißt wie Wort und Tat. "Gott tut, was er sagt und sagt, was er tut (WJT-Botschaft 04/06)." Bei Jesus gab es keinen Unterschied zwischen Wort (Verkündigung) und Leben (Verkündigung). Die Verkündigung im Wort war eins mit der Verkündigung durch sein Lebens (Auftreten, Verhalten, Werke...). Wort und Leben waren eine Einheit. Man kann sagen, Jesus war wahrhaftig, aufrichtig und ehrlich, er verstellte sich nicht. Jesus war wahrer Gott und wahrer Mensch. Die Lehre die er im Wort gab, bestätigte er durch sein freiwilliges Opfer am Kreuz! Er offenbarte uns wie wir Menschen sein sollen, "ohne Falsch" (vgl. Joh 1,47). Was heißt aber "ohne Falsch"?
Jesus gibt die Antwort: "Wer aus sich selbst redet, der sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahr und kein Trug ist in ihm (Joh 7,18)."
Die Ehre Gottes suchen heißt auch den Willen Gottes suchen und vor allem ihn tun. Jesus betonte ausdrücklich, dass nicht die sein Bruder, Schwester und Mutter sind, die nur sagen "Herr, Herr", sondern diejenigen, die seinen Willen tun! (vgl. Mt 12,46-50)
In der Bergpredigt (Mt 7,24) betont Jesus, dass nur derjenige sein "Haus auf Felsen" baut, der das Wort Gottes hört und auch tut. Dieses Hören bezieht aber Jesus auf das Hören mit dem Herzen (vgl. Lk 2,19) und nicht auf das bloße Hören mit dem Verstand und der rationalen Vernunft. Dieses Hören ist ein inneres Auf- und Annehmen der Wahrheit, welches nur möglich ist mit einem geöffneten Herzen.
Genau das war aber bei den Gelehrten in Jerusalem nicht der Fall. Auch heute erleben wir die gleiche Situation. Der Herr selbst sendet Boten, Propheten und Apostel zu den Winzern, den Hirten im Weinberg und was tun sie? Sie lehnen sie ab ohne vorher im Herzen hinzuhören, ob nicht tatsächlich Gott etwas Wichtiges sagen will. Man ist beschäftigt mit eigenen Wegen, z. B. in sozialen Arbeiten, Büroarbeiten usw. In einem Kloster wurde z. B. seit 18 Jahren nicht mehr angebetet. In Deutschland wurden vor einigen Wochen 98 Kirchen zum allgemeinen Nutzen freigegeben, verkauft. Die Hirten machen sich Sorgen um Geld und die Finanzierung der einzelnen Orden und Klöster. Immer mehr Klöster werden geschlossen. Ist das die Schuld Gottes oder der Menschen?
Darauf gibt es nur eine Antwort: des Menschen. Die Mutter Gottes, Maria, sagte auch den Gästen in Kanaa. "Tut was er euch sagt!" (vgl. Joh 2,5) Auch der Himmlische Vater sagte uns auf dem Berg Tabor: "Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören (Mk 9,7)."
Wer ist der erste Sohn "in persona" Jesu Christi hier auf Erden? Der Hl. Vater, derzeit Papst Benedikt XVI.
Tun die Hirten bedingungslos, was Gott uns durch ihn lehrt? Tun die Hirten in der Ordnung der Liturgiefeiern das, was Papst Johannes Paul II. in der Instruktion 164 über den Umgang mit der Hl. Eucharistie gelehrt hat? Die Antwort lautet leider in sehr vielen Fällen: Nein.
