DIE SIEBEN SAKRAMENTE



DIE SIEBEN SAKRAMENTE DER KIRCHE

1210 Die Sakramente des Neuen Bundes sind von Christus eingesetzt. Es gibt sieben Sakramente: die Taufe, die Firmung, die Eucharistie, die Buße, die Krankensalbung, die Weihe und die Ehe. Diese sieben Sakramente betreffen alte Stufen und wichtigen Zeitpunkte im Leben des Christen: sie geben dem Glaubensleben der Christen Geburt und Wachstum, Heilung und Sendung. Es besteht also eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Stufen des natürlichen Lebens und den Stufen des geistlichen Lebens [Vgl. Thomas v. A., s. th, 3,65,1].

1211 Dieser Analogie entsprechend werden zunächst die drei Sakramente der christlichen Initiation (erstes Kapitel) dargelegt, dann die Sakramente der Heilung (zweites Kapitel) und schließlich die Sakramente, die im Dienst der Gemeinschaft und der Sendung der Gläubigen stehen (drittes Kapitel). Diese Reihenfolge ist zwar nicht die einzig mögliche, sie läßt aber ersehen, daß die Sakramente ein organisches Ganzes bilden, in dem jedes Sakrament einen lebenswichtigen Platz einnimmt. In diesem Organismus nimmt die Eucharistie als „Sakrament der Sakramente“ eine einzigartige Stellung ein: „Alle anderen Sakramente sind auf sie als auf ihr Ziel hingeordnet“ (Thomas v. A., s. th. 3,65,3).

ERSTES KAPITEL

DIE SAKRAMENTE DER CHRISTLICHEN INITIATION

1212 Durch die Sakramente der christlichen Initiation – die Taufe, die Firmung und die Eucharistie – werden die Grundlagen des ganzen christlichen Lebens gelegt. „Durch die Gnade Christi beschenkt, erhalten die Menschen Anteil an der göttlichen Natur. Dabei besteht eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Werden und Wachsen des natürlichen Lebens und mit seiner Stärkung. In der Taufe wiedergeboren, werden die Gläubigen durch das Sakrament der Firmung gefestigt und in der Eucharistie mit dem Brot des ewigen Lebens gestärkt. So werden sie durch die Sakramente der christlichen Initiation immer tiefer in das Leben Gottes hineingenommen und kommen der vollendeten Liebe immer näher“ (Paul VI., Ap. Konst. „Divinæ consortium naturæ“) [Vgl. OICA pranotanda 1–2].


ARTIKEL 1 • DAS SAKRAMENT DER TAUFE

1213 Die heilige Taufe ist die Grundlage des ganzen christlichen Lebens, das Eingangstor zum Leben im Geiste [vitæ spiritualis ianua] und zu den anderen Sakramenten. Durch die Taufe werden wir von der Sünde befreit und als Söhne Gottes wiedergeboren; wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingefügt und an ihrer Sendung beteiligt [Vgl. K. v. Florenz: DS 1314; CIC, cann. 204, § 1; 849; CCEO, can. 675, § 1]: „Die Taufe ist das Sakrament der Wiedergeburt durch das Wasser im Wort“ (Catech. R. 2,2,5).

I Wie wird dieses Sakrament genannt?

1214 Man nennt es Taufe nach dem in seinem Vollzug wesentlichen Ritus: taufen [auf griechisch „baptizein“] bedeutet „eintauchen“. Das Eintauchen ins Wasser versinnbildet das Begrabenwerden des Katechumenen in den Tod Christi, aus dem er durch die Auferstehung mit ihm [Vgl. Röm 6,3–4; Kol 2,12]als eine „neue Schöpfung“ hervorgeht (2 Kor 5,17; Gal 6, 15).

1215 Dieses Sakrament wird auch „Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist“(Tit 3,5) genannt, denn es bezeichnet und bewirkt die Geburt aus dem Wasser und dem Geist, ohne die niemand „in das Reich Gottes kommen kann“ (Joh 3,5).

1216 „Dieses Bad wird Erleuchtung genannt, denn wer diese [katechetische] Unterweisung erhält, wird im Geiste erleuchtet“ (Justin, apol. 1,61,12). Da er in der Taufe das Wort, „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet“ (Joh 1,9), erhalten hat, ist der Getaufte nach der „Erleuchtung“ (Hebr 10,32) zu einem Sohn „des Lichtes“ (1 Thess 5,5) geworden, ja zum „Licht“ selbst (Eph 5,8).

„Die Taufe ist die schönste und herrlichste der Gaben Gottes ... Wir nennen sie Gabe, Gnade, Salbung, Erleuchtung, Gewand der Unverweslichkeit, Bad der Wiedergeburt, Siegel, und nach allem, was besonders wertvoll ist. Gabe, denn sie wird solchen verliehen, die nichts mitbringen; Gnade, denn sie wird sogar Schuldigen gespendet; Taufe, denn die Sünde wird im Wasser begraben; Salbung, denn sie ist heilig und königlich (wie die, die gesalbt werden); Erleuchtung, denn sie ist strahlendes Licht; Gewand, denn sie bedeckt unsere Schande; Bad, denn sie wäscht; Siegel, denn sie behütet uns und ist das Zeichen der Herrschaft Gottes“ (Gregor von Nazianz, or. 40,3–4).

II • Die Taufe in der Heilsökonomie

Die Vorzeichen der Taufe im Alten Bund

1217 Bei der Weihe des Taufwassers in der Liturgie der Osternacht gedenkt die Kirche feierlich der großen Ereignisse der Heilsgeschichte, die schon auf das Mysterium der Taufe hindeuteten:

„Gott, deine unsichtbare Macht bewirkt das Heil der Menschen durch sichtbare Zeichen. Auf vielfältige Weise hast du das Wasser dazu erwählt, daß es hinweise auf das Geheimnis der Taufe“ (MR, Osternacht 42: Weihe des Taufwassers).

1218 Seit Anfang der Welt ist das Wasser, dieses einfache, aber wunderbare Geschöpf, die Quelle des Lebens und der Fruchtbarkeit. Nach der Heiligen Schrift wird es durch den Geist Gottes gleichsam „bedeckt“ [Vgl. Gen 1,2.]:

„Schon im Anfang der Schöpfung schwebte dein Geist über dem Wasser und schenkte ihm die Kraft, zu retten und zu heiligen“ (MR, Osternacht 42: Segnung des Taufwassers).

1219 Die Kirche hat in der Arche Noachs ein Vorzeichen des Heils durch die Taufe erblickt. In der Arche wurden ja „nur wenige, nämlich acht Menschen, durch das Wasser gerettet“ (1 Petr 3,20):

„Selbst die Sintflut war ein Zeichen der Taufe, denn das Wasser brachte der Sünde den Untergang und heiligem Leben einen neuen Anfang“ (MR, Osternacht 42: Segnung des Taufwassers).

1220 Das Quellwasser ist Symbol des Lebens, das Meerwasser Symbol des Todes. Deswegen kann das Wasser auch auf das Mysterium des Kreuzes hinweisen. Aufgrund dieser Symbolik bedeutet die Taufe das Hineingenommenwerden in den Tod Christi.

1221 So kündigt vor allem der Durchzug durch das Rote Meer – die wirkliche Befreiung Israels aus der Knechtschaft in Ägypten – die durch die Taufe bewirkte Befreiung an:

„Als die Kinder Abrahams, aus Pharaos Knechtschaft befreit, trockenen Fußes das Rote Meer durchschritten, da waren sie ein Bild deiner Gläubigen, die durch das Wasser der Taufe aus der Knechtschaft des Bösen befreit sind“ (MR, Osternacht 42: Segnung des Taufwassers).

1222 Vorzeichen der Taufe ist schließlich auch die Überschreitung des Jordan, durch die das Volk Gottes das Land, das den Nachkommen Abrahams verheißen worden war, zum Geschenk erhielt – ein Bild des ewigen Lebens. Die Verheißung dieses seligen Erbes erfüllt sich im Neuen Bund.

Die Taufe Christi

1223 Sämtliche Vorzeichen des Alten Bundes finden in Christus Jesus ihre Vollendung. Dieser beginnt sein öffentliches Leben nach seiner Taufe durch Johannes im Jordan1. Nach seiner Auferstehung gibt er den Aposteln die Sendung: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28, 19_20) [Vgl. Mk 16,15–16].

1224 Um „die Gerechtigkeit [die Gott fordert] ganz zu erfüllen“ (Mt 3,15), hat sich unser Herr freiwillig der Taufe durch Johannes, die für Sünder bestimmt war, unterzogen. In dieser Handlung zeigt sich die „Selbstentäußerung“ [Vgl. Phil 2,7] Jesu. Der Geist, der über den Wassern der ersten Schöpfung schwebte, läßt sich dabei auf Christus nieder, um auf die Neuschöpfung hinzudeuten, und der Vater bezeugt Jesus als seinen „geliebten Sohn“ (Mt 3, 17).

1225 In seinem Pascha hat Christus für alle Menschen die Quellen der Taufe erschlossen. Er hatte ja von seinem Leiden, das er in Jerusalem erdulden mußte, als einer „Taufe“ gesprochen, mit der er „getauft“ werden müsse (Mk 10,38) [Vgl. Phil 2,7]. Das Blut und das Wasser, die der durchbohrten Seite des gekreuzigten Jesus entflossen [Vgl. Joh 19,34], sind Urbilder der Taufe und der Eucharistie, der Sakramente des neuen Lebens [Vgl. 1 Joh 5,6–8]. Somit ist es möglich, „aus Wasser und Geist geboren“ zu werden, um in das Reich Gottes zu kommen

(Joh 3,5):

„Sieh, wo du getauft wurdest, woher die Taufe kommt, wenn nicht vom Kreuz Christi, vom Tode Christi. Darin liegt das ganze Mysterium: er hat für dich gelitten. In ihm bist du erlöst, in ihm bist du gerettet“ (Ambrosius, sacr. 2,6).

Die Taufe in der Kirche

1226 Schon am Pfingsttag hat die Kirche die heilige Taufe gefeiert und gespendet. Der hl. Petrus sagt zu der Menge, die durch seine Predigt bis ins Innerste aufgewühlt war: „Kehrt um, und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg 2,38). Die Apostel und ihre Mitarbeiter bieten die Taufe allen an, die an Jesus glauben: Juden, Gottesfürchtigen und Heiden [Vgl. Kol 2,12]. Stets erscheint die Taufe an den Glauben gebunden:

„Glaube an Jesus, den Herrn, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus“ sagt der hl. Paulus zu seinem Gefängniswärter in Philippi. Und dieser „ließ sich sogleich mit allen seinen Angehörigen taufen“ (Apg 16,31.33).

1227 Dem hl. Apostel Paulus zufolge wird der Gläubige durch die Taufe in den Tod Christi hineingenommen; er wird mit ihm begraben und er ersteht mit ihm auf.

„Wißt ihr denn nicht, daß wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Röm 6,3–4) [Vgl. Kol 2,12].

Die Gläubigen haben „Christus [als Gewand] angelegt“ (Gal 3,27). Kraft des Heiligen Geistes ist die Taufe ein Bad, das reinigt, heiligt und gerecht macht [Vgl. 1 Kor 6,11 12.13].

1228 Die Taufe ist also ein Bad im Wasser, wobei „der unvergängliche Same“ des Wortes Gottes seine belebende Wirkung ausübt [Vgl. 1 Pctr 1,23; Eph 5,26]. Der hl. Augustinus sagt von der Taufe: „Es tritt das Wort zum [materiellen] Element, und es wird ein Sakrament“ (ev. Jo. 80,3).

III Wie wird das Sakrament der Taufe gefeiert?

Die christliche Initiation

1229 Christ wird man – schon zur Zeit der Apostel – auf dem Weg einer in mehreren Stufen erfolgenden Initiation. Dieser Weg kann rasch oder langsam zurückgelegt werden. Er muß jedoch stets einige wesentliche Elemente enthalten: die Verkündigung des Wortes, die Annahme des Evangeliums, die eine Bekehrung einschließt, das Bekenntnis des Glaubens, die Taufe, die Spendung des Heiligen Geistes und den Zugang zur eucharistischen Gemeinschaft.

1230 Diese Initiation wurde im Lauf der Jahrhunderte und je nach den Umständen verschiedenartig gestaltet. In den ersten Jahrhunderten der Kirche erfuhr die christliche Initiation eine breite Entfaltung: Eine lange Zeit des Katechumenates und eine Reihe vorbereitender Riten, die den Weg der Vorbereitung liturgisch kennzeichneten, führten schließlich zur Feier der Sakramente der christlichen Initiation.

1231 Dort, wo die Kindertaufe weithin zur allgemein üblichen Form der Spendung der Taufe geworden war, wurde diese Feier zu einer einzigen Handlung, die die Vorstufen zur christlichen Initiation stark verkürzt enthält. Die Kindertaufe erfordert naturgemäß einen Katechumenat nach der Taufe. Dabei geht es nicht nur um die erforderliche Glaubensunterweisung nach der Taufe, sondern um die notwendige Entfaltung der Taufgnade in der Entwicklung der Person des Getauften. Hier hat der katechetische Unterricht seinen Platz.

1232 Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der lateinischen Kirche einen mehrstufigen „Katechumenat für Erwachsene ... wiederhergestellt“ (SC 64). Dessen Riten sind im Ordo initiationis christianae adultorum (1972) zu finden. Das Konzil hat außerdem gestattet, „in den Missionsländern ... außer den Elementen der Initiation, die in der christlichen Überlieferung enthalten sind, auch jene zuzulassen, die sich bei den einzelnen Völkern in Gebrauch befinden, sofern sie ... dem christlichen Ritus angepaßt werden können“ (SC 65) [Vgl. SC37–40].

1233 In allen lateinischen und ostkirchlichen Riten beginnt heute die christliche Initiation von Erwachsenen mit ihrem Eintritt in den Katechumenat, um in einer einzigen Feier der drei Sakramente der Taufe, der Firmung und der Eucharistie zu gipfeln [Vgl. AG 13; CIC, cann. 85,1; 865; 866]. In den ostkirchlichen Riten beginnt die christliche Initiation der Kinder mit der Taufe, auf die gleich darauf die Firmung und der Empfang der Eucharistie folgt. Im römischen Ritus dagegen geht die Initiation während der Jahre der Katechese weiter, um später durch den Empfang der Firmung und der Eucharistie, dem Höhepunkt der christlichen Initiation, vollendet zu werden [Vgl. CIC, cann. 851,2°; 868.].

Die Mystagogie der Feier

1234 Sinn und Gnade des Taufsakramentes treten in den Riten der Feier klar zutage. Indem die Gläubigen den Handlungen und Worten dieser Feier aufmerksam folgen, werden sie in die Reichtümer eingeweiht, die dieses Sakrament in jedem Neugetauften bezeichnet und bewirkt.

1235 Das Kreuzzeichen zu Beginn der Feier bringt zum Ausdruck, daß Christus dem, der ihm angehören soll, sein Zeichen aufprägt. Es bezeichnet die Erlösungsgnade, die Christus uns durch sein Kreuz erworben hat.

1236 Die Verkündigung des Wortes Gottes erleuchtet die Täuflinge und die Gemeinde durch die geoffenbarte Wahrheit und ruft die Antwort des Glaubens hervor. Der Glaube läßt sich von der Taufe nicht trennen. Die Taufe ist ja in ganz besonderer Weise „das Sakrament des Glaubens“, denn man tritt durch sie sakramental in das Leben des Glaubens ein.

1237 Weil die Taufe Zeichen der Befreiung von der Sünde und deren Anstifter, dem Teufel, ist, spricht man über den Täufling einen Exorzismus (oder mehrere). Der Zelebrant salbt den Täufling oder legt ihm die Hand auf; danach widersagt der Täufling ausdrücklich dem Satan. So vorbereitet, kann er den Glauben der Kirche bekennen, dem er durch die Taufe „anvertraut“ wird [Vgl. Röm 6,17].

1238 Durch ein Gebet der Epiklese wird in der Tauffeier selbst oder in der Osternacht das Taufwasser geweiht. Die Kirche bittet Gott, daß durch seinen Sohn die Kraft des Heiligen Geistes in dieses Wasser herabsteige, damit alle, die darin die Taufe empfangen, „aus Wasser und Geist geboren“ werden (Joh 3,5).

1239 Darauf folgt der wesentliche Ritus des Sakramentes: die eigentliche Taufe. Diese zeigt an und bewirkt, daß der Täufling der Sünde stirbt, dem Pascha-Mysterium Christi gleichgestaltet wird und so in das Leben der heiligsten Dreifaltigkeit eintritt. Am ausdrucksvollsten wird die Taufe durch dreimaliges Eintauchen in das Taufwasser vollzogen. Aber schon seit urchristlicher Zeit kann sie auch gespendet werden, indem man dreimal Wasser über das Haupt des Täuflings gießt.

1240 In der lateinischen Kirche spricht der Taufspender bei diesem dreimaligen Übergießen die Worte: „N., ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Im ostkirchlichen Ritus wendet sich der Katechumene nach Osten und der Priester spricht: „Der Diener Gottes N. wird getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Und jedesmal, wenn er eine Person der heiligsten Dreifaltigkeit nennt, taucht er den Täufling ins Wasser und hebt ihn wieder heraus.

1241 Die Salbung mit dem heiligen Chrisam einem vom Bischof geweihten wohlriechenden Öl – bedeutet, daß dem Neugetauften der Heilige Geist geschenkt wird. Er ist ja ein Christ geworden, das heißt ein durch den Heiligen Geist „Gesalbter“, eingegliedert in Christus, der zum Priester, Propheten und König gesalbt ist [Vgl. OBP62].

1242 In der Liturgie der Ostkirchen ist die Salbung nach der Taufe das Sakrament der Chrismation (Firmung). In der römischen Liturgie kündigt sie eine zweite Salbung mit dem heiligen Chrisam an, die der Bischof spenden wird: das Sakrament der Firmung, welche die Taufsalbung gewissermaßen „konfirmiert“ (bekräftigt) und vollendet.

1243 Das weiße Kleid bedeutet, daß der Getaufte „Christus [als Gewand] angelegt“ (Gal 3,27) hat: er ist mit Christus auferstanden. Die Taufkerze, die an der Osterkerze entzündet wird, bedeutet, daß Christus den Neugetauften erleuchtet hat. In Christus sind die Getauften „Licht der Welt“ (Mt 5,14) [Vgl. Phil 2,15.]. Der Neugetaufte ist jetzt, im eingeborenen Sohn, Kind Gottes. Er darf das Gebet der Kinder Gottes beten: das Vaterunser.

1244 Die erste eucharistische Kommunion. Kind Gottes geworden, mit dem hochzeitlichen Gewand bekleidet, wird der Neugetaufte zum „Hochzeitsmahl des Lammes“ zugelassen und erhält die Nahrung des neuen Lebens, den Leib und das Blut Christi. Die Ostkirchen sind sich der Einheit der christlichen Initiation sehr bewußt und spenden deshalb die heilige Kommunion allen Neugetauften und -gefirmten, sogar Kleinkindern im Gedenken an die Worte des Herrn: „Laßt die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran!“ (Mk 10,14). Die lateinische Kirche behält den Zutritt zur heiligen Kommunion denen vor, die zum Vernunftalter gelangt sind, bringt aber den Zusammenhang der Taufe mit der Eucharistie dadurch zum Ausdruck, daß das neugetaufte Kind zum Gebet des Vaterunsers an den Altar getragen wird.

1245 Der feierliche Segen beschließt die Tauffeier. Bei der Taufe von Kleinkindern ist die Segnung der Mutter von besonderer Bedeutung.

IV Wer kann die Taufe empfangen?

1246 „Fähig zum Empfang der Taufe ist jeder und nur der Mensch, der noch nicht getauft ist“ (CIC, can. 864; CCEO, can. 679).

Die Taufe von Erwachsenen

1247 Seit den Ursprüngen der Kirche ist dort, wo das Evangelium erst seit kurzem verkündet wird, die Erwachsenentaufe am häufigsten. ‘Der Katechumenat [die Taufvorbereitung] nimmt dann einen wichtigen Platz ein. Als Einführung in den Glauben und das christliche Leben soll er darauf vorbereiten, in der Taufe, der Firmung und der Eucharistie die Gabe Gottes in sich aufzunehmen.

1248 Durch diese Zeit der Vorbereitung soll es den Katechumenen ermöglicht werden, auf das göttliche Heilsangebot zu antworten und in Einheit mit einer kirchlichen Gemeinschaft ihre Bekehrung und ihren Glauben zur Reife zu bringen. Es handelt sich um eine „Einführung und ... Einübung im ganzen christlichen Leben, wodurch die Jünger mit Christus, ihrem Meister, verbunden werden. Die Katechumenen müssen also ... in das Geheimnis des Heils eingeweiht werden; durch die Übung eines Lebenswandels nach dem Evangelium und durch eine Folge von heiligen Riten soll man sie stufenweise in das Leben des Glaubens, der Liturgie und der liebenden Gemeinschaft des Gottesvolkes einführen“ (AG 14)[Vgl. OICA 19 und 98].