Hier nur ein Beispiel: In der Hl. Messe wird von der Kanzel das Wort von der Tempelreinigung Jesu in Jerusalem gesprochen. Man bemängelt, dass Kirchen zweckentfremdet werden, Konzerte gefeiert werden, usw. Im gleichen Atemzug steht im Eingangsbereich der Kirche ein Verkaufsstand, an dem verschiedene Waren angeboten werden. Der Hauptsitz des Standes ist nur ca. 200 Meter von der Kirche entfernt. Man predigt Wasser und trinkt Wein. Es wird das Gegenteil von dem getan, was man predigt. Das heißt also, dass die Worte geheuchelt sind, unwahrhaftig und eigenwillig. Wort und Tat sind keine Einheit! Das trifft genau o. g. Wort, dass sie lieber ihre eigene Ehre und Bequemlichkeit suchen und ihren eigenen Willen, den Ruhestand und einen Ausweg sich von der Notlage der heutigen Zeit zurückzuziehen. Sie sind Mietlinge, die die Schafe im Stich lassen. Der Wolf ist schon eingedrungen in die Kirchen und Pfarreien und die einzelnen Hirten schauen seelenruhig zu. Auf der Kanzel wird gepredigt von der Übertretung der Gebote Gottes und dass man anstelle dessen die menschliche Überlieferung setzt und in gleichem Atemzug wird noch in der Hl. Messe dasselbe getan. Es wird angegeben, dass die Enzykliken von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. studiert wurden, aber sie werden nicht getan. So trifft das Wort Jesu (aus Jesaja):
"Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, ihr Herz aber ist fern von mir. Vergeblich aber verehren sie mich; ihre Lehrsprüche, die sie vortragen, sind nichts als Satzungen von Menschen (vgl. Mk 7,6-7)."
Es sind nur noch Lippenbekenntnisse. Man stellt zu Beginn der Hl. Messe die großen Martyrien der Heiligen vor und handelt in der Hl. Messe in völligem Ungehorsam gegenüber dem Papst, dem höchsten Stellvertreter Jesu. Man sticht dem Papst einen Dolch von hinten in das Herz. Im gleichen Atemzug wird das Hl. Herz Jesu aufs Neue durchbohrt und das Unbefleckte Herz Mariens erneut mit dem Schwert geöffnet. Jesus wird aufs Neue gekreuzigt in seinem mystischen Leib. Warum predigen so zahlreiche Priester, Ordensleute, Bischöfe und Kardinäle nicht mehr die Wahrheit in ihrer Vollkommenheit? Ganz einfach, weil es ihnen alleine nicht möglich ist. Sie können sie nur in der ganzen Wahrheit predigen, d. h. in der Kraft des Heiligen Geistes, wenn sie das, was sie predigen auch in ihrem Leben tun und einzig Gott die Ehre dafür geben!
Wort und Leben müssen eins sein. Eigenwilligkeit tun und Hingabe predigen ist eine Lüge und gefällt Gott überhaupt nicht! So spricht Jesus erneut:
"Tut und haltet alles, was sie euch sagen, nach ihren Werken aber richtet euch nicht; denn sie reden zwar, tun es aber nicht (Mt 23,3)."
5. Versiegen des Lebensstromes (6. Zornschale)
Wenn die Studierten, Gelehrten, Priester, Bischöfe, Kardinäle und zahlreiche Verantwortliche in der Hl. Kirche wirklich im Herzen verstanden hätten, wo die Menschheit steht, vor welchem Abgrund, dann würden sie die Wahrheit, das Wort Gottes, von den Dächern herunterschreien. Sie würden Sühnestunden, Anbetung, Katechesen usw., in Massen halten um die Schafe vor dem reißenden Wolf zu retten. Das Gegenteil ist der Fall; die Liebe als der Lebensstrom in den Herzen der Menschen erlischt. Der Hl. Geist zieht sich zurück, er flieht den Stolz und die Einbildung, man sei schon auf dem richtigen Weg und müsse keine Belehrung mehr annehmen. Die Kultur der Liebe und Hingabe ist umgewandelt worden in eine "Kultur des Todes" (Evangelium vitae) und des Stolzes. Es geht in den meisten Fällen nicht mehr um die Liebe, sondern um die Leistung. Die 6. Zornschale verwirklicht sich langsam aber sicher in unserer Welt und auch in der Kirche. Der Plan Satans ist es den Menschen zur vollkommenen Gottlosigkeit zu führen. Wo wird er wohl als erstes beginnen, wenn er das Volk gottlos machen will? Bei den Priestern, den Ausspendern und Verwaltern des göttlichen Lebens. Der Feind will mit aller Gewalt den Bund Gottes mit den Menschen brechen. Er zerstört diesen Bund sowohl in den einzelnen Familien als auch in der "einen" Familie Gottes auf Erden, der Hl. Kirche. So wie das Ehesakrament als Bund zwischen Mann und Frau entweiht wird, so wird das die Hl. Eucharistie als Bund Gottes mit der ganzen Menschheit entweiht. Die Würde und Berufung von Mann und Frau zum "ein Fleisch werden" wird genauso entstellt wie die Würde und Berufung der Priester zum "ein Fleisch werden" in der Hl. Eucharistie. Das eine betrifft die irdische Ehe, das andere die "himmlische Ehe". Der Lebensstrom versiegt in den Herzen. Der irdische Leib des Menschen (v. a. der Frau) und der göttliche Leib Jesu in der Hl. Eucharistie wird entweiht und mit Füßen getreten. Man sieht mit einem fleischlichen Blick, ist blind geworden im Herzen. So werden liturgische Ordnungen eigenwillig abgeändert, Anbetung ist schon die Ausnahme schlecht hin. Das Volk weiß oft gar nicht mehr, was Anbetung ist. Die Messdiener, selbst die Älteren, wissen während der Hl. Messe häufig nicht, dass sie Stellvertreter der Hl. Engel im Himmel sind und stehen oft teilnahmslos und ehrfurchtslos vor dem Altar Gottes. Die Hirten sind keine Hirten mehr, sondern Mietlinge, die sich aus dem Staub machen wollen! Was wird wohl geschehen, wenn der Entscheidungskampf der Apokalypse erst wirklich beginnt? Bis jetzt war das nur der "Anfang der Wehen" (vgl. Mt, 24,8). Priester werden umfunktioniert zu Sozialarbeitern. Die Hl. Beichte wird zum "vergessenen Sakrament". Die Beichtstühle werden umgebaut zu Abstellkammern. Die Hl. Eucharistie wird nicht mehr als die wahre Gegenwart Jesu in Fleisch und Blut angesehen, sondern als "Feier des Brotbrechens" an sich. Es sei ja nur eine Versammlung und Gemeinschaft zum Beten. Das Geheimnis Gottes auf der Erde wird einfach mit Füßen getreten. Bei der Austeilung der Hl. Kommunion werden die vorgegebenen Regeln von Papst Johannes Paul (I, Nr. 164) missachtet, obwohl sie gelesen wurden. Es wird bei der Austeilung der Handkommunion keine Patene verwendet. Hostien fallen auf den Boden, werden aufgehoben und anschließend laufen die Gläubigen über diesen Platz und zertreten Jesus in den Partikelchen. Der Kelch mit dem Blut des Herrn wird einfach an die Laien weitergereicht. Der Priester kommuniziert erst nach den Ministranten und Laien und macht damit alle im Altarbereich Stehenden zu Mit-Zelebranten.
Das Gebot Gottes wird mit den Füßen getreten. Z. B. konnte beobachtet werden, wie ein Priester nach dem Brechen des Brotes kurz vor der Hl. Kommunion die abgefallenen Partikelchen einfach mit der Hand vom Altar auf den Boden wischt! In einem Krankenhaus wurde einem Patienten die Hl. Eucharistie mit Nutella von einem Priester gereicht. "Es soll halt gut schmecken", ist die Meinung. Wo sind wir eigentlich? Sind wir Gott, so dass wir die Erlaubnis hätten so mit Jesus umzugehen. Dies gilt aber umgekehrt auch für die Gläubigen selbst. Jeder Priester ist Stellvertreter Gottes auf Erden. Wo ist dies noch zu sehen an der Haltung der Gläubigen? Man sieht die oft Gläubigen in der Kirche herumlungern wie in einem Wirtshaus. Der Tempel des Herrn wird immer mehr umfunktioniert zu einer Markthalle. Es scheint eine Art "Show" zu sein, in der jeder sich kreativ einbringen kann. Man tut wie man will und gestaltet die Liturgie um, so wie es einem gerade recht ist. Oft ist zu beobachten, dass man so schnell wie möglich wieder die Feier der Hl. Messe verlassen will. Man holt sich "sein Brot" ab und geht dann gleich wieder.