1249 Die Katechumenen „sind schon mit der Kirche verbunden, sie gehören schon zum Hause Christi, und nicht selten führen sie schon ein Leben des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe“ (AG ‘14). „Die Mutter Kirche umfaßt sie schon in Liebe und Sorge als die Ihrigen“ (LG 14) [Vgl. CIC, cann. 206; 788].

Die Taufe von Kindern

1250 Da die Kinder mit einer gefallenen und durch die Erbsünde befleckten Menschennatur zur Welt kommen, bedürfen auch sie der Wiedergeburt in der Taufe [Vgl. DS 1514], um von der Macht der Finsternis befreit und in das Reich der Freiheit der Kinder Gottes versetzt zu werden [Vgl. KoI 1,12–14.], zu der alle Menschen berufen sind. Daß die Heilsgnade ganz ungeschuldet ist, tritt in der Kindertaufe besonders klar zutage. Die Kirche und die Eltern würden dem Kind die unschätzbare Gnade vorenthalten, Kind Gottes zu werden, wenn sie ihm nicht schon bald nach der Geburt die Taufe gewährten [Vgl. CIC, can. 867 CCEO, cann. 681; 686].

1251 Die christlichen Eltern sollen erkennen, daß dieser Brauch ihrem Auftrag entspricht, das Leben, das Gott ihnen anvertraut hat, zu fördern [Vgl. LG 11; 41; GS 48; CIC. can. 868].

1252 Es ist eine uralte Tradition der Kirche, schon die kleinen Kinder zu taufen. Dies wird seit dem 2. Jahrhundert ausdrücklich bezeugt. Möglicherweise wurden schon zu Beginn der Predigttätigkeit der Apostel, als ganze „Häuser“ die Taufe empfingen [Vgl. Apg 16. 15. 33; 18,8; 1 Kor 1,16], auch die Kinder getauft].

Glaube und Taufe

1253 Die Taufe ist das Sakrament des Glaubens [Vgl. Mk 16,16]. Der Glaube bedarf der Gemeinschaft der Gläubigen. Jeder Gläubige kann nur im Glauben der Kirche glauben. Der Glaube, der zur Taufe erforderlich ist, muß nicht vollkommen und reif sein; es genügt ein Ansatz, der sich entwickeln soll. An den Katechumenen oder seinen Paten wird die Frage gerichtet: „Was erbittest du von der Kirche Gottes?“ Und er antwortet: „Den Glauben“.

1254 Bei allen Getauften, ob sie nun Kinder oder Erwachsene sind, muß nach der Taufe der Glaube wachsen. Die Taufvorbereitung führt nur zur Schwelle des neuen Lebens. Die Taufe ist die Quelle des neuen Lebens in Christus, aus der das ganze christliche Leben entspringt. Darum feiert die Kirche jedes Jahr in der Osternacht die Erneuerung des Taufgelübdes.

1255 Damit sich die Taufgnade entfalten kann, ist die Hilfe der Eltern wichtig. Auch der Pate und die Patin sollen mitwirken. Sie müssen gute Christen sein, die fähig und bereit sind, dem neugetauften Kind oder Erwachsenen auf seinem Weg im christlichen Leben beizustehen [Vgl. CIC, cann. 872–874]. Ihre Aufgabe ist ein wahrhaft kirchliches Amt [officium][Vgl. SC 67]. Die ganze kirchliche Gemeinschaft ist für die Entfaltung und Bewahrung der Taufgnade mitverantwortlich.

V Wer kann taufen?

1256 Ordentliche Spender der Taufe sind der Bischof und der Priester und, in der lateinischen Kirche, auch der Diakon [Vgl. CIC, can. 861, § 1; CCEO, can. 677, § 1]. Im Notfall kann jeder Mensch, sogar ein ungetaufter, die Taufe spenden, falls er die notwendige Absicht hat:

Er muß das tun wollen, was die Kirche bei der Taufe tut, und die trinitarische Taufformel verwenden. Die Kirche sieht den Grund für diese Möglichkeit im allumfassenden Heilswillen Gottes [Vgl. 1 Tim 2,4] und in der Heilsnotwendigkeit [Vgl. Mk 16,16] der Taufe [Vgl. DS 1315; 646; CIC, can. 861, § 2].

VI Die Notwendigkeit der Taufe

1257 Der Herr selbst sagt, daß die Taufe heilsnotwendig ist [Vgl. Joh 3,5.]. Darum hat er seinen Jüngern den Auftrag gegeben, das Evangelium zu verkünden und alle Völker zu taufen [Vgl. Mt 28, 19–20; DS 1618; LO 14; AG 5]. Die Taufe ist für jene Menschen heilsnotwendig, denen das Evangelium verkündet worden ist und die Möglichkeit hatten, um dieses Sakrament zu bitten [Vgl. N4k 16,16]. Die Kirche kennt kein anderes Mittel als die Taufe, um den Eintritt in die ewige Seligkeit sicherzustellen. Darum kommt sie willig dem vom Herrn erhaltenen Auftrag nach, allen, die getauft werden können, zur „Wiedergeburt aus Wasser und Geist“ zu verhelfen. Gott hat das Heil an das Sakrament der Tauft gebunden, aber er selbst ist nicht an seine Sakramente gebunden.

1258 Die Kirche ist von jeher der festen Überzeugung, daß Menschen, die wegen des Glaubens den Tod erleiden, ohne vorher die Taufe empfangen zu haben, durch ihren Tod für und mit Christus getauft werden. Diese Bluttaufe sowie das Verlangen nach der Tauft bringen die Wirkungen der Taufe hervor, ohne selbst Sakrament zu sein.

1259 Den Katechumenen, die vor der Taufe sterben, sichert das ausdrückliche Verlangen nach der Taufe, die Reue über ihre Sünden und die Liebe jenes Heil zu, das sie nicht durch das Sakrament empfangen konnten.

1260 „Da Christus ... für alle gestorben ist und da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, nämlich die göttliche, müssen wir festhalten, daß der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, sich mit diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise zu verbinden“ (GS 22) [Vgl. LG 16; AG 7.]. Jeder Mensch, der ohne das Evangelium Christi und seine Kirche zu kennen nach der Wahrheit sucht und den Willen Gottes tut, soweit er ihn kennt, kann gerettet werden. Man darf annehmen, daß solche Menschen ausdrücklich die Tauft gewünscht hätten, falls ihnen deren Notwendigkeit bewußt gewesen wäre.

1261 Was die ohne Taufe verstorbenen Kinder betrifft, kann die Kirche sie nur der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen, wie sie dies im entsprechenden Begräbnisritus tut. Das große Erbarmen Gottes, der will, daß alle Menschen gerettet werden‘, und die zärtliche Liebe Jesu zu den Kindern, die ihn sagen läßt: „Laßt die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran!“ (Mk 10,14), berechtigen uns zu der Hoffnung, daß es für die ohne Taufe gestorbenen Kinder einen Heilsweg gibt. Die Kirche bittet die Eltern eindringlich, die Kinder nicht daran zu hindern, durch das Geschenk der heiligen Taufe zu Christus zu kommen.

VII Die Taufgnade

1262 Die verschiedenen Wirkungen der Taufe werden durch die sichtbaren Elemente des sakramentalen Ritus bezeichnet. Das Eintauchen in Wasser ist ein Sinnbild des Todes und der Reinigung, aber auch der Wiedergeburt und Erneuerung. Die beiden Hauptwirkungen sind also die Reinigung von den Sünden und die Wiedergeburt im Heiligen Geist [Vgl. Apg 2,38; Joh 3,5].

Zur Vergebung der Sünden

1263 Durch die Taufe werden sämtliche Sünden nachgelassen, die Erbsünde und alle persönlichen Sünden sowie die Sündenstrafen [Vgl. DS 1316]. In denen, die wiedergeboren sind, verbleibt nichts, das sie am Eintritt in das Reich Gottes hindern würde, weder die Sünde Adams noch die persönliche Sünde noch die Folgen der Sünde, deren schlimmste die Trennung von Gott ist.

1264 Im Getauften verbleiben jedoch gewisse zeitliche Folgen der Sünde: Leiden, Krankheit, Tod, Gebrechen, die mit dem Leben gegeben sind (wie etwa Charakterschwächen), sowie eine Neigung zur Sünde, die von der Tradition als Konkupiszenz [Begierlichkeit] oder, bildhaft, als „Herd der Sünde“ [fomes peccati] bezeichnet wird. Da die Begierlichkeit „für den Kampf zurückgelassen ist, kann sie denen, die [ihr] nicht zustimmen und mit Hilfe der Gnade Christi Jesu mannhaft widerstehen, nicht schaden. Vielmehr wird sogar, ‚wer recht gekämpft hat, den Kranz erhalten‘ (2 Tim 2,5)“ (K. v. Trient: DS 1515).

„Eine neue Schöpfung“

1265 Die Taufe reinigt nicht nur von allen Sünden, sondern macht den Neugetauften zugleich zu einer „neuen Schöpfung“ (2 Kor 5,17), zu einem Adoptivsohn Gottes [Vgl. Gal 4,5–7]; er hat „an der göttlichen Natur Anteil“ (2 Petr 1,4), ist Glied Christi [Vgl. 1 Kor 6,15; 12,27], „Miterbe“ mit ihm (Röm 8, 17) und ein Tempel des Heiligen Geistes [Vgl. 1 Kor 6,19].

1266 Die heiligste Dreifaltigkeit gibt dem Getauften die heiligmachende Gnade, die Gnade der Rechtfertigung, die

– ihn durch die göttlichen Tugenden befähigt, an Gott zu glauben, auf ihn zu hoffen und ihn zu lieben;

– ihm durch die Gaben des Heiligen Geistes ermöglicht, unter dem Ansporn des Heiligen Geistes zu leben und zu handeln;

– ihn durch die sittlichen Tugenden befähigt, im Guten zu wachsen.

So wurzelt der ganze Organismus des übernatürlichen Lebens des Christen in der heiligen Taufe.

In die Kirche, den Leib Christi, eingegliedert

1267 Die Taufe macht uns zu Gliedern des Leibes Christi. „Wir sind als Glieder miteinander verbunden“ (Eph 4,25). Die Taufe gliedert in die Kirche ein. Aus dem Taufbrunnen wird das einzigartige Volk Gottes des Neuen Bundes geboren, das über alle natürlichen oder menschlichen Grenzen der Nationen, Kulturen, Völker und Geschlechter hinausgeht. „Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen“ (1 Kor 12,13).

1268 Die Getauften werden zu „lebendigen Steinen“, um „zu einem geistigen Haus“ und „zu einer heiligen Priesterschaft“ aufgebaut zu werden (1 Petr 2,5). Durch die Taufe haben sie am Priestertum Christi, an seiner prophetischen und königlichen Sendung teil. Sie sind „ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit [sie] die großen Taten dessen [verkünden], der [sie] aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat“ (1 Petr 2,9). Die Taufe gibt am gemeinsamen Priestertum der Gläubigen Anteil.

1269 Zu einem Glied der Kirche geworden, gehört der Getaufte nicht mehr sich selbst [Vgl. 1 Kor 6,19], sondern dem, der für uns gestorben und auferstanden ist [Vgl. 2 Kot 5.15]. Darum soll er sich in der Gemeinschaft der Kirche den anderen unterordnen [Vgl. Eph 5,21: 1 Kor 16,15–16], ihnen dienen [Vgl. Joh 13,12–15.], und den Vorstehern der Kirche gehorchen, sich ihnen unterordnen1, sie anerkennen und hochachten [Vgl. 1 Thess 5,12–13] Wie sich aus der Taufe Verantwortungen und Pflichten ergeben, so besitzt der Getaufte in der Kirche auch Rechte: das Recht, die Sakramente zu empfangen, durch das Wort Gottes gestärkt und durch die weiteren geistlichen Hilfeleistungen der Kirche unterstützt zu werden [Vgl. LG 37; CIC. cann. 208–223; CCEO, can. 675,2].

1270 Die Getauften sind „wiedergeboren zu Kindern Gottes [und] gehalten, den Glauben, den sie von Gott durch die Kirche empfangen haben, vor den Menschen zu bekennen“ (LG 11) und sich an der apostolischen und missionarischen Tätigkeit des Gottesvolkes zu beteiligen [Vgl. LG 17; AG 17; 23].

Das sakramentale Band der Einheit der Christen

1271 Die Taufe bildet die Grundlage der Gemeinschaft aller Christen, auch mit jenen, die noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen. „Wer an Christus glaubt und in der rechten Weise die Taufe empfangen hat, steht dadurch in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche ... Nichtsdestoweniger werden sie aufgrund des Glaubens in der Taufe gerechtfertigt, Christus einverleibt, und darum gebührt ihnen der Ehrenname des Christen, und mit Recht werden sie von den Kindern der katholischen Kirche als Brüder im Herrn anerkannt“ (UR 3). „Die Taufe begründet also ein sakramentales Band der Einheit zwischen allen, die durch sie wiedergeboren sind“ (UR 22).

Ein unauslöschliches geistliches Siegel

1272 Der Getaufte wird Christus gleichgestaltet, weil er durch die Taufe Christus eingegliedert ist. Die Taufe bezeichnet den Christen mit einem unauslöschlichen geistlichen Siegel [character], einem Zeichen, daß er Christus angehört. Dieses Zeichen wird durch keine Sünde ausgelöscht, selbst wenn die Sünde die Taufe daran hindert, Früchte des Heils zu tragen [Vgl. D5 1609–1619.]. Weil die Taufe ein für allemal gespendet wird, kann sie nicht wiederholt werden.

1273 Als die Gläubigen durch die Taufe der Kirche eingegliedert wurden, haben sie das sakramentale Siegel erhalten, das sie „zur christlichen Gottesverehrung bestellt“ (LG 11). Das Taufsiegel befähigt und verpflichtet die Christen, in lebendiger Teilnahme an der heiligen Liturgie der Kirche Gott zu dienen und durch das Zeugnis eines heiligen Lebens und einer tatkräftigen Liebe das Priestertum aller Getauften auszuüben [Vgl. Hebr 13,17].

1274 Das „Siegel des Herrn“ („Dominicus character“: Augustinus, ep. 98,5) ist das Siegel, mit dem der Heilige Geist uns „für den Tag der Erlösung“ gekennzeichnet hat (Eph 4,30) [Vgl. Eph 1,13–14; 2 Kor 1,21–22.]. „Die Taufe ist das Siegel des ewigen Lebens“ (Irenäus, dem. 3). Der Gläubige, der bis zum Ende „das Siegel bewahrt“ hat, das heißt den mit seiner Taufe gegebenen Forderungen treu nachgekommen ist, kann „bezeichnet mit dem Siegel des Glaubens“ sterben (MR, Römisches Hochgebet 97), in seinem Taufglauben, in der Erwartung der seligen Gottesschau – der Vollendung des Glaubens – und in der Hoffnung auf die Auferstehung.

Kurztexte

1275 Die christliche Initiation geschieht durch drei Sakramente die Taufe die der Beginn des neuen Lebens ist die Firmung die dieses Leben stärkt die Eucharistie die den Gläubigen mit dem Fleisch und dem Blut Christi nährt um ihn in Christus umzugestalten.

1276 Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jungem tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles zu befolgen was ich euch geboten habe ,(Mt 28, 19–20).

1277 Die Tauft ist die Geburt zum neuen Leben in Christus Nach dem Willen des Herrn ist sie heilsnotwendig wie die Kirche selbst in die Tauft eingliedert.

1278 Der wesentliche Ritus der Tauft besteht darin daß der Täufling in Wasser getaucht oder daß sein Kopf mit Wasser übergossen wird unter Anrufung der heiligsten Dreifaltigkeit des Vaters des Sohnes und des Heiligen Geistes.

1279 Die Wirkung der Tauft, die Taufgnade, ist reichhaltig: Vergebung der Erbsunde und aller persönlichen Sunden Geburt zum neuen Leben durch die der Mensch Adoptivkind des Vaters, Glied Christi und Tempel des Heiligen Geistes wird Der Getaufte wird der Kirche dem Leib Christi eingegliedert, und erhält Anteil am Priestertum Christi.

1280 Die Taufe prägt der Seele ein unauslöschliches geistiges Zeichen ein das Siegel das den Getauften zur christlichen Gottesverehrung weiht Wegen dieses Siegels kann die Tauft nicht wiederholt werden‘.

1281 Wer um des Glaubens willen stirbt sowie die Katechumenen und alle Menschen die zwar die Kirche nicht kennen aber unter dem Antrieb der Gnade aufrichtig nach Gott suchen und danach streben seinen Willen zu erfüllen gelangen auch dann zum Heil wenn sie ungetauft sterben [Vgl. LG 16 ].

1282 Seit ältester Zeit wird die Tauft schon Kindern gespendet denn sie ist ein Gnadengeschenk Gottes das keine menschlichen Verdienste vor aussetzt Die Kinder werden im Glauben der Kirche getauft Der Ein tritt in das christliche Leben fuhrt zur wahren Freiheit.

1283 Was die ungetauft verstorbenen Kinder betrifft leitet uns die Liturgie der Kirche an auf die göttliche Barmherzigkeit zu vertrauen und für das Heil dieser Kinder zu beten.

1284 Im Notfall kann jeder Mensch taufen sofern er nur die Absicht hat das zu tun was die Kirche tut und Wasser über den Kopf des Täuflings gießt und sagt Ich tauft dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes


ARTIKEL 2 DAS SAKRAMENT DER FIRMUNG

1285 Zusammen mit der Taufe und der Eucharistie bildet das Sakrament der Firmung die „Sakramente der christlichen Initiation“, deren Einheit bewahrt werden muß. Den Gläubigen ist also zu erklären, daß der Empfang der Firmung zur Vollendung der Taufgnade notwendig ist [Vgl. OCf prænotanda]. „Durch das Sakrament der Firmung werden [die Getauften] vollkommener der Kirche verbunden und mit der besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet; so sind sie noch strenger verpflichtet, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zugleich zu verbreiten und zu verteidigen“ (LG 11 ) [Vgl. OCf prænotanda ].

I Die Firmung in der Heilsökonomie

1286 Im Alten Bund haben die Propheten angekündigt, daß auf dem erhofften Messias aufgrund seiner Heilssendung [Vgl. Lk 4,16–22; Jes 61,1] der Geist des Herrn ruhen werde [Vgl. Jes 11,2]. Daß der Heilige Geist auf Jesus bei dessen Taufe durch Johannes herabkam, war das Zeichen dafür, daß er es ist, der kommen soll: Er ist der Messias, der Sohn Gottes [Vgl. Mt 3,13–17; Joh 1,33–34]. Weil Jesus durch den Heiligen Geist empfangen wurde, verläuft sein ganzes Leben und seine Sendung in völliger Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist, den der Vater ihm „ohne Maß“ gibt (Joh 3,34).

1287 Diese Fülle des Geistes sollte jedoch nicht einzig dem Messias, sondern dem ganzen messianischen Volk mitgeteilt werden [Vgl. Ez 36,25–27; Joël 3,1–2]. Christus verhieß wiederholt die Ausgießung des Geistes [Vgl. Lk 12,12; Joh 3,5–8; 7,37–39; 16.7–15; Apg 1.8] und löste sein Versprechen vorerst am Ostertag ein [Vgl. Joh 20,22] und noch offensichtlicher am Pfingsttag [Vgl. Apg 2,1–4]. Vom Heiligen Geist erfüllt, beginnen die Apostel „Gottes große Taten zu verkünden“ (Apg 2,11). Petrus erklärt, daß diese Ausgießung des Geistes Zeichen der messianischen Zeiten sei [Vgl. Apg 2,17–18]. Wer der Predigt der Apostel Glauben schenkte und sich taufen ließ, erhielt die Gabe des Heiligen Geistes [Vgl. Apg 2,38].

1288 „Von da an vermittelten die Apostel den Neugetauften gemäß dem Willen Christi durch Auflegung der Hände die Gabe des Geistes zur Vollendung der Taufgnad [Vgl. Apg 8,15–17;19,5–6]. So wird im Hebräerbrief unter den Elementen der ersten christlichen Unterweisung die Lehre von der Taufe und von der Auflegung der Hände genannt [Vgl. Hebr6,2]. Diese Auflegung der Hände wird in der katholischen Überlieferung zu Recht als Anfang des Firmsakramentes betrachtet, das die Pfingstgnade in der Kirche auf eine gewisse Weise fortdauern läßt“ (Paul VI., Ap. Konst. „Divinæ consortium naturæ“).