Die Herzen der Menschen und der Priester sind zunehmend verschlossen. Das Geheimnis Gottes wird einfach ausgeschaltet. Das Wort Gottes wird nicht mehr gepredigt in seiner Kraft, sondern es sind leere Worte, die nicht mit den Taten übereinstimmen. Wir bekommen die Spreu und den Weizen schmeißt man in die Mülltonne. So wie Jesus zu den Pharisäern und Schriftgelehrten die "Wehe" sprach, so spricht er sie auch heute. Die Wahrheit wird mit Füssen getreten und "die Gesetzlosigkeit nimmt überhand ... die Liebe der vielen erkaltet (vgl. 24,12)." Papst Benedikt XVI. spricht in "Deus caritas est" von der so notwendigen "Herzensbildung". Ich selbst habe von Priesterseminaristen immer wieder gehört, dass sie nach dem Theologiestudium froh sind, dass sie ihren Glauben nicht verloren haben. Es wird alles Mögliche unterrichtet und gelehrt, aber die "Ausbildung des Herzens" kommt viel zu kurz. Der Priester ist nicht dazu berufen, möglichst viel zu wissen, sondern viel zu lieben!!!
Er ist ein Werkzeug der Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Er soll Vorbild sein, ein guter Hirte, der sein Leben aus Liebe zu Gott für die Rettung der Seelen hingibt. Wahre Nachfolge Christi bedeutet immer Hingabe, nicht Eigenwille und weltliche Klugheit, sondern Torheit des Kreuzes. Auf dieser Basis müssen die Priester gelehrt und unterrichtet werden. Die Berufung zum Priestertum muss im Herzen heranreifen, wachsen, blühen und Frucht bringen. Es ist eine von Gott geschenkte Berufung. "Keiner nimmt sich selbst die Würde, sondern gerufen wird er von Gott wie auch Aaron (Hebr 5,4)."
Papst Johannes Paul II. bezeichnet die Berufung zum Priester als "Geschenk und Geheimnis". Es ist und bleibt ein Geheimnis und so wie Gott diese Berufung schenkt, so soll auch der Priester ein Geschenk von Gott an die Menschen sein, ein guter Hirte, der sein Leben freiwillig in der Einheit mit Christus hingibt. Das Versiegen des Lebensstromes ist die Verlagerung der Theologie weg vom Herzen und hin zur Leistung, zum Rationalismus. Die Liebe wird verfälscht und man glaubt, der Mensch lebe nur von Brot (Mt 4,4). Das wahre, lebendige Brot, Jesus in der Hl. Eucharistie, wird nur als Brot an sich dargestellt, ohne Unterschied vor und nach der Hl. Wandlung. Es geht sogar so weit, dass mancherorts die Wandlungsworte einfach weggelassen werden. Der Kuchen wird Stück für Stück zerkleinert und es bleibt nur ein kleiner Rest von der ganzen Wahrheit. Das Volk verhungert und verdurstet geistiger Weise in den Seelen und wird der Angst, der Rache, der Ichsucht, des Stolzes, der Gewalt und des Todes ausgeliefert.
Wusste Gott das nicht schon im Voraus, so dass er eben hier wieder seine Allmacht und Weisheit in der Torheit des Kreuzes bezeugt? Die 6. Zornschale beschreibt genau diesen Abfall, die schleichende Einkehr des Antichrists in das Innerste der Kirche. Den Zehn Geboten werden von der Freimaurerei zehn Gegengebote entgegengesetzt. Der Mensch wird durch seinen freien Willen verführt zur Unreinheit und besonders die Priester und Ordensleute sind Zielscheibe dieses letzten Angriffes Satans. Es soll hier nicht darum gehen, Priester, Bischöfe, Kardinäle, Gelehrte, Ordensleute usw. zu verurteilen. Nein, es soll aufgezeigt werden, wo die "Sicherheitslücken" sind, wo der Wolf in das Gehege über den Seiteneingang eingestiegen ist und nicht über die Türe, Jesus. Jesus steigt immer über die "Herzenstür" in Wahrheit ein. Satan steigt auf hinterhältige Weise in die Herzen ein, er äfft Gott nach. Das Wort Gottes wird durch die rationalistische Auslegung zu einer menschlichen Überlieferung gemacht und zwar in seiner so feinen und gefährlichen Weise, dass selbst hochstudierte Priester es nicht bemerken.