1289 Um die Gabe des Heiligen Geistes noch besser zu bezeichnen, kam zur Handauflegung sehr bald eine Salbung mit wohlriechendem Öl [Chrisam]. Diese Salbung veranschaulicht den Namen „Christ“, der „Gesalbter“ bedeutet und von Christus selbst abgeleitet ist, den „Gott ... gesalbt hat mit dem Heiligen Geist“ (Apg 10,38). Der Salbungsritus besteht im Osten wie im Westen bis heute. Deshalb nennt man im Osten dieses Sakrament Chrismation, Salbung mit dem Chrisam, oder Myron, was „Chrisam“ bedeutet. Im Westen weist die Bezeichnung Firmung einerseits auf die „Bestätigung“ der Taufe hin, womit die christliche Initiation vervollständigt wird, und andererseits auf die Stärkung der Taufgnade – beide sind Früchte des Heiligen Geistes.

Zwei Traditionen: der Osten und der Westen

1290 In den ersten Jahrhunderten bildet die Firmung allgemein zusammen mit der Taufe eine einzige Feier, ein „Doppelsakrament“, wie der hl. Cyprian sagt. Die Häufung der Kindertaufen, und zwar zu jeder Zeit des Jahres, und die Vermehrung der (Land-)Pfarreien lassen es dann, neben anderen Gründen, nicht mehr zu, daß der Bischof bei allen Tauffeiern anwesend ist. Weil man die Vollendung der Taufe dem Bischof vorbehalten möchte, kommt im Westen der Brauch auf, den Zeitpunkt der Spendung beider Sakramente voneinander zu trennen. Der Osten hat die beiden Sakramente miteinander vereint erhalten; die Firmung wird durch den Taufpriester erteilt. Dieser darf sie allerdings nur mit dem von einem Bischof geweihten „Myron“ spenden [Vgl. CCEO, cann. 695,1; 696,1].

1291 Ein Brauch der Kirche Roms – eine nach der Taufe erfolgende zweimalige Salbung mit dem heiligen Chrisam – hat die Entwicklung der westlichen Praxis gefördert. Eine erste Salbung des Neugetauften wurde durch den Priester gleich im Anschluß an die Taufe vorgenommen und dann durch eine zweite Salbung vollendet, bei der der Bischof die Stirn jedes Neugetauften salbte [Vgl. Hippolyt, trad. ap. 21]. Die vom Priester vorgenommene erste Chrisamsalbung blieb mit dem Taufritus verbunden; sie bedeutet die Teilhabe des Getauften am Propheten-, Priester- und Königsamt Christi. Falls die Taufe einem Erwachsenen gespendet wird, findet nach der Taufe nur eine einzige Salbung statt: die der Firmung.

1292 Die Praxis der Ostkirchen verdeutlicht vor allem die Einheit der christlichen Initiation; die der lateinischen Kirche veranschaulicht die Gemeinschaft des neuen Christen mit seinem Bischof als dem, der die Einheit seiner Kirche, ihre Katholizität und ihre Apostolizität gewährleistet und dadurch auch den Zusammenhang mit den apostolischen Ursprüngen der Kirche Christi sichert.

II Die Zeichen und der Ritus der Firmung

1293 Im Ritus dieses Sakramentes sind zwei Dinge beachtenswert: das Zeichen der Salbung und das, was die Salbung bezeichnet und einprägt, das geistige Siegel. Die Salbung ist in der biblischen und antiken Bildersprache reich an Bedeutungen: Öl ist Zeichen des Überflusses [Vgl. z.B. Dtn 11,14] und der Freude [Vgl. Ps 23,5; 104,15]; es reinigt (Salbung vor und nach dem Bad) und macht geschmeidig (Salbung der Athleten und Ringer); es ist Zeichen der Heilung, denn es lindert den Schmerz von Prellungen und Wunden Vgl. Jes 1.6; Lk 10,34. [; auch macht es schön, gesund und kräftig.]

1294 Alle diese Bedeutungen der Salbung mit Öl finden sich im sakramentalen Leben wieder. Die vor der Taufe gespendete Salbung mit Katechumenenöl bedeutet Reinigung und Stärkung; die Salbung der Kranken Heilung und Kräftigung. Die nach der Taufe, bei der Firmung und bei der Weihe erfolgende Salbung mit heiligem Chrisam ist Zeichen einer Konsekration. Durch die Firmung haben die Christen – das heißt die Gesalbten – vermehrt an der Sendung Jesu Christi und an der Fülle des Heiligen Geistes Anteil, damit ihr ganzes Leben den „Wohlgeruch Christi“[Vgl. 2 Kor 2,15. ] ausströme.

1295 Durch diese Salbung erhält der Firmling das Mal, das Siegel des Heiligen Geistes. Das Siegel ist Sinnbild der Person [Vgl. Gen 38,18; Hld 8,6] Zeichen ihrer Autorität [Vgl. Gen 41,42.], ihres Eigentumsrechtes an einem Gegenstand [Vgl. Dtn 32,34] – man kennzeichnete etwa die Soldaten mit dem Siegel ihres Anführers und die Sklaven mit dem ihres Herrn. Das Siegel beglaubigt einen Rechtsakt [Vgl. 1 Kön 21,8] oder ein Dokument [Vgl. Jer 32,10] und macht dieses unter Umständen zu einem Geheimnis [Vgl. Jes 29,11].

1296 Christus selbst erklärt von sich, der Vater habe ihn mit seinem Siegel beglaubigt [Vgl. Joh 6,27]. Auch der Christ ist durch ein Siegel gekennzeichnet: Gott ist es, „der uns sein Siegel aufgedrückt und als ersten Anteil [am verheißenen Heil] den Geist in unser Herz gegeben hat“ (2 Kor 1,22) [Vgl. Eph 1,13; 4,30]. Dieses Siegel des Heiligen Geistes bedeutet, daß man gänzlich Christus angehört, für immer in seinen Dienst gestellt ist, aber auch daß einem der göttliche Schutz in der großen endzeitlichen Prüfung verheißen ist [Vgl. Offb 7,2–3; 9,4; Ez 9,4–6.].

Die Feier der Firmung

1297 Eine wichtige Handlung, die zwar der Feier der Firmung vorausgeht, in gewisser Weise aber zu ihr gehört, ist die Weihe des heiligen Chrisam. Am Gründonnerstag konsekriert der Bischof im Verlauf der Chrisam-Messe den heiligen Chrisam für sein ganzes Bistum. In einigen Ostkirchen ist diese Weihe sogar den Patriarchen vorbehalten.

In der syrischen Liturgie von Antiochien lautet die Epiklese bei der Weihe des heiligen Chrisams [Myron]: „Vater ... sende deinen Heiligen Geist über uns und über dieses Öl vor uns und konsekriere es, damit es für alle, die damit gesalbt und gekennzeichnet werden, ein heiliges Myron sei, ein priesterliches Myron, ein königliches Myron, Freudensalbung, Lichtgewand, Mantel des Heils, geistliche Gabe, Heiligung an Seele und Leib, unvergängliches Glück, unauslöschbares Siegel, Schild des Glaubens und furchterregender Helm gegen alle werke des bösen Feindes“.

1298 Wenn die Firmung von der Taufe getrennt gefeiert wird, wie das im römischen Ritus üblich ist, beginnt die Liturgie des Sakramentes mit der Erneuerung des Taufversprechens und mit dem Glaubensbekenntnis der Firmlinge. So tritt klar zutage, daß die Firmung sich an die Taufe anschließt1. Wird ein Erwachsener getauft, dann erhält er sogleich die Firmung und nimmt an der Eucharistie teil [Vgl. CIC, can. 866].

1299 Im römischen Ritus breitet der Bischof die Hände über die Gesamtheit der Firmlinge aus – eine Geste, die seit der Zeit der Apostel Zeichen der Geistspendung ist. Dabei erfleht der Bischof die Ausgießung des Geistes:

„Allmächtiger Gott, Vater unseres Herrn Jesus Christus, du hast diese (jungen) Christen (unsere Brüder und Schwestern) in der Taufe von der Schuld Adams befreit, du hast ihnen aus dem Wasser und dem Heiligen Geist neues Leben geschenkt. Wir bitten dich, Herr, sende ihnen den Heiligen Geist, den Beistand. Gib ihnen den Geist der Weisheit und der Einsicht, des Rates, der Erkenntnis und der Stärke, den Geist der Frömmigkeit und der Gottesfurcht. Durch Christus, unseren Herrn“ (OCf 9).

1300 Es folgt der wesentliche Ritus des Sakramentes. Im lateinischen Ritus wird das Sakrament der Firmung gespendet „durch die Salbung mit Chrisam auf die Stirn unter Auflegen der Hand und durch die Worte: ‚Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist“ (Paul VI., Ap. Konst. „Divinæ consortium naturæ“). In den Ostkirchen werden nach einem Epiklesegebet die wichtigsten Körperstellen mit Myron gesalbt: Stirn, Augen, Nase, Ohren, Lippen, Brust, Rücken, Hände und Füße. Bei jeder Salbung wird die Formel gesprochen: „Siegel der Gabe des Heiligen Geistes“.

1301 Der Friedensgruß, mit dem der Ritus des Sakramentes abschließt, bezeichnet und bezeugt die kirchliche Gemeinschaft mit dem Bischof und mit allen Gläubigen [Vgl. Hippolyt, trad. ap. 21.].

III Die Wirkungen der Firmung

1302 Die Liturgie verdeutlicht, daß das Sakrament der Firmung die Ausgießung des Heiligen Geistes in Fülle bewirkt, wie sie einst am Pfingsttag den Aposteln zuteil wurde [Vgl. SC 71 1303]. Darum führt die Firmung zum Wachstum und zur Vertiefung der Taufgnade:

– Sie verwurzelt uns tiefer in der Gotteskindschaft, die uns sagen läßt:

„Abba, Vater!“ (Röm 8,15);

– sie vereint uns fester mit Christus;

– sie vermehrt in uns die Gaben des Heiligen Geistes;

–sie verbindet uns vollkommener mit der Kirche [Vgl. LG 11];

–sie schenkt uns eine besondere Kraft des Heiligen Geistes, um in Wort und Tat als wahre Zeugen Christi den Glauben auszubreiten und zu verteidigen, den Namen Christi tapfer zu bekennen und uns nie des Kreuzes zu schämen [Vgl. DS 1319; LG 11; 12].

„So erinnere dich daran, daß du die Besiegelung durch den Geist empfangen hast: den Geist der, Weisheit und der Einsicht, den Geist des Rates und der Stärke, den Geist der Erkenntnis und der Frömmigkeit, den Geist der heiligen Furcht, und bewahre, was du empfangen hast! Gott Vater hat dich besiegelt, Christus der Herr dich gestärkt und das Pfand des Geistes in dein Herz gegeben“ (Ambrosius, myst. 7,42).

1304 Wie die Taufe, deren Vollendung sie ist, wird die Firmung nur ein einziges Mal gespendet. Die Firmung prägt ja der Seele ein unauslöschliches geistiges Zeichen ein, den „Charakter“ [Vgl. DS 1609]. Dieser ist Zeichen dafür, daß Jesus Christus einen Christen mit dem Siegel seines Geistes gekennzeichnet und ihm die Kraft von oben verliehen hat, damit er sein Zeuge sei [Vgl. Lk 24,48–49].

1305 Dieser „Charakter“ vervollkommnet das in der Taufe empfangene gemeinsame Priestertum der Gläubigen. Der Gefirmte erhält „die Macht, öffentlich den Glauben an Christus wie von Amtes wegen [quasi ex officio] mit Worten zu bekennen“ (Thomas v. A., s. th. 3,72,5, ad 2).

IV Wer kann die Firmung empfangen?

1306 Jeder Getaufte, der noch nicht gefirmt ist, kann und soll das Sakrament der Firmung empfangen [Vgl. CIC, can. 889, § 1]. Da Taufe, Firmung und Eucharistie eine Einheit bilden, sind „die Gläubigen ... verpflichtet, dieses Sakrament rechtzeitig zu empfangen“ (CIC, can. 890), denn ohne die Firmung und die Eucharistie ist das Sakrament der Taufe zwar gültig und wirksam, aber die christliche Initiation noch unvollendet.

1307 Nach der lateinischen Tradition ist das „Unterscheidungsalter“ der gegebene Zeitpunkt, um die Firmung zu empfangen. In Todesgefahr sind jedoch schon Kinder zu firmen, auch wenn sie noch nicht zum Unterscheidungsalter gelangt sind [Vgl. CIC, cann. 891; 883,3°].

1308 Wenn zuweilen von der Firmung als dem „Sakrament der christlichen Mündigkeit“ die Rede ist, sollte man das Alter des Erwachsenseins im Glauben nicht dem Alter des natürlichen Erwachsenseins gleichsetzen. Auch sollte man nicht Vergessen, daß die Taufgnade eine ungeschuldete und unverdiente Erwählungsgnade ist, die nicht einer „Bestätigung“ bedarf, damit sie wirksam ist. Der hl. Thomas von Aquin erinnert daran:

„Das leibliche Alter ist nicht maßgebend für das der Seele; darum kann der Mensch auch im Kindesalter das geistige Vollalter erlangen, von dem das Buch der Weisheit (4,8) sagt: ‚Ehrenvolles Alter besteht nicht in einem langen Leben und wird nicht an der Zahl der Jahre gemessen‘. Daher kommt es, daß viele im Kindesalter wegen der empfangenen Kraft des Heiligen Geistes tapfer bis aufs Blut für Christus gekämpft haben“ (s. th. 3,72,8, ad 2).

1309 Die Vorbereitung auf die Firmung muß darauf hin zielen, den Christen zu einer engeren Einheit mit Christus, zu einer lebendigeren Vertrautheit mit dem Heiligen Geist, seinem Wirken, seinen Gaben und seinen Anregungen zu führen, damit er so die apostolischen Verpflichtungen des christlichen Lebens besser auf sich nehmen kann. Deshalb wird sich die Firmkatechese bemühen, den Sinn für die Zugehörigkeit zur Kirche Jesu Christi – sowohl zur Weltkirche als auch zur Pfarrgemeinde – zu wecken. Letztere hat bei der Vorbereitung der Firmlinge eine besondere Verantwortung [Vgl. OCf prænotanda 13Vgl. Apg 1,14].

1310 Um die Firmung zu empfangen, muß man im Stand der Gnade sein. Es empfiehlt sich daher, das Bußsakrament zu empfangen, um zum Empfang der Gabe des Heiligen Geistes geläutert zu sein. Außerdem soll intensives Gebet darauf vorbereiten, die Kraft und die Gnaden des Heiligen Geistes mit innerer Bereitschaft aufzunehmen [Vgl. OCf praænotanda 15; 16; CIC, can. 893, § 1.2].

1311 Es ist ratsam, daß die Firmlinge wie bei der Taufe die geistige Hilfe eines Paten oder einer Patin in Anspruch nehmen. Um die Einheit der beiden Sakramente zu verdeutlichen, empfiehlt es sich, daß der Taufpate auch Firmpate ist.

V Der Spender der Firmung

1312 Ursprünglicher Spender der Firmung ist der Bischof [Vgl. LG 26].

Im Osten spendet der Priester, der tauft, üblicherweise gleich darauf in ein und derselben Feier auch die Firmung. Er tut dies jedoch mit dem vom Patriarchen oder Bischof geweihten heiligen Chrisam, was die apostolische Einheit der Kirche zum Ausdruck bringt, deren Band durch das Firmsakrament gestärkt wird. Dieser Ordnung folgt auch die lateinische Kirche bei Erwachsenentaufen oder dann, wenn ein in einer anderen christlichen Gemeinschaft Getaufter, der das Sakrament der Firmung nicht gültig empfangen hat, in die volle Gemeinschaft mit der Kirche aufgenommen wird [Vgl. CIC, can. 883].

1313 Im lateinischen Ritus ist der Bischof der ordentliche Spender der Firmung [Vgl. CIC, can. 882]. Obwohl der Bischof aus schwerwiegenden Gründen Priestern die Vollmacht gewähren kann, die Firmung zu spenden [Vgl. CIC, can. 884], entspricht es doch dem Sinn des Sakramentes, daß er es selbst spendet. Schließlich ist gerade aus diesem Grund der Zeitpunkt der Feier der Firmung von dem der Taufe getrennt worden. Die Bischöfe sind die Nachfolger der Apostel und haben als solche die Fülle des Weihesakramentes erhalten. Wenn sie selbst die Firmung spenden, wird treffend zum Ausdruck gebracht, daß diese ihre Empfänger enger mit der Kirche, mit ihren apostolischen Ursprüngen und ihrer Sendung zum Zeugnis für Christus verbindet.

1314 Falls ein Christ in Todesgefahr ist, darf jeder Priester ihm die Firmung spenden [Vgl. CIC, can. 883, § 3.]. Die Kirche will, daß keines ihrer Kinder, und sei es auch noch so klein, diese Welt verläßt, ohne durch den Heiligen Geist mit der Gabe der Fülle Christi vollendet worden zu sein.

Kurztexte

1315 Als die Apostel in Jerusalem horten daß Samarien das Wort Gottes angenommen hatte schickten sie Petrus und Johannes dorthin Diese zogen hinab und beteten für sie sie mochten den Heiligen Geist empfangen Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen sie waren nur auf den Namen Jesu des Herrn getauft Dann legten sie ihnen die Hände auf und sie empfingen den Heiligen Geist“ (Apg 8, 14–17).

1316 Die Firmung vollendet die Taufgnade Sie ist das Sakrament das den Heiligen Geist verleiht um uns in der Gotteskindschaft tiefer zu verwurzeln uns fester in Christus einzugliedern unsere Verbindung mit der Kirche zu starken uns mehr an ihrer Sendung zu beteiligen und uns zu helfen in Wort und Tat für den christlichen Glauben Zeugnis zu geben.

1317 Wie die Taufe prägt auch die Firmung der Seele des Christen ein geistliches Zeichen ein unauslöschliches Siegel ein deshalb kann man dieses Sakrament nur einmal empfangen.

1318 Im Osten wird die Firmung unmittelbar nach der Tauft gespendet darauf folgt die Teilnahme an der Eucharistie – eine Tradition welche die Einheit der drei Sakramente der christlichen Initiation her vorhebt In der lateinischen Kirche spendet man die Firmung dann wenn das Alter des Vernunftgebrauches erreicht ist man behalf die Feier für gewöhnlich dem Bischof vor um anzudeuten daß dieses Sakrament die Verbindung mit der Kirche festigt.

1319 Ein Firmling der das Alter des Vernunfigebrauchs erreicht hat muß den Glauben bekennen im Stande der Gnade sein die Absicht haben die Firmung zu empfangen und bereit sein in der kirchlichen Gemeinschaft und in der Welt seine Aufgabe als Junger und Zeuge Christi auf sich zu nehmen.

1320 Der wesentliche Ritus der Firmung besteht darin daß der Getaufte auf der Stirn mit dem heiligen Chrisam gesalbt wird (im Osten werden auch andere Körperstellen gesalbt). Dabei legt der Spender ihm die Hand auf und sagt im römischen Ritus Sei besiegelt durch die Gabe Gottes den Heiligen Geist im byzantinischen Ritus Siegel der Gabe des Heiligen Geistes“.

1321 Wird die Firmung von der Tauft getrennt gefeiert wird ihr Zusammenhang mit der Tauft unter anderem durch die Erneuerung des Taufgelübdes zum Ausdruck gebracht Die Spendung der Firmung innerhalb der Eucharistiefeier trägt dazu bei die Einheit der Sakramente der christlichen Initiation hervorzuheben.


ARTIKEL 3 DAS SAKRAMENT DER EUCHARISTIE

1322 Die heilige Eucharistie vollendet die christliche Initiation. Wer durch die Taufe zur Würde des königlichen Priestertums erhoben und durch die Firmung Christus tiefer gleichgestaltet worden ist, nimmt durch die Eucharistie mit der ganzen Gemeinde am Opfer des Herrn teil.

1323 „Unser Erlöser hat beim Letzten Abendmahl in der Nacht, da er verraten wurde, das eucharistische Opfer seines Leibes und Blutes eingesetzt, damit dadurch das Opfer des Kreuzes durch die Zeiten hindurch bis zu seiner Wiederkunft fortdauere und er so der Kirche, der geliebten Braut, das Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung anvertraue: als Sakrament des Erbarmens und Zeichen der Einheit, als Band der Liebe und österliches Mahl, in dem Christus genossen, das Herz mit Gnade erfüllt und uns das Unterpfand der künftigen Herrlichkeit gegeben wird“ (SC 47).

I Die Eucharistie – Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens

1324 Die Eucharistie ist „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11). „Mit der Eucharistie stehen die übrigen Sakramente im Zusammenhang; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch für die kirchlichen Dienste und für die Apostolatswerke. Die heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm“ (PO 5).

1325 „Die Teilnahme am göttlichen Leben und die Einheit des Volkes Gottes machen die Kirche zur Kirche; beide werden durch die Eucharistie sinnvoll bezeichnet und wunderbar bewirkt. In ihr gipfelt das Handeln, durch das Gott die Welt in Christus heiligt, wie auch die Verehrung, welche die Menschen Christus und mit ihm dem Vater im Heiligen Geist erweisen“ (Kongregation für den Gottesdienst, Instr. „Eucharisticum mysterium“ 6).