7. Weisheit und Torheit
Waren die Apostel studiert, kannten sie zuvor Theologie? Waren die Apostel angesehene Persönlichkeiten beim Volk? Hatten die Propheten studiert, die Gott zu den einzelnen Königen, wie z. B. David, sandte? Nein, sie waren es nicht. Betrachten wir nur einmal die Propheten Jona, Jeremias und Daniel. Sie alle waren jung und hilflos und fühlten sich unfähig Gottes Auftrag zu erfüllen. Selbst Mose wollte nicht reden, so dass ihm Gott Aaron an die Seite gab. Aber genau das, "was schwach ist vor der Welt, wählte Gott aus, um das Starke zu beschämen, was niedrig ist vor der Welt und verachtet, wählte Gott aus, das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zunichte zu machen, damit niemand sich rühme vor Gott (1. Kor 1,27-30)."
Die Pharisäer und Schriftgelehrten sind gleichzusetzen mit den Weisen und Klugen der heutigen Zeit, darunter auch sehr viele Theologen, Philosophen und Priester usw. Das Volk Israel wurde von Gott als das Volk Gottes erwählt, mit dem Gott selbst mit einem ewigen Bund einen neuen Anfang machen wollte. Sie lehnten diese Erwählung ab und gingen eigene Wege. Der Bund wurde von den Menschen gebrochen, aber nicht von Gott.
"In der Welt war er, und die Welt ist geworden durch ihn, doch die Welt erkannte ihn nicht. In das Seine kam er, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf (Joh 1,10-11)."
Selbst die eigenen Jünger flohen als sie sahen, dass Jesus ans Kreuz ging und sich von den Soldaten regelrecht abschlachten ließ. Auch sie begriffen nicht, was hier vor sich geht, selbst Petrus nicht. Er verleugnete Jesus dreimal wissentlich und absichtlich. Sie hatten die Lehre Jesu noch nicht verstanden, bis auf einen Jünger, Johannes. Er ging mit der Mutter Jesu, Maria, bis unters Kreuz. Und was tat Johannes? Er war der Jünger, "den Jesus liebte". Er liebte Jesus und lag an der Brust Jesu. Er stellte sich nicht klug und weise, sondern er war ein Zeuge der Liebe Gottes. Johannes stand für alle Priester stellvertretend unter dem Kreuz und auch für alle Menschen. In ihm gab uns Jesus ein Vorbild, ein Vorbild für die Priester. Johannes lebte das, was Jesus sagte, bevor er am Kreuz starb. Er erkannte nach der Auferstehung an den Worten Jesu sofort, dass es Jesus ist. Er hatte eben dieses offene, reine Herz, die Herzensbereitschaft und vor allem die Demut auf das Licht des Heiligen Geistes im Wort Jesu zu hören.
Als Jesus zum ersten Mal in seinem irdischen Leib gekreuzigt wurde, sprach er zuvor:
"Seht ihr das alles? Wahrlich, ich sage euch: Kein Stein wird hier auf dem andern gelassen, ein jeder wird abgebrochen werden (Mt 24,2)."
Danach ist Jesus auferstanden und die Zeit der Hl. Kirche hatte begonnen, wie die Empfängnis eines Kindes im Mutterleib, in Maria. Seit diesem Zeitpunkt ist die Gottesmutter in geistiger Weise schwanger. Sie bildet seitdem den mystischen Leib der Kirche in ihrer Rolle als Gottesmutter heran. Die Kirche wurde von Jesus auf dem Fundament der zwölf Apostel gegründet, auf einfachen Menschen, Fischern, Zöllnern, Arbeitern, ohne Studium.