1326 Durch die Eucharistiefeier vereinen wir uns schon jetzt mit der Liturgie des Himmels und nehmen das ewige Leben vorweg, in dem Gott alles in allen sein wird [Vgl. 1 Kor 15,28].

1327 Die Eucharistie ist also der Inbegriff und die Summe unseres Glaubens: „Unsere Denkweise stimmt mit der Eucharistie überein, und die Eucharistie wiederum bestätigt unsere Denkweise“ (Irenäus, hæer. 4,18,5).

II Wie wird dieses Sakrament genannt?

1328 Der unerschöpfliche Gehalt dieses Sakramentes kommt in den verschiedenen Benennungen zum Ausdruck. Jede von ihnen weist auf gewisse Aspekte hin. Man nennt es:

Eucharistie, weil es Danksagung an Gott ist. Die Worte „eucharistein“ [Vgl. Lk 22,19; 1 Kor 11,24] und „eulogein“ Vgl. Mt 26,26; Mk 14,22 erinnern an die jüdischen Preisungen, die – vor allem beim Mahl – die Werke Gottes rühmen: die Schöpfung, die Erlösung und die Heiligung.

1329 Mahl des Herr [Vgl. 1 Kor 11,20], denn es handelt sich um das Abendmahl, das der Herr am Abend vor seinem Leiden mit seinen Jüngern hielt. Es handelt sich aber auch um die Vorwegnahme des Hochzeitsmahles des Lammes [Vgl. Offb 19,9] im himmlischen Jerusalem.

Brechen des Brotes, denn dieser dem jüdischen Mahl eigene Ritus wurde von Jesus verwendet, wenn er als Vorsteher der Tischgemeinschaft das Brot segnete und austeilte [Vgl. Mt 14,19; 15,36; Mk 8,6.19]; er tat dies vor allem beim Letzten Abendmahl [Vgl. Mt 26,26; 1 Kor 11,24]. An dieser Handlung erkennen ihn die Jünger nach seiner Auferstehung wieder [Vgl. Lk 24,13–35]. Mit dem Ausdruck „Brechen des Brotes“ bezeichnen die ersten Christen ihre eucharistischen Versammlungen [Vgl. Apg 2,42.46; 20,7.11]. Sie wollen damit sagen, daß alle, die von dem einen gebrochenen Brot, von Christus, essen, in Gemeinschaft mit ihm treten und in ihm einen einzigen Leib bilden [Vgl. 1 Kor 10,16–17].

Eucharistische Versammlung [synaxis], denn die Eucharistie wird in der Versammlung der Gläubigen gefeiert, in der die Kirche sichtbar zum Ausdruck kommt [Vgl. 1 Kor 11,17–34.].

1330 Gedächtnis des Leidens und der Auferstehung des Herrn. Heiliges Opfer, denn es vergegenwärtigt das einzigartige Opfer Christi, des Erlösers, und schließt die Selbstdarbringung der Kirche mit ein. Oder auch heiliges Meßopfer, „Opfer des Lobes“ (Hebr 13,15) [Vgl. Ps 116,13.17], geistiges Opfer [Vgl. 1 Petr 2,5], reines [Vgl. Mal 1.11] und heiliges Opfer, denn es vollendet und überragt alle Opfer des Alten Bundes.

Heilige und göttliche Liturgie, denn die ganze Liturgie der Kirche hat in der Feier dieses Sakramentes ihren Mittelpunkt und kommt darin am deutlichsten zum Ausdruck. Im gleichen Sinn nennt man sie auch Feier der heiligen Mysterien. Man spricht auch vom heiligsten Sakrament, denn die Eucharistie ist das Sakrament der Sakramente. Unter den eucharistischen Gestalten im Tabernakel aufbewahrt, bezeichnet man den Leib Christi als das Allerheiligste.

1331 Kommunion, denn in diesem Sakrament vereinen wir uns mit Christus, der uns an seinem Leib und seinem Blut teilhaben läßt, damit wir einen einzigen Leib bilden [Vgl. 1 Kor 10,16–17

]. Man nennt die Eucharistie auch die Heiligen Dinge [tà hágia; sancta] (const. ap. 8, 13, 12; Didaché 9,5; 10,6) – dies entspricht dem ersten Sinn der „Gemeinschaft der Heiligen“, von der im Apostolischen Glaubensbekenntnis die Rede ist. Andere Namen sind: Brot der Engel, Hirnmelsbrot, „Arznei der Unsterblichkeit“ (Ignatius v. Antiochien, Eph. 20,2) und Wegzehrung.

1332 Heilige Messe, denn die Liturgie, in der das Heilsmysterium vollzogen wird, schließt mit der Aussendung der Gläubigen [missio], damit diese in ihrem Alltagsieben den Willen Gottes erfüllen.

III Die Eucharistie in der Heilsökonomie

Die Zeichen von Brot und Wein

1333 In der Eucharistiefeier werden Brot und Wein durch die Worte Christi und die Anrufung des Heiligen Geistes zu Leib und Blut Christi gewandelt. Der Anweisung des Herrn entsprechend führt die Kirche bis zu seiner Wiederkunft in Herrlichkeit zu seinem Gedächtnis das weiter, was er am Abend vor seinem Leiden getan hat: „Er nahm das Brot ...“„‚er nahm den Kelch mit Wein .. .„. Brot und Wein werden geheimnisvoll Leib und Blut Christi, bleiben aber Zeichen für die Güte der Schöpfung. Darum danken wir bei der Gabenbereitung dem Schöpfer für das Brot und den Wein [Vgl. Ps 104,13–15], die „Frucht der menschlichen Arbeit“, zunächst aber „Frucht der Erde“ und „des Weinstocks“, Gaben des Schöpfers. Die Kirche erblickt in der Geste Melchisedeks, des Königs und Priesters, der „Brot und Wein“ herbeibrachte (Gen 14,18), ein Vorzeichen ihrer eigenen Opfergabe [Vgl. MR, Römisches Hochgebet 95: „Supra quæ“].

1334 Im Alten Bund werden das Brot und der Wein unter den Erstlingsfrüchten dargebracht, zum Zeichen der Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer. Im Zusammenhang mit dem Auszug aus Ägypten erhalten sie aber noch eine neue Bedeutung. Die ungesäuerten Brote, die das Volk Israel alljährlich bei der Paschafeier ißt, gemahnen an die Hast des befreienden Auszugs aus Ägypten; das Gedenken an das Manna in der Wüste ruft Israel stets in Erinnerung, daß es vom Brot des Wortes Gottes lebt [Vgl. Dtn 8,3]. Und das alltägliche Brot ist die Frucht des verheißenen Landes, ein Unterpfand dafür, daß Gott seinen Verheißungen treu bleibt. Der „Kelch des Segens“ (1 Kor 10,16) am Schluß des Paschamahls der Juden fügt zur Festfreude des Weins eine endzeitliche Bedeutung hinzu: die messianische Erwartung der Wiederherstellung Jerusalems. Jesus hat seine Eucharistie eingesetzt, indem er der Segnung des Brotes und des Kelches einen neuen, endgültigen Sinn gab.

1335 Die Wunder der Brotvermehrung weisen auf die Überfülle des einzigartigen Brotes seiner Eucharistie voraus [Vgl. Mt 14, 13–21;15, 32–39]: der Herr sprach den Lobpreis, brach die Brote und ließ sie durch seine Jünger austeilen, um die Menge zu nähren. Das Zeichen der Verwandlung von Wasser zu Wein in Kana [Vgl. Job 2,11] kündigt bereits die Stunde der Verherrlichung Jesu an. Es bekundet die Vollendung des Hochzeitsmahls im Reiche des Vaters, wo die Gläubigen den neuen Wein trinken werden [Vgl. Mk 14,25.], der Blut Christi geworden ist.

1336 Die erste Ankündigung der Eucharistie entzweite die Jünger, so wie auch die Ankündigung des Leidens bei ihnen Entrüstung hervorrief: „Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?“ (Joh 6,60). Die Eucharistie und das Kreuz sind Steine des Anstoßes. Es ist das gleiche Mysterium und es hört nicht auf, Anlaß zur Spaltung zu sein. „Wollt auch ihr weggehen?“ (Joh 6,67). Diese Frage des Herrn ertönt durch die Jahrhunderte; durch sie lädt uns seine Liebe ein, zu erkennen, daß er allein „Worte des ewigen Lebens“ hat (Joh 6,68) und daß, wer die Gabe seiner Eucharistie gläubig empfängt, ihn selbst empfängt.

Die Einsetzung der Eucharistie

1337 Da der Herr die Seinen liebte, liebte er sie bis zur Vollendung. Da er wußte, daß die Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater heimzukehren, wusch er ihnen bei einem Mahl die Füße und gab ihnen das Gebot der Liebe [Vgl. Joh 13,1–17]. Um ihnen ein Unterpfand dieser Liebe zu hinterlassen und sie an seinem Pascha teilnehmen zu lassen, stiftete er als Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung die Eucharistie und beauftragte seine Apostel, „die er damals als Priester des Neuen Bundes einsetzte“ (K. v. Trient: DS 1740), sie bis zu seiner Wiederkunft zu feiern.

1338 Die drei synoptischen Evangelien und der hl. Paulus haben uns den Bericht über die Einsetzung der Eucharistie überliefert, während der hl. Johannes die Worte Jesu in der Synagoge von Kafarnaum wiedergibt, die auf die Einsetzung der Eucharistie vorbereiten: Christus bezeichnet sich als das vom Himmel herabgekommene Brot des Lebens [Vgl. Joh6].

1339 Jesus hat die Zeit des Pascha gewählt, um das zu tun, was er in Kafarnaum angekündigt hatte: seinen Jüngern seinen Leib und sein Blut zu geben:

„Dann kam der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem das Paschalamm geschlachtet werden mußte. Jesus schickte Petrus und Johannes in die Stadt und sagte: Geht und bereitet das Paschamahl für uns vor, damit wir es gemeinsam essen können ... Sie gingen ... und bereiteten das Paschamahl vor. Als die Stunde gekommen war, begab er sich mit den Aposteln zu Tisch. Und er sagte zu ihnen: Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis das Mahl seine Erfüllung findet im Reich Gottes ... Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“(Lk 22,7–8.13–16. 19–20) [Vgl. Mt 26,17–29; Mk 14,12–25; 1 Kor 11,23–26. [Vgl. Mt 26,17–29; Mk 14,12–25; 1 Kor 11,23–26].

1340 Indem Jesus das Letzte Abendmahl mit seinen Aposteln im Lauf des Paschamahles feierte, gab er dem jüdischen Pascha seinen endgültigen Sinn. Der Hinübergang Jesu zu seinem Vater in Tod und Auferstehung – das neue Pascha – wurde im Abendmahl vorweggenommen. In der Eucharistie wird er gefeiert. Diese vollendet das jüdische Pascha und nimmt das endzeitliche Pascha der Kirche in der Herrlichkeit des Reiches vorweg.

„Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

1341 Der Auftrag Jesu, seine Gesten und seine Worte zu wiederholen, „bis er kommt“ (1 Kor 11,26), verlangt nicht nur, sich an Jesus und an das, was er getan hat, zu erinnern. Er zielt darauf, daß die Apostel und ihre Nachfolger das Gedächtnis Christi, seines Lebens, seines Todes, seiner Auferstehung und seines Eintretens für uns beim Vater liturgisch begehen.

1342 Die Kirche blieb von Anfang an dem Auftrag des Herrn treu. Von der Kirche von Jerusalem heißt es: „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten ... Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens“ (Apg 2,42.46).

1343 Die Christen versammelten sich vor allem „am ersten Wochentag“, das heißt am Sonntag, dem Tag der Auferstehung Jesu, „um das Brot zu brechen“ (Apg 20,7). Bis in unsere Tage wird die Feier der Eucharistie gleichbleibend fortgesetzt, so daß sie sich heute mit der gleichen Grundstruktur überall in der Kirche findet. Sie ist die bleibende Mitte des Lebens der Kirche.

1344 Von Feier zu Feier verkündet das pilgernde Volk Gottes das Pascha-Mysterium Jesu, „bis er kommt“ (1 Kor 11,26), und schreitet „auf dem schmalen Weg des Kreuzes“ (AG 1) auf das himmlische Festmahl zu, bei dem alle Erwählten im Reich Gottes zu Tisch sitzen werden.

IV Die liturgische Feier der Eucharistie

Die Messe aller Jahrhunderte

1345 Schon aus dem 2. Jahrhundert besitzen wir das Zeugnis des hl. Märtyrers Justin über die wesentlichen Elemente im Ablauf der Eucharistiefeier. Bis heute sind es in allen großen liturgischen Familien die gleichen geblieben. Um dem heidnischen Kaiser Antoninus Pius (138–161) zu erklären, was die Christen tun, schreibt Justin um 155:

An dem nach der Sonne benannten Tage findet die Zusammenkunft von allen, die in Städten oder auf dem Lande herum weilen, an einem gemeinsamen Ort statt.

Es werden die Aufzeichnungen der Apostel und die Schriften der Propheten vorgelesen, soweit es die Zeit erlaubt.

Wenn dann der Vorleser aufgehört hat, hält der Vorsteher eine Ansprache, in der er ermahnt und auffordert, diesen schönen Lehren und Beispielen nachzufolgen.

Sodann stehen wir alle zusammen auf und schicken Gebete zum Himmel * für uns selbst ... und für alle anderen auf der ganzen Welt, auf daß wir würdig werden, ... auch in Werken als gute ... Menschen und als Beobachter der Gebote befunden zu werden, um so das ewige Heil zu erlangen.

Nachdem wir die Gebete beendet haben, grüßen wir einander mit einem Kusse.

Dann wird dem Vorsteher der Brüder Brot gebracht und ein Becher mit einer Mischung von Wasser und Wein.

Dieser nimmt es, sendet durch den Namen des Sohnes und des Heiligen Geistes Lob und Preis zum Vater aller Dinge empor und verrichtet eine lange Danksagung [gr. „eucharistia“J dafür, daß wir dieser Gaben von ihm gewürdigt wurden.

Ist er mit den Gebeten und der Danksagung zu Ende, stimmt das ganze anwesende Volk ein, indem es spricht: Amen.

Nachdem der Vorsteher die Dankhandlung vollbracht und das ganze Volk eingestimmt hat, reichen die Diakone, wie sie bei uns heißen, jedem Anwesenden vom dankgesegneten [eucharistiertenl Brot und vom mit Wasser vermischten Wein zum Genuß dar und bringen davon auch den Abwesenden. (apol. 1,65; der Text vor * ist aus 1,67).

1346 Die Eucharistiefeier verläuft nach einer Grundstruktur, die durch alle Jahrhunderte bis in unsere Zeit gleich geblieben ist. Sie entfaltet sich in zwei großen Teilen, die im Grunde eine Einheit bilden:

– die Zusammenkunft, der Wortgottesdienst mit den Lesungen, der Homilie und den Fürbitten;

– die Eucharistiefeier mit der Darbringung von Brot und Wein, deren Konsekration in der [eucharistischen] Danksagung und die Kommunion.

Wortgottesdienst und Eucharistiefeier bilden „einen einzigen Kultakt“

(SC 56). Der Tisch, der uns in der Eucharistie gedeckt wird, ist zugleich der

Tisch des Wortes Gottes und des Leibes des Herrn [Vgl. DV 21.].

1347 Entspricht das nicht dem Ablauf des österlichen Mahles, das der auferstandene Jesus mit den Jüngern hielt? Während sie des Weges gingen, erklärte er ihnen die Schrift und setzte sich dann mit ihnen zu Tisch, „nahm das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen“ (Lk 24,30) [Vgl. Lk 24,13–35].

Der Ablauf der Feier

1348 Alle kommen zusammen. Die Christen kommen zur eucharistischen Versammlung an einem Ort zusammen. An ihrer Spitze steht Christus selbst; er ist der Haupthandelnde der Eucharistie. Er ist der Hohepriester des Neuen Bundes. Unsichtbar steht er selbst jeder Eucharistiefeier vor. Ihn repräsentierend steht der Bischof oder der Priester (die „in der Person Christi, des Hauptes“ handeln) der Versammlung vor, ergreift nach den Lesungen das Wort, nimmt die Opfergaben entgegen und spricht das Hochgebet. Alle sind an der Feier aktiv beteiligt, jeder auf seine Weise: die Lektoren, jene, die Opfergaben herbeibringen, die Kommunionspender und das ganze Volk, dessen „Amen“ die Beteiligung zum Ausdruck bringt.

1349 Der Wortgottesdienst enthält Lesungen aus den „Schriften der Propheten“, das heißt aus dem Alten Testament, und aus den „Aufzeichnungen der Apostel“, nämlich aus ihren Briefen und den Evangelien. Eine Homilie fordert dazu auf, dieses Wort als das aufzunehmen, was es wirklich ist: Wort Gottes [Vgl. 1 Thess 2,13], und es in die Tat umzusetzen. Darauf folgen die Bitten für alle Menschen, gemäß dem Wort des Apostels: „Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen, für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben“ (1 Tim 2,1–2).

1350 Die Gabenbereitung [Offertorium]. Man trägt, manchmal in einer Prozession, Brot und Wein zum Altar, die der Priester im Namen Christi im eucharistischen Opfer darbringt, in welchem sie Leib und Blut Christi werden. Dies ist die Handlung Christi selbst, der beim Letzten Abendmahl „Brot und den Kelch nahm“. „Allein die Kirche bringt dem Schöpfer unter Danksagung dieses reine Opfer dar, das aus seiner Schöpfung kommt“ (Irenäus, hær. 4,18,4) [Vgl. Mal 1,11]. Die Darbringung der Opfergaben am Altar greift die Geste Melchisedeks auf und legt die Gaben des Schöpfers in die Hände Christi. In seinem Opfer vollendet Jesus alle menschlichen Bemühungen, Opfer darzubringen.

1351 Von Anfang an bringen die Christen neben Brot und Wein für die Eucharistie auch Gaben zur Unterstützung Bedürftiger mit. Dieser Brauch der Kollekte [Vgl. 1 Kor 16,1] ist durch das Beispiel Christi angeregt, der arm wurde, um uns reich zu machen [Vgl. 2 Kor 8,9.].

„Wer die Mittel und guten Willen hat, gibt nach seinem Ermessen, was er will, und das, was da zusammenkommt, wird beim Vorsteher hinterlegt. Dieser kommt damit Waisen und Witwen zu Hilfe, solchen, die wegen Krankheit oder aus sonst einem Grunde bedürftig sind, den Gefangenen und den Fremdlingen, die in der Gemeinde anwesend sind; kurz, er ist allen, die in der Not sind, ein Fürsorger“ (Justin, apol. 1,67,6).

1352 Die Anaphora. Mit dem Hochgebet, dem Danksagungs- und Konsekrationsgebet, kommen wir zum Herzen und Höhepunkt der Feier.

In der Präfation sagt die Kirche durch Christus im Heiligen Geist dem Vater Dank für all seine Werke, für die Schöpfung, die Erlösung und die Heiligung. Die ganze Gemeinde schließt sich dann dem unablässigen Lobpreis an, den die himmlische Kirche, die Engel und alle Heiligen dem dreimal heiligen Gott singen.

1353 In der Epiklese bittet die Kirche den Vater, seinen Heiligen Geist (oder „Segen in Fülle“ [Vgl. MR, Römisches Hochgebet 90.]) auf Brot und Wein zu senden, damit sie durch dessen Kraft Leib und Blut Jesu Christi werden und die Teilnehmer an der Eucharistie ein einziger Leib und ein einziger Geist sind (einzelne Liturgien halten die Epiklese erst nach der Anamnese).

Im Einsetzungsbericht machen die Kraft der Worte und des Handelns Christi und die Macht des Heiligen Geistes den Leib und das Blut Christi, sein am Kreuz ein für allemal dargebrachtes Opfer, unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig.

1354 In der darauf folgenden Anamnese gedenkt die Kirche des Leidens, der Auferstehung und der herrlichen Wiederkunft Christi Jesu; sie bietet dem Vater das Opfer seines Sohnes dar, das uns mit ihm versöhnt.

In den Fürbitten bringt die Kirche zum Ausdruck, daß die Eucharistie in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche im Himmel und auf Erden, der Kirche der Lebenden und der Toten, gefeiert wird und in Gemeinschaft mit den Hirten der Kirche, dem Papst, dem Diözesanbischof, seinem Presbyterium und seinen Diakonen und in Gemeinschaft mit allen Bischöfen der ganzen Welt zusammen mit ihren Kirchen.

1355 In der Kommunion, der das Gebet des Herrn und die Brotbrechung vorangehen, empfangen die Gläubigen das „Brot des Himmels“ und den „Kelch des Heiles“, den Leib und das Blut Christi, der sich hingegeben hat „für das Leben der Welt“ (Joh 6,51).

Weil dieses Brot und dieser Wein – nach einem alten Ausdruck – „eucharistiert“ wurden, „nennen wir diese Nahrung Eucharistie. Niemand darf daran teilnehmen, als wer unsere Lehren für wahr hält, das Bad zur Vergebung der Sünden und zur Wiedergeburt empfangen hat und nach den Weisungen Christi lebt“ (Justin, apol. 1,66, 1–2).

V Das sakramentale Opfer: Danksagung, Gedächtnis, Gegenwart

1356 Die Christen feiern von Anfang an die Eucharistie, und zwar in einer Form, die sich trotz aller Verschiedenheit der Zeiten und der Liturgien im wesentlichen nicht geändert hat. Sie tun dies, weil sie sich durch den Auftrag verpflichtet fühlen, den der Herr am Abend vor seinem Leiden gegeben hat: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11, 24–25).

1357 Diesen Auftrag des Herrn erfüllen wir, wenn wir das Gedächtnis seines Opfers feiern. Damit bringen wir dem Vater dar, was er selbst uns gegeben hat: die Gaben seiner Schöpfung, Brot und Wein, die durch die Worte Christi und durch die Kraft des Heiligen Geistes Leib und Blut Christi geworden sind. So wird Christus geheimnisvoll und wirklich gegenwärtig.

1358 Wir müssen somit die Eucharistie betrachten

– als Danksagung und Lobpreis an den Vater;

– als Opfergedächtnis Christi und seines Leibes;

– als Gegenwart Christi durch die Macht seines Wortes und seines Geistes.

Die Danksagung und der Lobpreis an den Vater

1359 Die Eucharistie, das Sakrament unseres durch Christus am Kreuz vollbrachten Heiles, ist auch ein Lobopfer zur Danksagung für das Werk der Schöpfung. Im eucharistischen Opfer wird die ganze von Gott geliebte Schöpfung durch den Tod und die Auferstehung Christi dem Vater dargebracht. Durch Christus kann die Kirche das Opfer des Lobes darbringen zum Dank für alles, was Gott in der Schöpfung und in der Menschheit an Gutem, Schönem und Gerechtem getan hat.

1360 Die Eucharistie ist Opfer der Danksagung an den Vater. Sie ist Lobpreis, durch den die Kirche Gott ihren Dank zum Ausdruck bringt für alle seine Wohltaten: für alles, was er in der Schöpfung, Erlösung und Heiligung vollbracht hat. Eucharistie bedeutet also zunächst Danksagung.

1361 Die Eucharistie ist auch das Opfer des Lobes, durch das die Kirche im Namen der ganzen Schöpfung Gott verherrlicht. Dieses Lobopfer ist nur durch Christus möglich: Er vereint die Gläubigen mit seiner Person, seinem Lobpreis und seiner Fürbitte, so daß das Lobopfer an den Vater durch Christus und mit ihm dargebracht wird, um in ihm angenommen zu werden.

Das Opfergedächtnis Christi und seines Leibes, der Kirche 1362 Die Eucharistie ist das Gedächtnis des Pascha Christi, die sakramentale Vergegenwärtigung und Darbringung seines einzigen Opfers in der Liturgie seines Leibes, der Kirche. In allen Hochgebeten finden wir nach den Einsetzungworten ein Gebet, das Anamnese oder Gedächtnis genannt wird.

1363 Im Sinn der Heiligen Schrift ist das Gedächtnis nicht nur ein Sich-Erinnern an Ereignisse der Vergangenheit, sondern die Verkündigung der großen Taten, die Gott für die Menschen getan hat‘. In der liturgischen Feier dieser Ereignisse werden sie gegenwärtig und wieder lebendig. Auf diese Weise versteht das Volk Israel seine Befreiung aus Ägypten: Jedesmal, wenn das Pascha gefeiert wird, werden die Ereignisse des Auszugs dem Gedächtnis der Gläubigen wieder gegenwärtig gemacht, damit diese ihr Leben diesen Ereignissen entsprechend gestalten.

1364 Im Neuen Bund erhält das Gedächtnis einen neuen Sinn. Wenn die Kirche Eucharistie feiert, gedenkt sie des Pascha Christi; dieses wird gegenwärtig. Das Opfer, das Christus am Kreuz ein für allemal dargebracht hat, bleibt stets gegenwärtig wirksam [Vgl. Hebr 7,25–27]: „Sooft das Kreuzesopfer, in dem ‚Christus, unser Osterlamm, geopfert wurde‘, auf dem Altar gefeiert wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung“ (LG 3).

1365 Die Eucharistie ist auch ein Opfer, weil sie Gedächtnis an das Pascha Christi ist. Der Opfercharakter der Eucharistie tritt schon in den Einsetzungsworten zutage: „Das ist mein Leib, der für euch dahingegeben wird“, und „dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“ (Lk 22, 19–20). In der Eucharistie schenkt Christus diesen Leib, den er für uns am Kreuz dahingegeben hat, und dieses Blut, das er „für viele vergossen“ hat „zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28).

1366 Die Eucharistie ist also ein Opfer, denn sie stellt das Opfer des Kreuzes dar (und macht es dadurch gegenwärtig), ist dessen Gedächtnis und wendet dessen Frucht zu: Christus „hat zwar sich selbst ein für allemal auf dem Altar des Kreuzes durch den eintretenden Tod Gott, dem Vater opfern wollen [Vgl. Hebr 7,27], um für jene [die Menschen] ewige Erlösung zu wirken; weil jedoch sein Priestertum durch den Tod nicht ausgelöscht werden sollte [Vgl. Hebr 7,24.], hat er beim Letzten Abendmahle, ‚in der Nacht, da er verraten wurde‘ (1 Kor 11,23), seiner geliebten Braut, der Kirche, ein sichtbares (wie es die Natur des Menschen erfordert) Opfer hinterlassen, durch das jenes blutige [Opfer], das einmal am Kreuz dargebracht werden sollte, vergegenwärtigt werden, sein Gedächtnis bis zum Ende der Zeit fortdauern und dessen heilbringende Kraft für die Vergebung der Sünden, die von uns täglich begangen werden, zugewandt werden sollte“ (K. v. Trient: DS 1740).

1367 Das Opfer Christi und das Opfer der Eucharistie sind ein einziges Opfer. „Denn die Opfergabe ist dieselbe; derselbe, der sich selbst damals am Kreuze opferte, opfert jetzt durch den Dienst der Priester; allein die Weise des Opfers ist verschieden“. „Und weil in diesem göttlichen Opfer, das in der Messe vollzogen wird, jener selbe Christus enthalten ist und unblutig geopfert wird, der auf dem Altar des Kreuzes ein für allemal sich selbst blutig opferte ..., [ist] dieses Opfer wahrhaft ein Sühneopfer“ (K. v. Trient: DS 1743).

1368 Die Eucharistie ist auch das Opfer der Kirche. Die Kirche, der Leib Christi, nimmt am Opfer ihres Hauptes teil. Mit ihm wird sie selbst ganz dargebracht. Sie vereinigt sich mit seiner Fürbitte beim Vater für alle Menschen. In der Eucharistie wird das Opfer Christi auch zum Opfer der Glieder seines Leibes. Das Leben der Gläubigen, ihr Lobpreis, ihr Leiden, ihr Gebet und ihre Arbeit werden mit denen Christi und mit seiner Ganzhingabe vereinigt und erhalten so einen neuen Wert. Das auf dem Altar gegenwärtige Opfer Christi gibt allen Generationen von Christen die Möglichkeit, mit seinem Opfer vereint zu sein.

In den Katakomben ist die Kirche oft als eine betende Frau dargestellt, mit weit ausgebreiteten Armen, in der Haltung einer Orante [Betergestalt]. Sie opfert sich wie Christus, der die Arme auf dem Kreuz ausgestreckt hat, durch ihn, mit ihm und in ihm und tritt für alle Menschen ein.

1369 Die ganze Kirche ist mit dem Opfer und der Fürbitte Christi vereinigt. Da der Papst mit dem Petrusdienst in der Kirche betraut ist, ist er an jeder Eucharistiefeier beteiligt, in der er als Zeichen und Diener der Einheit der Gesamtkirche genannt wird. Der Ortsbischof ist stets für die Feier der Eucharistie verantwortlich, selbst dann, wenn ihr ein Priester vorsteht; sein Name wird genannt, um darauf hinzuweisen, daß er inmitten des Presbyteriums und mit der Assistenz der Diakone den Vorsitz über die Teilkirche führt. Die Gemeinde tritt auch für alle zum Dienst in der Kirche Bestellten ein, die für sie und mit ihr das eucharistische Opfer darbringen.

„Jene Eucharistiefeier gelte als zuverlässig, die unter dem Bischof oder einem von ihm Beauftragten stattfindet“ (Ignatius v. Antiochien, Smyrn. 8,1).

„Durch den Dienst der Priester vollendet sich das geistige Opfer der Gläubigen in Einheit mit dem Opfer des einzigen Mittlers Christus, das durch die Hände der Priester im Namen der ganzen Kirche bei der Feier der Eucharistie auf unblutige und sakramentale Weise dargebracht wird, bis der Herr selbst kommt“ (P0 2).

1370 Mit dem Opfer Christi vereinigen sich nicht nur die Glieder Christi, die noch auf Erden weiten, sondern auch jene, die schon in der Herrlichkeit des Himmels sind. Die Kirche bringt das eucharistische Opfer in Gemeinschaft mit der heiligen Jungfrau Maria dar sowie im Gedenken an sie und alle Heiligen. In der Eucharistie steht die Kirche mit Maria gleichsam zu Füßen des Kreuzes, mit dem Opfer und der Fürbitte Christi vereint.

1371 Das eucharistische Opfer wird auch für die in Christus gestorbenen Gläubigen dargebracht, „die noch nicht vollständig gereinigt sind“ (K. v. Trient: DS 1743), damit sie in das Reich Christi, in das Reich des Lichtes und des Friedens eingehen können:

„Begrabt diesen Leib, wo immer er sei: um ihn sollt ihr euch keine Sorgen machen. Nur um das eine bitte ich euch: Wo ihr auch sein werdet, gedenkt meiner am Altare des Herrn“ (die hl. Monika vor ihrem Tode zum hl. Augustinus und zu seinem Bruder: Augustinus, conf. 9,11,27).

„Dann beten wir [in der Anaphora] für die bereits entschlafenen heiligen Väter und Bischöfe und überhaupt für alle unsere Verstorbenen. Wir glauben nämlich, daß die Seelen, für welche während des heiligen, erhabensten Opfers gebetet wird, sehr großen Nutzen davon haben ... Wir bringen Gott für die Verstorbenen, obwohl sie Sünder waren, unsere Gebete dar ... Wir opfern den für unsere Sünden hingeopferten Christus. Dadurch versöhnen wir den menschenfreundlichen Gott mit ihnen und mit uns“ (Cyrill v. Jerusalem, catech. myst. 5,9.10).

1372 Diese Lehre bewegt uns zu einer immer vollständigeren Beteiligung am Opfer unseres Erlösers, das wir in der Eucharistie feiern. Sie wurde vom hl. Augustinus vortrefflich zusammengefaßt:

„Die gesamte erlöste Gemeinde, das ist die Vereinigung und Gemeinschaft der Heiligen, wird als ein allumfassendes Opfer Gott dargebracht durch den Hohenpriester, der sich in Knechtsgestalt seinerseits auch für uns dargebracht hat in seinem Leiden, damit wir der Leib eines so erhabenen Hauptes seien Das ist das Opfer der Christen: ‚die Vielen ein Leib in Christus‘ (Röm 12,5). Dieses Opfer feiert die Kirche durch das den Gläubigen bekannte Sakrament des Altars, worin ihr vor Augen gehalten wird, daß sie in dem, was sie darbringt, selbst dargebracht wird“ (civ. 10,6).

Die Gegenwart Christi durch die Kraft seines Wortes und die Kraft des Heiligen Geistes

1373 „Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein“ (Röm 8,34). Er ist in seiner Kirche auf mehrfache Weise gegenwärtig [Vgl. Mt 25,31–46]: in seinem Wort, im Gebet seiner Kirche, „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“ (Mt 18,20), in den Armen, den Kranken, den Gefangenen [Vgl. LG 48], in seinen Sakramenten, deren Urheber er ist, im Meßopfer und in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht, aber „vor allem unter den eucharistischen Gestalten“ (SC 7).

1374 Die Weise der Gegenwart Christi unter den eucharistischen Gestalten ist einzigartig. Sie erhebt die Eucharistie über alle Sakramente, so daß sie „gleichsam die Vollendung des geistigen Lebens und das Ziel aller Sakramente“ ist (Thomas v. A., s. th. 3,73,3). Im heiligsten Sakrament der Eucharistie ist „wahrhaft, wirklich und substanzhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus und daher der ganze Christus enthalten“ (K. v. Trient: DS 1651). Diese „Gegenwart wird nicht ausschlußweise ‚wirklich‘ genannt, als ob die anderen nicht ‚wirklich‘ seien, sondern vorzugsweise, weil sie substantiell ist; in ihr wird nämlich der ganze und unversehrte Christus, Gott und Mensch, gegenwärtig“ (MF 39).

1375 Christus wird in diesem Sakrament gegenwärtig durch die Verwandlung des Brotes und des Weines in den Leib und das Blut Christi. Die Kirchenväter betonten entschieden den Glauben der Kirche, daß das Wort Christi und das Walten des Heiligen Geistes so wirkkräftig sind, daß sie diese Verwandlung zu bewirken vermögen. Der hl. Johannes Chrysostomus erklärt:

„Nicht der Mensch bewirkt, daß die Opfergaben Leib und Blut Christi werden, sondern Christus selbst, der für uns gekreuzigt worden ist. Der Priester, der Christus repräsentiert, spricht diese Worte aus, aber ihre Wirkkraft und Gnade kommen von Gott. Das ist mein Leib, sagt er. Dieses Wort verwandelt die Opfer-gaben“ (prod. Jud. 1,6).

Und der hl. Ambrosius sagt über diese Verwandlung:

„Hier liegt etwas vor, was nicht die Natur gebildet, sondern die Segnung konsekriert hat, und die Wirksamkeit der Segnung geht über die Natur hinaus, indem sogar die Natur selbst kraft der Segnung verwandelt wird ... Das Wort Christi, das noch nicht Seiende aus dem Nichts zu schaffen vermochte, soll Seiendes nicht in etwas verwandeln können, was es vorher nicht war? Nichts Geringeres ist es, neue Dinge zu erschaffen, als Naturen zu verwandeln“ (myst. 9,50,52).

1376 Das Konzil von Trient faßt den katholischen Glauben zusammen, wenn es erklärt: „Weil aber Christus, unser Erlöser, sagte, das, was er unter der Gestalt des Brotes darbrachte, sei wahrhaft sein Leib, deshalb hat in der Kirche Gottes stets die Überzeugung geherrscht, und dieses heilige Konzil erklärt es jetzt von neuem: Durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung [Transsubstantiation] genannt“ (DS 1642).

1377 Die eucharistische Gegenwart Christi beginnt im Zeitpunkt der Konsekration und dauert so lange, wie die eucharistischen Gestalten bestehen. In jeder der Gestalten und in jedem ihrer Teile ist der ganze Christus enthalten, so daß das Brechen des Brotes Christus nicht teilt [Vgl. K. v. Trient: DS 1641 [Vgl. K. v. Trient: DS 1641.].

1378 Die Verehrung der Eucharistie. Wir bringen in der Meßliturgie unseren Glauben, daß Christus unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich zugegen ist, unter anderem dadurch zum Ausdruck, daß wir zum Zeichen der Anbetung des Herrn die Knie beugen oder uns tief verneigen. „Die katholische Kirche erweist der heiligen Eucharistie nicht nur während der heiligen Messe, sondern auch außerhalb der Meßfeier den Kult der Anbetung, indem sie die konsekrierten Hostien mit größter Sorgfalt aufbewahrt, sie den Gläubigen zur feierlichen Verehrung aussetzt und sie in Prozession trägt“ (MF 56).

1379 Die „heilige Reserve“ (Tabernakel) war zunächst dazu bestimmt, die Eucharistie würdig aufzubewahren, damit sie den Kranken und Abwesenden außerhalb der Messe gebracht werden könne. Durch die Vertiefung des Glaubens an die wirkliche Gegenwart Christi in seiner Eucharistie wurde sich die Kirche bewußt, daß es sinnvoll ist, den unter den eucharistischen Gestalten anwesenden Herrn anzubeten. Darum muß sich der Tabernakel an einem besonders würdigen Ort in der Kirche befinden und so angefertigt sein, daß er die Wahrheit der wirklichen Gegenwart Christi im heiligen Sakrament hervorhebt und darstellt.

1380 Es hat einen tiefen Sinn, daß Christus in dieser einzigartigen Weise in seiner Kirche gegenwärtig bleiben wollte. Weil Christus seiner sichtbaren Gestalt nach die Seinen verließ, wollte er uns seine sakramentale Gegenwart schenken; weil er sich am Kreuz darbrachte, um uns zu retten, wollte er, daß wir das Zeichen des Gedächtnisses der Liebe bei uns haben, mit der er uns „bis zur Vollendung“ liebte (Joh 13, 1), bis zur Hingabe seines Lebens. In seiner eucharistischen Gegenwart bleibt er geheimnisvoll in unserer Mitte als der, welcher uns geliebt und sich für uns hingegeben hat [Vgl. Gal 2,20.], und er bleibt unter den Zeichen gegenwärtig, die diese Liebe zum Ausdruck bringen und mitteilen.

„Die Kirche und die Welt haben die Verehrung der Eucharistie sehr nötig. In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen: in der Anbetung, in einer Kontemplation voller Glauben, bereit, die große Schuld und alles Unrecht der Welt zu sühnen. Unsere Anbetung sollte nie aufhören“ (Johannes Paul II., Brief „Dominicæ cenæ“ 3).

1381 Thomas von Aquin sagt: „Daß der wahre Leib und das wahre Blut Christi in diesem Sakrament seien, läßt sich nicht mit den Sinnen erfassen sondern nur durch den Glauben, der sich auf die göttliche Autorität stützt. Deshalb sagt Cyrill zur Schriftstelle ‚Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird‘ (Lk 22,19): ‚Zweifle nicht, ob das wahr sei. Nimm vielmehr die Worte des Erlösers im Glauben auf. Da er die Wahrheit ist, lügt er nicht“ (s. th. 3,75, 1; zitiert von Paul VI., MF 18).

Gottheit, tief verborgen, betend nah ich dir.

Unter diesen Zeichen bist du wahrhaft hier.

Sieh, mit ganzem Herzen schenk ich dir mich hin, weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin.

Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir, doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir.

Was Gott Sohn gesprochen, nehm ich glaubend an; er iSt selbst die Wahrheit, die nicht trügen kann. (Thomas v. A., Hymnus „Adoro te devote“)

VI Das österliche Mahl

1382 Die Messe ist zugleich und untrennbar das Opfergedächtnis, in welchem das Kreuzesopfer für immer fortlebt, und das heilige Mahl der Kommunion mit dem Leib und dem Blut des Herrn. Die Feier des eucharistischen Opfers ist ganz auf die innige Vereinigung mit Christus durch die Kommunion ausgerichtet. Kommunizieren heißt, Christus selbst empfangen, der sich für uns hingegeben hat.

1383 Der Altar, um den sich die Kirche bei der Eucharistiefeier versammelt, stellt die beiden Aspekte ein und desselben Mysteriums dar: den Opferaltar und den Tisch des Herrn. Der christliche Altar ist das Sinnbild Christi selbst, der inmitten der Versammlung seiner Gläubigen zugegen ist als das zu unserer Versöhnung dargebrachte Opfer und zugleich als himmlische Speise, die uns geschenkt wird. „Was ist der Altar Christi anderes als das Bild des Leibes Christi?“ sagt der hl. Ambrosius (sacr. 5,7), und an anderer Stelle:

„Der Altar stellt den Leib [Christi] dar und der Leib Christi ist auf dem Altar“ (sacr. 4,7). Die Liturgie bringt diese Einheit des Opfers und der Kommunion in zahlreichen Gebeten zum Ausdruck. So bittet etwa die Kirche von Rom in ihrem Hochgebet:

„Wir bitten dich, allmächtiger Gott: Dein heiliger Engel trage diese Opfergabe auf deinen himmlischen Altar vor deine göttliche Herrlichkeit; und wenn wir durch unsere Teilnahme am Altar den heiligen Leib und das Blut deines Sohnes empfangen, erfülle uns mit aller Gnade und allem Segen des Himmels.“

„Nehmet und esset alle davon“: die Kommunion

1384 Der Herr richtet an uns eine eindringliche Einladung, ihn im Sakrament der Eucharistie zu empfangen. „Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht eßt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch“ (Joh 6,53).

1385 Um dieser Einladung zu entsprechen, müssen wir uns auf diesen so hohen, so heiligen Moment vorbereiten. Der hl. Paulus fordert zu einer Gewissenserforschung auf: „Wer unwürdig von dem Brot ißt und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon ißt und trinkt, ohne zu bedenken, daß es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er ißt und trinkt“ (1 Kor 11,27–29). Wer sich einer schweren Sünde bewußt ist, muß das Sakrament der Buße empfangen, bevor er die Kommunion empfängt.