Jesus erkannte in ihnen ihr gutes Herz und erwählt sie gerade wegen ihrer Schwachheit zu Zeugen seiner Auferstehung in der Gemeinschaft mit seinen Leiden. Gott ist einfach und er offenbart seine Geheimnisse auch nur einfachen Menschen. Die Armut des Herzens und des Geistes ist die Grundbedingung für den Zutritt zum Reich Gottes.
Das zweite Kommen Christi ist die zweite Geburt, die zweite Auferstehung. Vor der zweiten Auferstehung wird aber auch die zweite Kreuzigung Jesu erfolgen, nur diesmal im mystischen Leib. Die ganze Hl. Kirche muss geistiger Weise gekreuzigt werden. Genau das erleben wir jetzt. Jesus wird in der Hl. Eucharistie und im Leib der Mutter selbst gekreuzigt.
Jesus spricht also wieder die o. g. Worte, dass kein Stein hier auf dem andern gelassen wird. Er wird den Tempel in Jerusalem, den Tempel der ganzen Menschheit noch einmal niederreißen. Genauso wird er wieder Propheten, Apostel und Boten in ihrer völligen Schwachheit erwählen, bis an die Zäune gehen, um seine Kirche neu aufzubauen. "Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt (vgl. Offb 2,7)."
Da so viele von Jesus erwählte Hirten nicht auf seine Stimme hören, die zu ihnen durch die Apostel der letzten Zeiten spricht, "gefiel es Gott, durch die Torheit der Heilsbotschaft die zu retten, die glauben ... Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott stärker als die Menschen (1. Kor 1,21;25)."
Die Torheit des Kreuzes, die Schwachheit der Erwählten dieser Zeit, wird heute genauso die Klugen und Weisen dieser Welt wieder beschämen wie schon bei der ersten Auferstehung Jesu.
Die Hirten dieser Zeit stützen sich mehr und mehr auf ihre eigenen Kräfte und es sieht oft so aus, als wollten sie selbst die Pläne Gottes verändern und sich auf den Richterstuhl Gottes setzen. Was aber sagt uns Gott dazu?
Gehen wir hierzu abschließend auf die Worte dessen ein, den Christus uns als Oberhaupt der Kirche vorgesetzt hat, Papst Benedikt XVI.
8. Diener Gottes
Wie oben erwähnt sind zahlreiche Priester auf dem Weg der Leistung und es Eigenwillens statt auf dem Weg der Liebe und Hingabe an Gottes Willen. Das gleiche ist bei Mann und Frau zu beobachten. In beiden "Ehen", der irdischen und der himmlischen, ist die völlige Verzerrung der Rollen von Mann und Frau und des Gottes- und Menschenbildes zu beobachten. Der Bund Gottes wird mit aller Gewalt von Satan angegriffen und die Hirten und Familien fallen in großer Zahl auf diese Verführung herein. Jesus hat uns vor dieser Verführung gewarnt:
"Wenn dann jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias, oder: dort, so glaubt es nicht; denn es werden falsche Messiasse aufstehen und ,falsche Propheten und sie werden große Zeichen und Wunder tun', um wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Seht, ich habe es euch vorhergesagt (Mt 24,23-25)!"
Auch die Auserwählten werden verführt, besonders die Hirten der römisch-katholischen Kirche. Auch Papst Benedikt XVI. erkennt diese Verführung und gibt folgende Worte in "Deus caritas est":
"Es ist Zeit, angesichts des Aktivismus und des drohenden Säkularismus vieler in der karitativen Arbeit beschäftigter Christen die Bedeutung des Gebetes erneut zu bekräftigen. Der betende Christ bildet sich selbstverständlich nicht ein, Gottes Pläne zu ändern, oder zu verbessern, was Gott vorgesehen hat. Er sucht vielmehr die Begegnung mit dem Vater Jesu Christi und bittet, dass er mit dem Trost seines Geistes in ihm und in seinem Wirken gegenwärtig sei."
Eine Frage: "Ist Gott Vater im Hl. Geist in seinen Hirten und Gläubigen wirksam angesichts der o. g. Handlungen?"