1386 Angesichts der Größe dieses Sakramentes kann sich der Gläubige nur demütig und in festem Glauben das Wort des Hauptmanns [Vgl. Mt 8,8.] zu eigen machen:

„Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“. In der Göttlichen Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus beten die Gläubigen im gleichen Geist:

„An deinem mystischen Mahl laß mich heute teilhaben, Sohn Gottes. Nicht werde ich das Geheimnis deinen Feinden verraten, noch dir einen Kuß geben wie Judas, sondern wie der Schächer rufe ich dir zu: Gedenke meiner, Herr, in deinem Reiche!“

1387 Um sich auf den Empfang dieses Sakramentes richtig vorzubereiten, werden die Gläubigen das in ihrer Kirche vorgeschriebene Fasten [Vgl. CIC, can. 919] beobachten. In der Haltung (Gesten, Kleidung) werden sich die Ehrfurcht, die Feierlichkeit und die Freude äußern, die diesem Moment entsprechen, in dem Christus unser Gast wird.

1388 Es entspricht dem Sinn der Eucharistie, daß die Gläubigen, falls sie die Voraussetzungen erfüllen, kommunizieren, wenn sie an der Messe teilnehmen. Die Gläubigen können höchstens zweimal am selben Tag kommunizieren (Päpstliche Kommission zur authentischen Interpretation des Codex des kanonischen Rechtes, Responsa ad proposita dubia, 1 AAS 76 (1984) 746).

1389 Die Kirche verpflichtet die Gläubigen, „an den Sonn- und Feiertagen der Göttlichen Liturgie ... beizuwohnen“ (OE 15) und, durch das Bußsakrament darauf vorbereitet, wenigstens einmal im Jahr die Eucharistie zu empfangen, wenn möglich in der österlichen Zeit [Vgl. CIC, can. 920]. Die Kirche empfiehlt jedoch den Gläubigen nachdrücklich, die heilige Eucharistie an den Sonn- und Feiertagen oder noch öfter, ja täglich zu empfangen.

1390 Christus ist unter jeder der beiden Gestalten sakramental gegenwärtig. Deshalb kann auch dann die ganze Gnadenfrucht der Eucharistie empfangen werden, wenn nur unter der Gestalt des Brotes kommuniziert wird. Zu Recht ist aus pastoralen Gründen im lateinischen Ritus diese Art zu kommunizieren am gebräuchlichsten. Doch „ihre volle Zeichenhaftigkeit gewinnt die Kommunion, wenn sie unter beiden Gestalten gereicht wird. In dieser Form wird das Zeichen des eucharistischen Mahles auf vollkommenere Art zum Ausdruck gebracht“ (IGMR 240). In den ostkirchlichen Riten ist dies die übliche Art zu kommunizieren.

Die Früchte der Kommunion

1391 Die Kommunion vertieft unsere Vereinigung mit Christus. Der Empfang der Eucharistie in der Kommunion bringt als Hauptfrucht die innige Vereinigung mit Christus Jesus. Der Herr sagt ja: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,56). Das Leben in Christus hat seine Grundlage im eucharistischen Mahl: „Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich ißt, durch mich leben“ (Joh 6,57).

„Wenn an den Festen des Herrn die Gläubigen den Leib des Sohnes empfangen, verkünden sie einander die Frohbotschaft, daß die Erstlingsgaben des Lebens geschenkt werden, wie damals, als der Engel zu Maria von Magdala sagte: ‚Christus ist auferstanden‘. Auch jetzt werden das Leben und die Auferstehung dem geschenkt, der Christus empfängt“ (Fanqîth, Syrisches Offizium von Antiochien, Band 1, Commune, 5. 237a-b).

1392 Was die leibliche Speise in unserem leiblichen Leben, bewirkt die Kommunion auf wunderbare Weise in unserem geistlichen Leben. Die Kommunion mit dem Fleisch des auferstandenen Christus, „das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft“ (PO 5), bewahrt, vermehrt und erneuert das in der Taufe erhaltene Gnadenleben. Damit das christliche Leben wächst, muß es durch die eucharistische Kommunion, das Brot unserer Pilgerschaft, genährt werden bis zur Todesstunde, in der es uns als Wegzehrung gereicht wird.

1393 Die Kommunion trennt uns von der Sünde. Der Leib Christi, den wir in der Kommunion empfangen, ist „für uns hingegeben“, und das Blut, das wir trinken, ist „vergossen worden für die Vielen zur Vergebung der Sünden“. Darum kann uns die Eucharistie nicht mit Christus vereinen, ohne uns zugleich von den begangenen Sünden zu reinigen und vor neuen Sünden zu bewahren.

„Sooft wir ihn empfangen, verkünden wir den Tod des Herrn [Vgl. 1 Kor 11,26]. Wenn wir den Tod des Herrn verkünden, verkünden wir die Vergebung der Sünden. Falls sein Blut jedesmal, wenn es vergossen wird, zur Vergebung der Sünden vergossen wird, muß ich es stets empfangen, damit es stets meine Sünden nachläßt. Ich, der ich immer sündige, muß immer ein Heilmittel haben“ (Ambrosius, sacr. 4,28).

1394 Wie die leibliche Nahrung dazu dient, die verbrauchten Kräfte wiederherzustellen, so stärkt die Eucharistie die Liebe, die im täglichen Leben zu erlahmen droht. Diese neubelebte Liebe tilgt die läßlichen Sünden [Vgl. K. v. Trient: DS 1638]. Wenn Christus sich uns schenkt, belebt er unsere Liebe und gibt uns Kraft, mit ungeordneten Anhänglichkeiten an Geschöpfe zu brechen und uns in ihm zu verwurzeln.

„Da Christus aus Liebe für uns gestorben ist, bitten wir, wenn wir das Gedächtnis an seinen Tod halten, im Moment des Opfers darum, daß durch das Kommen des Heiligen Geistes uns die Liebe gewährt werde. Wir bitten demütig, daß kraft dieser Liebe, deretwegen Christus für uns sterben wollte, auch wir dadurch, daß wir die Gnade des Heiligen Geistes empfangen, die Welt als für uns gekreuzigt und uns als für die Welt gekreuzigt ansehen können ... Laßt uns, da wir die Liebe geschenkt erhalten haben, der Sünde sterben und für Gott leben !“ (Fulgentius v. Ruspe, Fab. 28,16–19).

1395 Durch diese Liebe, die die Eucharistie in uns entzündet, bewahrt sie uns vor zukünftigen Todsünden. Je mehr wir am Leben Christi teilhaben und je weiter wir in seiner Freundschaft fortschreiten, desto geringer wird die Gefahr sein, sich durch eine Todsünde von ihm zu trennen. Zur Vergebung von Todsünden ist aber nicht die Eucharistie bestimmt, sondern das Bußsakrament. Die Eucharistie ist das Sakrament derer, die in der vollen Gemeinschaft der Kirche stehen.

1396 Die Einheit des mystischen Leibes: Die Eucharistie baut die Kirche. Wer die Eucharistie empfängt, wird enger mit Christus vereint. Dadurch vereint ihn Christus auch mit allen Gläubigen zu einem einzigen Leib: zur Kirche. Die Kommunion erneuert, stärkt und vertieft die Eingliederung in die Kirche, die bereits durch die Taufe erfolgt ist. In der Taufe wurden wir berufen, einen einzigen Leib zu bilden [Vgl. 1 Kor 12,13]. Die Eucharistie verwirklicht diese Berufung: „Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot“ (Vgl. 1 Kor 10,16–17):

„Wenn ihr der Leib Christi und seine Glieder seid, wird das Sakrament, das ihr selber seid, auf den Tisch des Herrn gelegt; ihr empfangt das Sakrament, das ihr selber seid. Ihr antwortet auf das, was ihr empfangt, mit ‚Amen [Ja, es ist so]‘, und ihr unterzeichnet es, indem ihr darauf antwortet. Du hörst das Wort ‚Der Leib Christi‘, und du antwortest: ‚Amen‘. Sei also ein Glied Christi, damit dein Amen wahr sei !“ (Augustinus, serm. 272).

1397 Die Eucharistie verpflichtet gegenüber den Armen. Um den Leib und das Blut Christi, die für uns hingegeben wurden, in Wahrheit zu empfangen, müssen wir Christus auch in den Ärmsten, seinen Brüdern, erkennen [Vgl. Mt 25,40].

„Du hast das Blut des Herrn verkostet – und erkennst doch deinen Bruder nicht. Du entehrst diesen Tisch, denn du hältst den nicht für würdig deine Nahrung zu teilen, der gewürdigt wurde, an diesem Tisch teilzuhaben. Gott hat dich von allen deinen Sünden befreit und dich dazu eingeladen. Und du bist nicht einmal dann barmherziger geworden“ (Johannes Chrysostomus, hom. in 1 Cor. 27,4).

1398 Die Eucharistie und die Einheit der Christen. Angesichts der Größe dieses Mysteriums ruft der hl. Augustinus aus: „O Sakrament der Ehrfurcht!

O Zeichen der Einheit! O Band der Liebe!“ (ev. Jo 26,6,13) [Vgl. SC 47]. Umso schmerzlicher empfindet man die Spaltungen der Kirche, die die gemeinsame Teilnahme am Tisch des Herrn abbrechen; umso dringlicher sind die Gebete zum Herrn, damit die Tage der vollen Einheit aller, die an ihn glauben, wiederkehren.

1399 Die Ostkirchen, die mit der katholischen Kirche nicht in voller Gemeinschaft stehen, feiern die Eucharistie mit großer Liebe. „Da nun diese Kirchen trotz ihrer Trennung wahre Sakramente besitzen, vor allem aber in der Kraft der apostolischen Sukzession das Priestertum und die Eucharistie, wodurch sie in ganz enger Gemeinschaft bis heute mit uns verbunden sind, so ist eine gewisse Gottesdienstgemeinschaft“ – eine Gemeinschaft „in sacris“, also in der Eucharistie – „unter gegebenen geeigneten Umständen mit Billigung der kirchlichen Autorität nicht nur möglich, sondern auch ratsam“ (UR 15) [Vgl. CIC, can. 844, § 3].

1400 Die aus der Reformation hervorgegangenen, von der katholischen Kirche getrennten kirchlichen Gemeinschaften haben „vor allem wegen des Fehlens des Weihesakramentes die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt“ (UR 22). Aus diesem Grund ist für die katholische Kirche die eucharistische Interkommunion mit diesen Gemeinschaften nicht möglich. Doch diese Gemeinschaften „bekennen ... bei der Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn im Heiligen Abendmahl, daß hier die lebendige Gemeinschaft mit Christus bezeichnet werde, und sie erwarten seine glorreiche Wiederkunft“ (UR 22).

1401 Wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs eine schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Priester die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind [Vgl. CIC, can. 844, § 4].

VII Die Eucharistie –„Unterpfand der künftigen Herrlichkeit“

1402 In einem alten Gebet lobpreist die Kirche das Mysterium der Eucharistie: „O heiliges Mahl, in dem Christus unsere Speise ist; Gedächtnis seines Leidens, Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigen Herrlichkeit“. Da die Eucharistie die Gedächtnisfeier des Pascha des Herrn ist und wir „durch unsere Teilnahme am Altar ... mit aller Gnade und allem Segen des Himmels“ erfüllt werden (MR, Römisches Hochgebet 96), ist die Eucharistie auch die Vorwegnahme der himmlischen Herrlichkeit.

1403 Beim Letzten Abendmahl richtete der Herr die Aufmerksamkeit seiner Jünger auf die Vollendung des Pascha im Reiche Gottes: „Ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von neuem davon trinke im Reich meines Vaters“ (Mt 26,29) [Vgl. Lk 22,38; Mk 14,25]. Jedesmal, wenn die Kirche die Eucharistie feiert, erinnert sie sich an diese Verheißung und richtet ihren Blick auf den, „der kommt“ (Offb 1,4). In ihrem Gebet ruft sie sein Kommen herbei: „Maräna tha!“ (1 Kor 16,22), „Komm, Herr Jesus!“ (Offb 22,20). „Es komme deine Gnade und es vergehe diese Welt!“ (Didaché 10,6).

1404 Die Kirche weiß, daß der Herr in seiner Eucharistie schon jetzt kommt und in unserer Mitte anwesend ist. Doch diese seine Gegenwart ist verhüllt. Deswegen feiern wir die Eucharistie, indem „wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten“ (MR, Embolismus nach dem Vaterunser) [Vgl. Tit 2,13], und bitten: „Laß auch uns, wie du verheißen hast, zu Tische sitzen in deinem Reich. Dann wirst du alle Tränen trocknen. Wir werden dich, unseren Gott, schauen, wie du bist, dir ähnlich sein auf ewig und dein Lob singen ohne Ende. Darum bitten wir dich, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (MR, Drittes Hochgebet 116: Gebet für die Verstorbenen).

1405 Die Eucharistie ist das sicherste Unterpfand und das deutlichste Zeichen dafür, daß sich die große Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt [Vgl. 2 Petr 3,13,], erfüllen wird. Jedesmal, wenn dieses Mysterium gefeiert wird, „vollzieht sich das Werk unserer Erlösung“ (LG 3) und wir brechen „ein Brot ...‚ das Arznei der Unsterblichkeit ist, Gegengift, daß man nicht stirbt, sondern lebt in Jesus Christus immerdar“ (Ignatius v. Antiochien, Eph. 20,2).

Kurztexte

1406 Jesus sagt Ich bin das lebendige Brot das vom Himmel herabgekommen ist Wer von diesem Brot ißt wird in Ewigkeit leben Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt hat das ewige Leben er bleibt in mir und ich bleibe in ihm (Joh 6 51 54 56).

1407 Die Eucharistie ist die Mitte und der Hohepunkt des Lebens der Kirche In ihr nimmt Christus seine Kirche und alle seine Glieder in sein Lob und Dankopfer hinein das er am Kreuz seinem Vater ein für allemal dargebracht hat Durch dieses Opfer laßt er die Gnaden des Heils seinem Leib der Kirche zuteilwerden.

1408 Zur Eucharistiefeier gehören stets die Verkündigung des Wortes Gottes die Danksagung an Gott den Vater für alle seine Wohltaten vor allem dafür daß er uns seinen Sohn geschenkt hat die Wandlung von Brot und Wein und die Teilnahme am liturgischen Mahl durch den Empfang des Leibes und des Blutes des Herrn Diese Elemente bilden eine einzige Kulthandlung.

1409 Die Eucharistie ist die Gedachtnisfeier des Pascha Christi das heißt des Heilswerkes das durch das Leben den Tod und die Aufeistehung Christi gewirkt worden ist Dieses Werk wird in der liturgischen Handlung vergegenwärtigt.

1410 Christus selbst der ewige Hohepriester des Neuen Bundes bringt durch den Dienst der Priester das eucharistische Opfer dar Ebenso ist es Christus selbst der beim eucharistischen Opfer die Opfergabe ist Er selbst ist unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich gegenwärtig.

1411 Nur gültig geweihte Priester können der Eucharistiefeier vorstehen und Brot und Wein konsekrieren, damit diese Leib und Blut des Herrn werden.

1412 Die wesentlichen Zeichen des Sakramentes der Eucharistie sind Brot aus Weizen und Wein aus Weintrauben Auf sie wird der Segen des Heiligen Geistes herabgefleht und der Priester spricht die Konsekrationsworte die von Jesus beim Letzten Abendmahl gesprochen wurden Das ist mein Leib der für euch hingegeben wird Das ist der Kelch meines Blutes.

1413 Durch die Konsekration vollzieht sich die Wandlung [Transsubstantiation] von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi Unter den konsekrierten Gestalten von Brot und Wein ist Christus selbst als Lebendiger und Verheirlichter wirklich tatsächlich und substantiell gegenwärtig mit seinem Leib seinem Blut seiner Seele und seiner göttlichen Natur‘.

1414 Als Opfer wird die Eucharistie auch zur Vergebung der Sünden der Lebenden und der Toten dargebracht und um von Gott geistliche und zeitliche Wohltaten zu erlangen.

1415 Wer Christus in der eucharistischen Kommunion empfangen will muß im Stande der Gnade sein Falls jemand sich bewußt ist daß er eine Todsünde begangen hat darf er die Eucharistie nicht empfangen ohne vor her im Bußsakrament die Lossprechung empfangen zu haben.

1416 Der Empfang des heiligen Leibes und Blutes Christi laßt die Vereinigung des Kommunizierenden mit dem Herrn großer werden vergibt ihm die läßlichen Sünden und bewahrt ihn vor schweren Sunden Weil die Bande der Liebe zwischen dem Kommunizierenden und Christus verstärkt werden festigt der Empfang dieses Sakramentes die Einheit der Kirche des [Vgl. K. v. Trient: DS 1640; 1651,] mystischen Leibes Christi.

1417 Die Kirche empfiehlt den Gläubigen nachdrücklich, die heilige Kommunion zu empfangen, wenn sie an der Eucharistiefeier teilnehmen; sie verpflichtet sie, das wenigstens einmal im Jahr zu tun.

1418 Weil im Altarsakrament Christus selbst gegenwärtig ist, ist es in Anbetung zu verehren. „Der Besuch des Allerheiligsten ist ein Beweis von Dankbarkeit ein Zeichen von Liebe und eine Erfüllung der Pflicht, Christus unseren Herrn anzubeten“ (MF).

1419 Weil Christus von dieser Welt zum Vater gegangen ist, gibt er uns in der Eucharistie das Unterpfand seiner kommenden Herrlichkeit. Die Teilnahme am heiligen Opfer macht unser Herz seinem Herzen gleich, unterstützt unsere Kräfte auf dem Pilgerweg dieses Lebens, laßt uns das ewige Leben ersehnen und vereint uns schon jetzt mit der Kirche des Himmels, mit der heiligen Jungfrau Maria und mit allen Heiligen.


ZWEITES KAPITEL

DIE SAKRAMENTE DER HEILUNG

1420 Durch die Sakramente der christlichen Initiation erhält der Mensch das neue Leben in Christus. Nun aber tragen wir dieses Leben „in zerbrechlichen Gefäßen“ (2 Kor 4,7). Jetzt ist es noch „mit Christus verborgen in Gott“ (Kol 3,3). Wir leben noch in unserem „irdischen Zelt“ (2 Kor 5,1) und sind dem Leiden, der Krankheit und dem Tod unterworfen. So kann auch das neue Leben als Kind Gottes geschwächt und durch die Sünde sogar verloren werden.

1421 Der Herr Jesus Christus, der Arzt unserer Seelen und unserer Leiber, der dem Gelähmten die Sünden vergeben und ihm wieder die Gesundheit geschenkt hat [Vgl. Mk 2,1–12], will, daß seine Kirche in der Kraft des Heiligen Geistes sein Heilungs- und Heilswerk fortsetzt. Dessen bedürfen auch ihre eigenen Glieder. Dazu sind die beiden Sakramente der Heilung da: das Bußsakrament und die Krankensalbung.


ARTIKEL 4 DAS SAKRAMENT DER BUSSE UND DER VERSÖHNUNG

1422 „Die zum Sakrament der Buße hinzutreten, erlangen für die Gott zugefügte Beleidigung von seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit der Kirche wieder versöhnt, die sie durch ihr Sündigen verwundet haben und die zu ihrer Bekehrung durch Liebe, Beispiel und Gebete mitwirkt“ (LG 11).

I Wie wird dieses Sakrament genannt?

1423 Man nennt es Sakrament der Umkehr, denn es vollzieht sakramental die Umkehr, zu der Jesus aufruft [Vgl. Mk 1,15], den Schritt der Rückkehr zum Vater [Vgl. Lk 15,18.], von dem man sich durch die Sünde entfernt hat.

Man nennt es Sakrament der Buße, weil es einen persönlichen und kirchlichen Schritt der Umkehr, der Reue und Genugtuung des sündigen Christen darstellt.

1424 Man nennt es Sakrament der Beichte, denn das Geständnis, das Bekenntnis der Sünden vor dem Priester, ist ein wesentliches Element dieses Sakramentes. Dieses Sakrament ist auch ein Bekenntnis im Sinn der Anerkennung und des Lobpreises der Heiligkeit Gottes und seines Erbarmens gegenüber dem sündigen Menschen.

Man nennt es Sakrament der Vergebung, denn durch die sakramentale Lossprechung des Priesters gewährt Gott dem Beichtenden „Verzeihung und Frieden“ (OP, Absolutionsformel).

Man nennt es Sakrament der Versöhnung, denn es schenkt dem Sünder die versöhnende Liebe Gottes: „Laßt euch mit Gott versöhnen !“ (2 Kor 5,20). Wer aus der barmherzigen Liebe Gottes lebt, ist bereit, dem Ruf des Herrn zu entsprechen: „Geh und versöhne dich zuerst mit deinem

Bruder!“ (Mt 5,24).

II Wozu ein Sakrament der Versöhnung nach der Taufe?

1425 „Ihr seid reingewaschen, seid geheiligt, seid gerecht geworden im Namen Jesu Christi, des Herrn, und im Geist unseres Gottes“ (1 Kor 6,11). Man muß sich bewußt sein, wie groß die Gabe Gottes ist, die uns in den Sakramenten der christlichen Initiation geschenkt wird, um zu erfassen, wie sehr für den, der „Christus [als Gewand] angelegt“ hat (Gal 3,27), die Sünde ausgeschlossen ist. Aber der Apostel Johannes sagt: „Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1 Joh 1,8). Und der Herr selbst lehrte uns beten: „Vergib uns unsere Sünden!“ (Lk 11,4). Dabei verband er die gegenseitige Vergebung unserer Beleidigungen mit der Vergebung, die Gott unseren Sünden gewähren wird.

1426 Die Umkehr zu Christus, die Wiedergeburt aus der Taufe, die Gabe des Heiligen Geistes, der Empfang des Leibes und des Blutes Christi als Nahrung haben uns „heilig und untadelig ... vor Gott“ (Eph 1,4) gemacht, so wie die Kirche selbst, die Braut Christi, „heilig“ und „makellos“ ist (Eph 5,27). Das in der christlichen Initiation erhaltene neue Leben hat jedoch die Gebrechlichkeit und Schwäche der menschlichen Natur nicht behoben und auch nicht die Neigung zur Sünde, die sogenannte „Konkupiszenz“. Diese verbleibt in den Getauften, damit sie sich mit Hilfe der Gnade Christi im Kampf des christlichen Lebens bewähren [Vgl. DS 1515] In diesem Kampf geht es darum, zur Heiligkeit und zum ewigen Leben umzukehren, zu denen der Herr uns beständig ruft [Vgl. DS 1545; LG 40].

III Die Umkehr der Getauften

1427 Jesus ruft zur Umkehr auf. Dieser Ruf ist ein wesentlicher Teil der Verkündigung des Gottesreiches: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15). In der Verkündigung der Kirche richtet sich dieser Ruf zunächst an die, welche Christus und sein Evangelium noch nicht kennen. Der Ort der ersten, grundlegenden Umkehr ist vor allem die Taufe. Durch den Glauben an die Frohbotschaft und durch die Taufe [Vgl. Apg 2,38] widersagt man dem Bösen und erlangt das Heil, welches die Vergebung aller Sünden und das Geschenk des neuen Lebens ist.

1428 Der Ruf Christi zur Umkehr ergeht auch weiterhin im Leben der Christen. Die zweite Umkehr ist eine fortwährende Aufgabe für die ganze Kirche; diese „umfaßt ... in ihrem eigenen Schoß Sünder“ und ist somit „zugleich heilig und stets reinigungsbedürftig und geht so immerfort den Weg der Buße und Erneuerung“ (LG 8). Das Streben nach Umkehr ist nicht nur eine Tat des Menschen. Sie ist die Regung eines „zerknirschten ... Herzens“ (Ps 51,19), das durch die Gnade dazu gebracht und bewegt wird [Vgl. Joh 6,44; 12,32], der barmherzigen Liebe Gottes, der uns zuerst geliebt hat [Vgl. 1 Joh 4,10], zu entsprechen.

1429 Davon zeugt die Bekehrung des Petrus nach der dreifachen Verleugnung seines Meisters. Der erbarmungsvolle Blick Jesu ruft Tränen der Reue hervor [Vgl. 1 Joh 4,10] und nach der Auferstehung des Herrn das dreifache Ja des Petrus auf die Frage Jesu, ob er ihn liebe [Vgl. Joh 21,15–17]. Die zweite Umkehr weist auch eine gemeinschaftliche Dimension auf. Diese zeigt sich in der durch Jesus an eine ganze Kirche gerichteten Aufforderung: „Kehr um!“ (Offb 2,5.16).

Der hl. Ambrosius sagt von den zwei Arten der Umkehr, in der Kirche gebe es„das Wasser und die Tränen: das Wasser der Taufe und die Tränen der Buße“(ep. 41,12).

IV Die innere Buße

1430 Wie schon die Aufforderung der Propheten zielt auch der Ruf Jesu zu Umkehr und Buße zunächst nicht auf äußere Werke, „Sack und Asche“, Fasten und Abtötungen, sondern auf die Bekehrung des Herzens, die innere Buße. Ohne sie bleiben Bußwerke unfruchtbar und unehrlich. Die innere Umkehr drängt jedoch dazu, diese Haltung in sichtbaren Zeichen, in Handlungen und Werken der Buße [Vgl. Joël 2,12–13; Jes 1,16–17; Mt 6,1–6.16–18] zum Ausdruck zu bringen.

1431 Innere Buße ist radikale Neuausrichtung des ganzen Lebens, Rückkehr, Umkehr zu Gott aus ganzem Herzen, Verzicht auf Sünde, Abwendung vom Bösen, verbunden mit einer Abneigung gegen die bösen Taten, die wir begangen haben. Gleichzeitig bringt sie das Verlangen und den Entschluß mit sich, das Leben zu ändern, sowie die Hoffnung auf das göttliche Erbarmen und das Vertrauen auf seine Gnadenhilfe. Diese Umkehr des Herzens ist von heilsamem Schmerz und heilender Traurigkeit begleitet, die die Kirchenväter „animi cruciatus“ [Seelenschmerz], „compunctio cordis“ [Herzensreue] nannten [Vgl. K. v. Trient: DS 1676–1678; 1705; Catech. R. 2,5,4].

1432 Das Herz des Menschen ist schwerfällig und verhärtet. Gott muß dem Menschen ein neues Herz geben [Vgl. Ez 36,26–27]. Die Umkehr ist zunächst Werk der Gnade Gottes, der unsere Herzen zu sich heimkehren läßt: „Kehre uns, Herr, dir zu, dann können wir uns zu dir bekehren“ (Klgl 5,21). Gott gibt uns die Kraft zu einem Neubeginn. Wenn unser Herz die Größe und Liebe Gottes entdeckt, wird es von Abscheu vor der Sünde und von ihrer Last erschüttert. Es beginnt davor zurückzuschrecken, Gott durch die Sünde zu beleidigen und so von ihm getrennt zu werden. Das Menschenherz bekehrt sich, wenn es auf den schaut, den unsere Sünden durchbohrt haben [Vgl. Joh 19,37; Sach 12,10].

„Blicken wir hin auf das Blut Christi und erkennen wir, wie wertvoll es seinem Vater ist; denn um unseres Heiles willen vergossen, brachte es der ganzen Welt die Gnade der Buße“ (Klemens v. Rom, Kor. 7,4).

1433 Seit Ostern „überführt“ der Heilige Geist die Welt „der Sünde“ (Joh 16,8–9), das heißt er deckt auf, daß die Welt nicht an den glaubte, den der Vater gesandt hat. Der gleiche Geist, der die Sünde entlarvt, ist aber auch der Beistand [Vgl. Joh 15,26], der dem Herzen des Menschen die Gnade der Reue und der Umkehr schenkt [Vgl. Apg 2,36–38; DeV 27–48].

V Die vielfältigen Formen der Buße im christlichen Leben

1434 Die innere Buße des Christen kann in sehr verschiedener Weise Ausdruck finden. Die Schrift und die Väter sprechen hauptsächlich von drei Formen: Fasten, Beten und Almosengeben [Vgl. Tob 12,8; Mt 6,1–18.] als Äußerungen der Buße gegenüber sich selbst, gegenüber Gott und gegenüber den Mitmenschen. Neben der durchgreifenden Läuterung, die durch die Taufe oder das Martyrium bewirkt wird, nennen sie als Mittel, um Vergebung der Sünden zu erlangen, die Bemühungen, sich mit seinem Nächsten zu versöhnen, die Tränen der Buße, die Sorge um das Heil des Nächsten‘, die Fürbitte der Heiligen und die tätige Nächstenliebe – „denn die Liebe deckt viele Sünden zu“ (1 Petr 4, 8).

1435 Bekehrung geschieht im täglichen Leben durch Taten der Versöhnung, durch Sorge für die Armen, durch Ausübung und Verteidigung der Gerechtigkeit und des Rechts [Vgl. Jak 5,20], durch Geständnis der eigenen Fehler, durch die brüderliche Zurechtweisung, die Überprüfung des eigenen Lebenswandels, die Gewissenserforschung, die Seelenführung, die Annahme der Leiden und das Ausharren in der Verfolgung um der Gerechtigkeit willen. Jeden Tag sein Kreuz auf sich nehmen und Christus nachgehen ist der sicherste Weg der Buße [Vgl. Am 5,24; Jes 1,17].

1436 Eucharistie und Buße. Die tägliche Umkehr und Buße finden ihre Quelle und Nahrung in der Eucharistie, denn in ihr wird das Opfer Christi gegenwärtig, das uns mit Gott versöhnt hat. Durch sie wird genährt und gestärkt, wer aus dem Leben Christi lebt. Sie ist das „Gegenmittel, durch das wir von der täglichen Schuld befreit und vor Todsünden bewahrt werden sollen“ (K. v. Trient: DS 1638).

1437 Die Lesung der Heiligen Schrift, das Beten des Vaterunsers und des Stundengebetes, jeder aufrichtige Akt der Gottesverehrung und der Frömmigkeit belebt in uns den Geist der Umkehr und der Buße und trägt zur Vergebung unserer Sünden bei.

1438 Die Bußzeiten und -tage im Laufe des Kirchenjahres (die Fastenzeit, jeder Freitag zum Gedächtnis des Todes des Herrn) sind prägende Zeiten im Bußleben der Kirche [Vgl. Lk 9,23]. Diese Zeiten eignen sich ganz besonders zu Exerzitien, Bußliturgien und Bußwallfahrten, zu freiwilligen Verzichten etwa durch Fasten und Almosengeben, und zum Teilen mit den Mitmenschen (karitative und missionarische Werke).

1439 Der Weg der Umkehr und der Buße wurde von Jesus eindrucksvoll geschildert im Gleichnis vom „verlorenen Sohn“, dessen Mitte „der barmherzige Vater“ ist [Vgl. SC 109–110; CIC, cann. 1249–1253; CCEO, cann. 880–883. – Lk 15 ‚11–24]: die Verlockung einer illusorischen Freiheit, das Verlassen des Vaterhauses; das äußerste Elend, in das der Sohn gerät, nachdem er sein Vermögen verschleudert hat; die tiefe Demütigung, Schweine hüten zu müssen und, schlimmer noch, die des Verlangens, sich am Schweinefutter zu sättigen; das Nachsinnen über die verlorenen Güter; die Reue und der Entschluß, sich vor dem Vater schuldig zu bekennen; der Rückweg; die großherzige Aufnahme durch den Vater; die Freude des Vaters: das alles sind Züge des Bekehrungsvorgangs. Das schöne Gewand, der Ring und das Festmahl sind Sinnbilder des reinen, würdigen und freudvollen neuen Lebens, des Lebens des Menschen, der zu Gott und in den Schoß seiner Familie, der Kirche, heimkehrt. Einzig das Herz Christi, das die Tiefen der Liebe seines Vaters kennt, konnte uns den Abgrund seiner Barmherzigkeit auf eine so einfache und schöne Weise schildern.

VI Das Sakrament der Buße und der Versöhnung

1440 Die Sünde ist vor allem Beleidigung Gottes und Bruch der Gemeinschaft mit ihm. Gleichzeitig beeinträchtigt sie die Gemeinschaft mit der Kirche. Darum führt die Bekehrung zugleich die Vergebung Gottes und die Versöhnung mit der Kirche herbei. Das Sakrament der Buße und der Versöhnung bringt das liturgisch zum Ausdruck und bewirkt es [Vgl. LG 11].

Gott allein vergibt die Sünde

1441 Gott allein kann Sünden vergeben [Vgl. Mk 2,7]. Weil Jesus der Sohn Gottes ist, sagt er von sich, „daß der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben“ (Mk 2,10). Er übt diese göttliche Vollmacht aus:

„Deine Sünden sind dir vergeben!“ (Mk 2,5; Lk 7,48). Mehr noch: kraft seiner göttlichen Autorität gibt er Menschen diese Vollmacht [Vgl. Joh 20, 21–23], damit sie diese in seinem Namen ausüben.

1442 Christus hat gewollt, daß seine Kirche als ganze in ihrem Gebet, ihrem Leben und Handeln Zeichen und Werkzeug der Vergebung und Versöhnung sei, die er uns um den Preis seines Blutes erworben hat. Er hat jedoch die Ausübung der Absolutionsgewalt dem apostolischen Amt anvertraut. Dieses ist mit dem „Dienst der Versöhnung“ (2 Kor 5,18) beauftragt. Der Apostel ist „an Christi Statt“ gesandt; durch ihn ermahnt und bittet Gott selbst: „Laßt euch mit Gott versöhnen!“ (2 Kor 5,20).

Versöhnung mit der Kirche

1443 Während seines öffentlichen Lebens vergab Jesus nicht nur Sünden, sondern zeigte auch die Wirkung der Vergebung: Er gliederte die Sünder, denen er verziehen hatte, wieder in die Gemeinschaft des Gottesvolkes ein, aus der die Sünde sie entfernt oder sogar ausgeschlossen hatte. Ein offensichtliches Zeichen dafür ist es, daß Jesus Sünder an seinen Tisch lädt, ja daß er sich selbst an ihren Tisch setzt – eine Handlung, die auf ergreifende Weise zugleich die Vergebung durch Gott [Vgl. Lk 15] und die Rückkehr in den Schoß des Volkes Gottes [Vgl. Lk 19,9.]zum Ausdruck bringt.

1444 Indem der Herr den Aposteln seine eigene Vollmacht, Sünden zu vergeben, mitteilt, gibt er ihnen auch die Autorität, die Sünder mit der Kirche zu versöhnen. Dieser kirchliche Aspekt ihrer Aufgabe äußert sich vor allem im feierlichen Wort Christi an Simon Petrus: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,19). Es steht „fest, daß jenes Amt des Bindens und Lösens, das Petrus gegeben wurde, auch dem mit seinem Haupt verbundenen Apostelkollegium zugeteilt worden ist [Vgl. Mt 18,18; 28, 16–20]“ (LG 22).

1445 Die Worte binden und lösen besagen: Wen ihr aus eurer Gemeinschaft ausschließen werdet, wird Gott auch aus der Gemeinschaft mit sich ausschließen; wen ihr von neuem in eure Gemeinschaft aufnehmen werdet, wird auch Gott wieder in die Gemeinschaft mit sich aufnehmen. Die Versöhnung mit der Kirche läßt sich von der Versöhnung mit Gott nicht trennen.

Das Sakrament der Vergebung

1446 Christus hat das Bußsakrament für alle sündigen Glieder seiner Kirche eingesetzt, vor allem für jene, die nach der Taufe in schwere Sünde gefallen sind und so die Taufgnade verloren und die kirchliche Gemeinschaft verletzt haben. Ihnen bietet das Sakrament der Buße eine neue Möglichkeit, sich zu bekehren und die Gnade der Rechtfertigung wiederzuerlangen. Die Kirchenväter stellen dieses Sakrament dar als „die zweite [Rettungs]planke nach dem Schiffbruch des Verlusts der Gnade“ (Tertullian, pæn. 4,2) [Vgl. K. v. Trient: DS 1542].

1447 Im Lauf der Jahrhunderte hat die konkrete Form, in der die Kirche diese vom Herrn erhaltene Vollmacht ausübt, starke Veränderungen durchlaufen. Während der ersten Jahrhunderte war die Versöhnung der Christen, die nach ihrer Taufe ganz besonders schwere Sünden begangen hatten (etwa Götzendienst, Mord und Ehebruch), an eine sehr strenge Disziplin gebunden: Die Pönitenten mußten für ihre Sünden oft jahrelang öffentlich Buße tun, bevor sie Vergebung erhielten. Zu diesem „Stand der Büßer“ (der nur zur Buße für gewisse schwere Sünden da war) wurde man nur selten, in gewissen Regionen sogar nur einmal im Leben zugelassen. Von der monastischen Tradition des Ostens angeregt, brachten während des 7. Jahrhunderts irische Missionare die Praxis der „Privatbuße“ nach Kontinentaleuropa. Diese verlangt keine langen öffentlichen Bußleistungen, bevor man die Versöhnung mit der Kirche erlangt. Das Sakrament vollzieht sich nun auf geheimere Weise zwischen dem Pönitenten und dem Priester. Diese neue Praxis sah die Möglichkeit der Wiederholung vor und führte so zu einem regelmäßigen Empfang des Bußsakramentes. Sie ermöglichte, die Vergebung schwerer und läßlicher Sünden in einer einzigen Feier vorzunehmen. Das ist in großen Linien die Form der Buße, die Kirche bis heute anwendet.

1448 Trotz allen Veränderungen, welchen die Ordnung und die Feier dieses Sakramentes im Laufe der Jahrhunderte unterworfen waren, erkennt man die gleiche Grundstruktur. Sie enthält zwei Elemente, die gleichermaßen wesentlich sind: einerseits das Handeln des Menschen, der sich unter dem Walten des Heiligen Geistes bekehrt, nämlich Reue, Bekenntnis und Genugtuung; andererseits das Handeln Gottes durch den Dienst der Kirche. Die Kirche, die durch den Bischof und seine Priester im Namen Jesu Christi die Sündenvergebung schenkt und die Art und Weise der Genugtuung bestimmt, betet zudem für den Sünder und leistet mit ihm Buße. So wird der Sünder geheilt und wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen.

1449 Die Absolutionsformel, die in der lateinischen Kirche verwendet wird, bringt die wesentlichen Elemente dieses Sakramentes zum Ausdruck: Der Vater des Erbarmens ist der Ursprung aller Vergebung. Er wirkt die Versöhnung der Sünder kraft des Pascha seines Sohnes und der Gabe seines Geistes durch das Gebet und den Dienst der Kirche:

„Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

VII Die Akte des Pönitenten

1450 „Die Buße treibt den Sünder dazu an, alles willig auf sich zu nehmen:

in seinem Herzen ist Reue, im Munde das Bekenntnis, im Tun ganze Demut oder fruchtbringende Genugtuung“ (Cat. R. 2, 5, 21)1.

Die Reue

1451 Unter den Akten des Pönitenten steht die Reue an erster Stelle. Sie ist „der Seelenschmerz und der Abscheu über die begangene Sünde, verbunden mit dem Vorsatz, fortan nicht zu sündigen“ (K. v. Trient: DS 1676).

1452 Wenn die Reue aus der Liebe zu Gott, der über alles geliebt wird, hervorgeht, wird sie „vollkommene“ oder „Liebesreue“ [contritio] genannt. Eine solche Reue läßt die läßlichen Sünden nach; sie erlangt auch die Vergebung der Todsünden, wenn sie mit dem festen Entschluß verbunden ist, sobald als möglich das sakramentale Bekenntnis nachzuholen [Vgl. K. v. Trient: DS 1677]

1453 Die sogenannte „unvollkommene Reue“ [attritio] ist ebenfalls ein Geschenk Gottes, ein Anstoß des Heiligen Geistes. Sie erwächst aus der Betrachtung der Abscheulichkeit der Sünde oder aus der Furcht vor der ewigen Verdammnis und weiteren Strafen, die dem Sünder drohen [Furchtreue]. Eine solche Erschütterung des Gewissens kann eine innere Entwicklung einleiten, die unter dem Wirken der Gnade durch die sakramentale Lossprechung vollendet wird. Die unvollkommene Reue allein erlangt noch nicht die Vergebung der schweren Sünden; sie disponiert jedoch dazu, sie im Bußsakrament zu erlangen [Vgl. K. v. Trient: DS 1678; 1705].

1454 Es ist angemessen, sich durch eine Gewissenserforschung im Licht des Wortes Gottes auf den Empfang des Bußsakramentes vorzubereiten. Die passendsten Texte finden sich in den sittlichen Weisungen der Evangelien und der Apostelbriefe: in der Bergpredigt und den Mahnungen der Apostel [Vgl. z. B. Röm 12-15;Kor 12–13; Gal 5; Eph 4–6].

Das Bekenntnis der Sünden

1455 Schon rein menschlich gesehen befreit uns das Bekenntnis oder Geständnis der Sünden und erleichtert unsere Versöhnung mit den anderen. Durch das Geständnis stellt sich der Mensch den Sünden, die er sich zuschulden kommen ließ; er übernimmt die Verantwortung dafür und öffnet sich dadurch Gott und der Gemeinschaft der Kirche von neuem, um so eine neue Zukunft zu ermöglichen.