Diese Frage muss man sich ernsthaft stellen, sonst belügt man sich ja selbst. Wenn die Hirten und auch die Gläubigen nur noch gelehrt werden, wie man ein Lippenbekenntnis ablegt, dann ist es kein Wunder, dass immer mehr Kirchen geschlossen werden und das Volk geistig verdürstet und verhungert! Die Priester müssen das Volk zu einer Hingabe an Gott führen, zu einer "Liebesgemeinschaft", einem lebendigen Glauben, zum Glauben an die Gegenwart Jesu in der Hl. Eucharistie. Die Menschen sollen selbst eine "wandelnde Eucharistie, lebendiges Brot" zur Nahrung für die Menschen werden. Dies können sie aber nicht, wenn ihnen von den Hirten die geistige Nahrung für die Seele verweigert wird (Beichte, Eucharistie, Wort Gottes in seiner ganzen Wahrheit).
"Die Vertrautheit mit dem persönlichen Gott und die Hingabe an seinen Willen verhindern, dass der Mensch Schaden nimmt, und bewahren ihn vor den Fängen fanatischer und terroristischer Lehren (Deus caritas est)."
Die Hirten sollen nicht Beherrscher ihrer Gemeinden und Pfarreien sein, sondern Diener Gottes. Dieses Dienen ist ein Dienst der Liebe und Hingabe. Diese Liebe ist "immer mehr als bloße Aktion", sagt Papst Benedikt XVI. Es ist nicht ein Leistungsdenken, ein eigenwilliges Streben, sondern die Hinopferung seiner selbst für das Heil der Seelen. Dies bekennt der Hl. Paulus im Hohelied der Liebe (vgl. 1. Kor 13ff). Ohne die Liebe ist alles nutzlos, die Liebe Gottes ist es, die in uns alle vollbringt. "Getrennt von mir könnt ihr nichts tun" sagte Jesus (vgl. Joh 15,5).
Diese Trennung gilt auch im Hinblick auf den Hl. Vater. Er ist höchster Stellvertreter Jesu auf Erden, der römisch-katholischen Kirche. Trennen wir uns vom Lehramt der Kirche und des Hl. Vaters, dann trennen wir uns unweigerlich von Jesus Christus, vom Weinstock und damit auch von Gott und dem Hl. Geist!
Das Handeln und Wirken der Priester, besonders in der Hl. Messe, muss ein Zeugnis der Liebe Gottes ein. Der Priester ist ein Zeuge der Liebe, kein Werkzeug für soziale Leistungen. "Die praktische Aktion bleibt zu wenig, wenn in ihr nicht die Liebe zum Menschen selbst spürbar wird, die sich von der Begegnung mit Christus nährt. Das persönliche, innere Teilnehmen an der Not und am Leid des anderen wird so Teilgabe meiner selbst für ihn: Ich muss dem anderen, damit die Gabe ihn nicht erniedrigt, nicht nur etwas von mir, sondern mich selbst geben, als Person darin anwesend sein (Deus caritas est)."
Das ist das, was Jesus in jeder Hl. Messe tut für uns! Er ist selbst in Brot und Wein gegenwärtig als Person und verschenkt sich an uns, macht sich für uns zum Geschenk. Genauso soll jeder Hirte ein Geschenk für die Seelen, die Gläubigen sein, ein Werkzeug der Barmherzigkeit Gottes. Das ist die "Liebe bis zur Vollendung" (vgl. Joh 13,1).
"So wie der Menschensohn nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösepreis für viele" (Mt 20,28), so sollen auch die Priester als gute Hirten handeln, als Dienende.
"Dieses rechte Dienen macht den Helfer demütig. Er setzt sich nicht in eine höher Position dem andern gegenüber, wie armselig dessen Situation im Augenblick auch sein mag (Deus caritas est)."
Die Demut heißt Mut zum Dienen und damit Mut zur Hingabe. Jesus gab uns ein Vorbild, die Verkündigung im Wort und die Verkündigung im Leiden waren eins. Genau diese Kraft des Leidens und der Hingabe ist in jedem Wort Gottes gegenwärtig und bewirkt in uns genau die Auferstehung, die sich auch in Christus bewirkt hat. Verkünden wir das Wort ohne die Torheit des Kreuzes, also nicht als demütige Diener und Nachfolger Christi, dann ist das Wort nur Wasser, unfruchtbar, kein Wein. Diese Rebe wird früher oder später ausdorren und abgehauen von Christus selbst. Jesus sagte seinen Aposteln beim Letzten Abendmahl und damit jedem einzelnen Hirten:
"Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr, und ein Gesandter ist nicht größer als der, der ihn gesandt hat. Wenn ihr das wisst, so seid ihr selig, wenn ihr so tut (Joh 13,16-17)."
Jesus sagte nicht, wenn ihr nur hört, aber nicht tut. Wir müssen auch tun, was er sagt, nicht was wir uns selbst zusammengebastelt haben in unseren Eigenwilligkeiten und Ausströmungen einer "neuen Kreativität". Diener Gottes sein heißt mich von Gott als "lebendige Opfergabe" für den Dienst an den Menschen verwenden lassen. Es ist eine Hinopferung des Herzens, eine innere Verfügbarkeit einzig für den Willen Gottes. Wenn Hirten auf sich selbst bauen, auf ihre eigenen Stärke, dann ist er kein Jünger Christi, weil er zwar vielleicht seiner Berufung nachgeht, aber sich nicht von allem losgesagt hat, was er besitzt, sogar von sich selbst (vgl. Lk 14,33).
"Eine echte religiöse Grundhaltung vermeidet, dass der Mensch sich zum Richter Gottes erhebt und ihn anklagt, das Elend zuzulassen, ohne Mitleid mit seinen Geschöpfen zu verspüren. Wer sich aber anmaßt, unter Berufung auf die Interessen der Menschen gegen Gott zu kämpfen - auf wen soll er sich verlassen, wenn das menschliche Handeln sich als machtlos erweist (Deus caritas est)?"
Da sich so viel Hirten dieser Zeit eben auf sich selbst verlassen und selbst als weise ansehen, sendet Gott selbst Apostel und Propheten zu ihnen um sie zu warnen, vor dem was kommen wird und muss, das zweite Kommen Christi. Die, die das Gute getan haben, werden die Worte hören: "Kommet, ihr Gesegneten". Die, die das Schlechte getan haben, werden hören: "Weichet ihr Verfluchten" (vgl. Mt 25,34;41).
"Christus hat den letzen Platz in der Welt - das Kreuz - eingenommen, und gerade mit dieser radikalen Demut hat er uns erlöst und hilft uns fortwährend (Deus caritas est)." Das gleiche gilt für jeden von Gott erwählten Hirten! Die radikale Demut und Hingabe lässt die Erlöserliebe Christi durch ihn in den Herzen der Menschen zu ihrer Rettung und ihrem Heil wirken. "Dieser Auftrag ist Gnade. Je mehr einer für den anderen wirkt, desto mehr wird er das Wort Christi verstehen und sich zueignen: ,Unnütze Knechte sind wir' (Lk 17,10). Denn er erkennt, dass er nicht aufgrund eigener Größe oder Leistung handelt, sondern weil der Herr es ihm gibt ... Er wird in Demut das tun, was ihm möglich ist und in Demut das andere dem Herrn überlassen. Gott regiert die Welt, nicht wir. Wir dienen ihm nur, soweit wir können und uns die Kraft dazu gibt (Deus caritas est)."
Das ist der Auftrag Jesu an uns Menschen und an alle Hirten: "Liebet einander!" (Joh 15,17)
"Liebet einander" heißt "Dienet einander". Einander dienen heißt eine gemeinschaftliche Hingabe in einer Herzensdemut an den Willen Gottes. So werden wir und vor allem die erwählten Hirten dieser Zeit zu wahren und guten Hirten, die nicht davonlaufen, wenn der reißende Wolf kommt, sondern ihr Leben hinopfern für die Rettung der Seelen, denn:
"Wer sein Leben liebt, verliert es, und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zu ewigem Leben bewahren (Joh 12,25)."
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