1456 Das Geständnis vor dem Priester bildet einen wesentlichen Teil des Bußsakramentes: „Von den Büßenden [müssen] alle Todsünden, derer sie sich nach gewissenhafter Selbsterforschung bewußt sind, im Bekenntnis aufgeführt werden ...‚ auch wenn sie ganz im Verborgenen und nur gegen die zwei letzten Vorschriften der Zehn Gebote begangen wurden [Vgl. Ex 20,17; Dtn 5,21; Mt 5,28.]; manchmal verwunden diese die Seele schwerer und sind gefährlicher als die, welche ganz offen begangen werden“ (K. v. Trient: DS 1680).

„Indem die Christgläubigen also alle Sünden, die [ihnen] ins Gedächtnis kommen, zu bekennen trachten, legen sie zweifellos alle der göttlichen Barmherzigkeit vor, damit sie verziehen werden. Wer aber anders handelt und wissentlich etwas zurückhält, legt der göttlichen Güte nichts zur Vergebung durch den Priester vor. ‚Wenn sich nämlich der Kranke schämt, dem Arzt seine Wunde zu entblößen, so heut die Arznei nicht, was sie nicht kennt‘ (Hieronymus, Eccl. 10,11)“ (K. v. Trient: DS 1680).

1457 Es ist Vorschrift der Kirche, daß jeder Gläubige nach Erreichen des Unterscheidungsalters die schweren Sünden, deren er sich bewußt ist, wenigstens einmal im Jahr beichtet [Vgl. CIC, can. 989; DS 1683; 1708]. Wer sich bewußt ist, eine Todsünde begangen zu haben, darf selbst dann, wenn er tiefe Reue empfindet, die heilige Kommunion nicht empfangen, bevor er die sakramentale Absolution erhalten hat [Vgl. K. v. Trient: DS 1647; 1661], außer wenn ein schwerer Grund vorliegt zu kommunizieren, und es ihm nicht möglich ist zu beichten [Vgl. CIC, can. 916; CCEO, can. 711]. Die Kinder müssen, bevor sie zum ersten Mal die heilige Kommunion empfangen, zur Beichte gehen [Vgl. CIC, can. 914].

1458 Das Bekenntnis der alltäglichen Fehler, der läßlichen Sünden, ist genaugenommen nicht notwendig, wird aber von der Kirche nachdrücklich empfohlen [Vgl. K. v. Trient: DS 1680; CIC, can. 988, § 2]. Das regelmäßige Bekenntnis unserer läßlichen Sünden ist für uns eine Hilfe, unser Gewissen zu bilden, gegen unsere bösen Neigungen anzukämpfen, uns von Christus heilen zu lassen und im geistigen Leben zu wachsen. Wenn wir in diesem Sakrament öfter das Geschenk der Barmherzigkeit Gottes empfangen, wird es uns drängen, selbst barmherzig zu sein wie er [Vgl. Lk6,36.].

„Wer seine Sünden bekennt, wirkt schon mit Gott zusammen. Gott klagt deine Sünden an; wenn auch du sie anklagst, schließt du dich Gott an. Der Mensch und der Sünder sind gewissermaßen zwei Dinge: Wenn vom Menschen die Rede ist, so hat Gott ihn gemacht; wenn vom Sünder, so hat der Mensch ihn gemacht. Zerstöre das, was du gemacht hast, damit Gott rette, was er gemacht hat ... Wenn du das, was du gemacht hast, zu verabscheuen beginnst, beginnen deine guten Werke, weil du deine schlechten Werke anklagst. Das Bekenntnis der schlechten Werke ist der Beginn deiner guten Werke. Du tust die Wahrheit und kommst ans Licht“ (Augustinus, ev. Jo. 12,13).

Die Genugtuung

1459 Viele Sünden fügen dem Nächsten Schaden zu. Man muß diesen, soweit möglich, wieder gutmachen (z. B. Gestohlenes zurückgeben, den Ruf dessen, den man verleumdet hat, wiederherstellen, für Beleidigüngen Genugtuung leisten). Allein schon die Gerechtigkeit verlangt dies. Zudem aber verwundet und schwächt die Sünde den Sünder selbst sowie dessen Beziehungen zu Gott und zum Nächsten. Die Lossprechung nimmt die Sünde weg, behebt aber nicht alles Unrecht, das durch die Sünde verursacht wurde [Vgl. K. v. Trient: DS 1712]. Nachdem der Sünder sich aus der Sünde erhoben hat, muß er noch die volle geistliche Gesundheit erlangen. Er muß noch etwas tun, um seine Sünden wiedergutzumachen: er muß auf geeignete Weise für seine Sünden „Genugtuung leisten“, sie „sühnen“. Diese Genugtuung wird auch „Buße“ genannt.

1460 Die Buße, die der Beichtvater auferlegt, soll der persönlichen Situation des Pönitenten Rechnung tragen und seinem geistlichen Wohl dienen. Sie soll soweit wie möglich der Schwere und der Natur der begangenen Sünden entsprechen. Buße kann bestehen im Gebet, in einer Gabe, in Werken der Barmherzigkeit, im Dienst am Nächsten, im freiwilligen Verzicht, im Opferbringen und vor allem in der geduldigen Annahme des Kreuzes, das wir zu tragen haben. Solche Bußwerke sind behilflich, uns Christus anzugleichen, der allein für unsere Sünden ein für allemal Sühne geleistet hat [Vgl. K. v. Trient: DS 1690]. Sie lassen uns zu Miterben des auferstandenen Christus werden, „wenn wir mit ihm leiden“ (Röm 8, 17) [Vgl. K. v. Trient: DS 1690].

„Diese Genugtuung, die wir für unsere Sünden ableisten, ist aber auch nicht so die unsrige, daß sie nicht durch Christus Jesus wäre; denn wir, die wir aus uns allein nichts vermögen, vermögen mit der Mitwirkung dessen, der uns stärkt, alles [Vgl. Phil 4,13]. So hat der Mensch nichts, dessen er sich rühmen könnte; vielmehr ist unser ganzes Rühmen in Christus ...‚ in dem wir Genugtuung leisten, indem wir ‚würdige Früchte der Buße‘ bringen (Lk 3,8; Mt 3,8), die aus ihm ihre Kraft haben, von ihm dem Vater dargebracht werden und durch ihn vom Vater angenommen werden“ (K. v. Trient: DS 1691).

VIII Der Spender des Bußsakramentes

1461 Weil Christus den Dienst der Versöhnung seinen Aposteln anvertraut hat [Vgl. Joh 20,23; 2 Kor 5,18.], üben ihre Nachfolger, die Bischöfe, und deren Mitarbeiter, die Priester, diesen Dienst weiter aus. Die Bischöfe und die Priester haben kraft des Sakramentes der Weihe die Vollmacht erhalten, „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ alle Sünden zu vergeben.

1462 Die Vergebung der Sünden versöhnt mit Gott, aber auch mit der Kirche. Der Bischof, das sichtbare Haupt der Teilkirche, gilt somit von alters her zu Recht als der, dem die Vollmacht und der Dienst der Versöhnung in erster Linie zukommen: er regelt die Bußdisziplin [Vgl. LG 26]. Seine Mitarbeiter, die Priester, üben diesen Dienst insofern aus, als sie den Auftrag dazu von ihrem Bischof (oder von einem Ordensoberen) oder vom Papst dem Kirchenrecht entsprechend [Vgl. CIC, cann. 844; 967–969; 972; CCEÖ. can. 722, §§ 3–4] erhalten haben.

1463 Bestimmte besonders schwere Sünden werden mit der Exkommunikation, der strengsten Kirchenstrafe, belegt. Sie untersagt den Empfang der Sakramente und die Ausübung bestimmter kirchlicher Handlungen. Die Lossprechung von ihr kann infolgedessen gemäß dem Kirchenrecht nur durch den Papst, den Ortsbischof oder durch einen von ihnen dazu ermächtigten Priester erteilt werden [Vgl. CIC, cann. 1331; 1354–1357; CCEO, cann. 1431; 1434; 1420]. Im Fall von Todesgefahr kann allerdings jeder Priester, selbst wenn er die Beichtvollmacht nicht besitzt, von jeder Sünde [Vgl. CIC, can. 976; CCEO, can. 725] und jeder Exkommunikation lossprechen.

1464 Die Priester sollen die Gläubigen ermutigen, das Bußsakrament zu empfangen, und ihre

Bereitschaft zeigen, dieses Sakrament zu spenden, wann immer Christen in vernünftiger Weise

darum bitten [Vgl. CIC, can. 986; CCEO, can. 735; P0 13]

1465 Wenn der Priester das Bußsakrament spendet, versieht er den Dienst des Guten Hirten, der nach dem verlorenen Schaf sucht; den des guten Samariters, der die Wunden verbindet; den des Vaters, der auf den verlorenen Sohn wartet und ihn bei dessen Rückkehr liebevoll aufnimmt; den des gerechten Richters, der ohne Ansehen der Person ein zugleich gerechtes und barmherziges Urteil fällt. Kurz, der Priester ist Zeichen und Werkzeug der barmherzigen Liebe Gottes zum Sünder.

1466 Der Beichtvater ist nicht Herr, sondern Diener der Vergebung Gottes. Der Diener dieses

Sakramentes soll sich mit der Absicht und der Liebe Christi vereinen [Vgl. P0 13]. Er muß zuverlässig wissen, wie ein Christ zu leben hat, in menschlichen Dingen Erfahrung haben und den, der gefallen ist, achten und sich ihm gegenüber feinfühlig verhalten. Er muß die Wahrheit lieben, sich an das Lehramt der Kirche halten und den Pönitenten geduldig der Heilung und vollen Reife entgegenführen. Er soll für ihn beten und Buße tun und ihn der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen.

1467 Dieser Dienst ist überaus groß. Er erfordert Achtung und Behutsamkeit gegenüber dem Beichtenden. Daher erklärt die Kirche, daß jeder Priester, der Beichte hört, unter strengsten Strafen verpflichtet ist, über die Sünden die seine Pönitenten ihm gebeichtet haben, absolutes Stillschweigen zu wahren [Vgl. CIC, can. 1388, § 1; CCEO, can. 1456]. Er darf auch nicht auf Kenntnisse Bezug nehmen, welche die Beichte ihm über das Leben der Pönitenten verschafft hat. Dieses Beichtgeheimnis, das keine Ausnahmen zuläßt, heißt „das sakramentale Siegel“, denn das, was der Pönitent dem Priester anvertraut hat, bleibt durch das Sakrament „versiegelt“.

IX Die Wirkungen des Bußsakramentes

1468 „Die ganze Wirkung der Buße besteht darin, daß sie uns Gottes Gnade wieder verleiht und uns mit ihm in inniger Freundschaft vereint“ (Catech. R. 2,5, 18). Ziel und Wirkung dieses Sakramentes ist somit die Versöhnung mit Gott Bei denen, die das Bußsakrament reuevoll und fromm empfangen, können „Friede und Heiterkeit des Gewissens, verbunden mit starker Tröstung des Geistes“ folgen (K. v. Trient: DS 1674). Das Sakrament der Versöhnung mit Gott bewirkt eine wirkliche „geistige Auferstehung“, eine Wiedereinsetzung in die Würde und in die Güter des Lebens der Kinder Gottes, deren kostbarstes die Freundschaft mit Gott ist [Vgl. Lk 15,32].

1469 Dieses Sakrament versöhnt uns auch mit der Kirche. Die Sünde beeinträchtigt oder bricht die brüderliche Gemeinschaft. Das Bußsakrament erneuert sie oder stellt sie wieder her. Es heilt denjenigen, der wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen wird, und übt auch einen belebenden Einfluß auf das Leben der Kirche aus, die unter der Sünde eines ihrer Glieder gelitten hat [Vgl. 1 Kor 12,26]. Der Sünder wird wieder in die Gemeinschaft der Heiligen aufgenommen oder in ihr gefestigt und durch den Austausch geistlicher Güter gestärkt. Dieser Austausch findet unter allen lebendigen Gliedern des Leibes Christi statt, ob sie nun noch auf der Pilgerschaft oder schon in der himmlischen Heimat sind [Vgl. LG 48–50.].

„Diese Versöhnung mit Gott hat gleichsam noch andere Arten von Versöhnung zur Folge, die noch weitere von der Sünde verursachte Risse heilen: Der Beichtende, dem verziehen wird, wird in seinem innersten Sein mit sich selbst versöhnt, wodurch er seine innerste Wahrheit wiedererlangt; er versöhnt sich mit seinen Brüdern, die von ihm irgendwie angegriffen und verletzt worden sind; er versöhnt sich mit der Kirche und der ganzen Schöpfung“ (RP 31).

1470 Wenn sich der Sünder in diesem Sakrament dem barmherzigen Urteil Gottes unterwirft, nimmt er gewissermaßen das Gericht vorweg, dem er am Ende dieses irdischen Daseins unterzogen wird. Denn jetzt und hier, in diesem Leben, wird uns die Wahl zwischen dem Leben und dem Tod angeboten, und nur auf dem Weg der Bekehrung können wir in das Himmelreich eintreten, aus dem die schwere Sünde ausschließt [Vgl. 1 Kor 5,11; Gal 5, 19–21; Offb 22,15]. Der Sünder geht vom Tod zum Leben über und „kommt nicht ins Gericht“ (Joh 5,24), indem er sich durch die Buße und den Glauben Christus zuwendet.

X Die Ablässe

1471 Die Lehre über die Ablässe und deren Anwendung in der Kirche hängen eng mit den Wirkungen des Bußsakramentes zusammen.

Was ist der Ablaß?

„Der Ablaß ist Erlaß einer zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Ihn erlangt der Christgläubige, der recht bereitet ist, unter genau bestimmten Bedingungen durch die Hilfe der Kirche, die als Dienerin der Erlösung den Schatz der Genugtuungen Christi und der Heiligen autoritativ austeilt und zuwendet.“

„Der Ablaß ist Teilablaß oder vollkommener Ablaß, je nachdem er von der zeitlichen Sündenstrafe teilweise oder ganz freimacht.“ Ablässe können den Lebenden und den Verstorbenen zugewendet werden (Paul VI., Ap. Konst. „Indulgentiarum doctrina“ normæ 1-3).

Die Sündenstrafen

1472 Um diese Lehre und Praxis der Kirche zu verstehen, müssen wir wissen, daß die Sünde eine doppelte Folge hat. Die schwere Sünde beraubt uns der Gemeinschaft mit Gott und macht uns dadurch zum ewigen Leben unfähig. Diese Beraubung heißt „die ewige Sündenstrafe“. Andererseits zieht jede Sünde, selbst eine geringfügige, eine schädliche Bindung an die Geschöpfe nach sich, was der Läuterung bedarf, sei es hier auf Erden, sei es nach dem Tod im sogenannten Purgatorium [Läuterungszustand]. Diese Läuterung befreit von dem, was man „zeitliche Sündenstrafe“ nennt. Diese beiden Strafen dürfen nicht als eine Art Rache verstanden werden, die Gott von außen her ausüben würde, sondern als etwas, das sich aus der Natur der Sünde ergibt. Eine Bekehrung, die aus glühender Liebe hervorgeht, kann zur völligen Läuterung des Sünders führen, so daß keine Sündenstrafe mehr zu verbüßen bleibt [Vgl. K. v. Trient: DS 1712–1713; 1820].

1473 Die Sündenvergebung und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott bringen den Erlaß der ewigen Sündenstrafen mit sich. Zeitliche Sündenstrafen verbleiben jedoch. Der Christ soll sich bemühen, diese zeitlichen Sündenstrafen als eine Gnade anzunehmen, indem er Leiden und Prüfungen jeder Art geduldig erträgt und, wenn die Stunde da ist, den Tod ergeben auf sich nimmt. Auch soll er bestrebt sein, durch Werke der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe sowie durch Gebet und verschiedene Bußübungen den „alten Menschen“ gänzlich abzulegen und den „neuen Menschen“ anzuziehen [Vgl. Eph 4,24].

In der Gemeinschaft der Heiligen

1474 Der Christ, der sich mit der Gnade Gottes von seiner Sünde zu läutern und sich zu heiligen sucht, steht nicht allein. „Das Leben jedes einzelnen Kindes Gottes ist in Christus und durch Christus mit dem Leben aller anderen christlichen Brüder in der übernatürlichen Einheit des mystischen Leibes Christi wie in einer mystischen Person in wunderbarem Band verbunden“ (Paul VI., Ap. Konst. „Indulgentiarum doctrina“ 5).

1475 In der Gemeinschaft der Heiligen „besteht unter den Gläubigen – seien sie bereits in der himmlischen Heimat oder sühnend im Reinigungsort oder noch auf der irdischen Wanderschaft – in der Tat ein dauerhaftes Band der Liebe und ein überreicher Austausch aller Güter“ (ebd.). In diesem wunderbaren Austausch kommt die Heiligkeit des einen den anderen zugute, und zwar mehr, als die Sünde des einen dem anderen schaden kann. So ermöglicht die Inanspruchnahme der Gemeinschaft der Heiligen dem reuigen Sünder, daß er von den Sündenstrafen früher und wirksamer geläutert wird.

1476 Diese geistlichen Güter der Gemeinschaft der Heiligen nennen wir auch den Kirchenschatz. „Er ist nicht so etwas wie eine Summe von Gütern nach Art von materiellen Reichtümern, die im Lauf der Jahrhunderte angesammelt wurden. Vielmehr besteht er in dem unendlichen und unerschöpflichen Wert, den bei Gott die Sühneleistungen und Verdienste Christi, unseres Herrn, haben, die dargebracht wurden, damit die gesamte Menschheit von der Sünde frei werde und zur Gemeinschaft mit dem Vater gelange. Der Kirchenschatz ist Christus, der Erlöser, selbst, insofern in ihm die Genugtuungen und Verdienste seines Erlösungswerkes Bestand und Geltung haben [Vgl. Hebr 7,23–25; 9,11–28.]“ (ebd.).

1477 „Außerdem gehört zu diesem Schatz auch der wahrhaft unermeßliche, unerschöpfliche und stets neue Wert, den vor Gott die Gebete und guten Werke der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen besitzen. Sie sind den Spuren Christi, des Herrn, mit seiner Gnade gefolgt, haben sich geheiligt und das vom Vater aufgetragene Werk vollendet. So haben sie ihr eigenes Heil gewirkt und dadurch auch zum Heil ihrer Brüder in der Einheit des mystischen Leibes beigetragen“ (ebd.).

Gott erläßt Sündenstrafen durch die Kirche

1478 Der Ablaß wird gewährt durch die Kirche, die kraft der ihr von Jesus Christus gewährten Binde- und Lösegewalt für den betreffenden Christen eintritt und ihm den Schatz der Verdienste Christi und der Heiligen zuwendet, damit er vom Vater der Barmherzigkeit den Erlaß der für seine Sünden geschuldeten zeitlichen Strafen erlangt. Auf diese Weise will die Kirche diesem Christen nicht nur zu Hilfe kommen, sondern ihn auch zu Werken der Frömmigkeit, der Buße und der Nächstenliebe anregen [Vgl. Paul VI., Ap. Konst. „Indulgentiarum doctrina“ 8; K. v. Trient: DS 1835].

1479 Da die verstorbenen Gläubigen, die sich auf dem Läuterungsweg befinden, ebenfalls Glieder dieser Gemeinschaft der Heiligen sind, können wir ihnen unter anderem dadurch zu Hilfe kommen, daß wir für sie Ablässe erlangen. Dadurch werden den Verstorbenen im Purgatorium für ihre Sünden geschuldete zeitliche Strafen erlassen.

XI Die Feier des Bußsakramentes

1480 Wie alle Sakramente ist die Buße eine liturgische Handlung. Die Feier besteht für gewöhnlich in folgenden Elementen: Gruß und Segen des Priesters; Lesung des Wortes Gottes, um das Gewissen zu erhellen und Reue hervorzurufen; Ermahnung zur Reue; persönliches Sündenbekenntnis vor dem Priester; Auferlegung und Annahme der Buße; Lossprechung durch den Priester; danksagender Lobpreis und Entlassung mit dem Segen des Priesters.

1481 Die byzantinische Liturgie kennt mehrere Absolutionsformeln nach Art eines Bittgebetes, die das Mysterium der Vergebung wunderbar ausdrückt, darunter die folgende: „Gott hat durch den Propheten Natan David vergeben, als dieser seine Sünden bekannt hatte, und dem Petrus, als dieser bitterlich geweint hatte, und der Dirne, als diese ihre Tränen auf seine Füße vergoß, und auch dem Pharisäer und dem verlorenen Sohn. Dieser selbe Gott vergebe durch mich Sünder Ihnen in diesem und im anderen Leben und lasse Sie vor seinem furchterregenden Gericht erscheinen, ohne Sie zu verurteilen. Er sei gepriesen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

1482 Das Bußsakrament kann auch in einer gemeinschaftlichen Feier stattfinden, in der man sich gemeinsam auf das Bekenntnis vorbereitet und zusammen für die erhaltene Vergebung dankt. Hier werden das persönliche Sündenbekenntnis und die individuelle Absolution eingegliedert in einen Wortgottesdienst mit Lesungen und Homilie, gemeinsamer Gewissenserforschung, gemeinsamer Bitte um Vergebung, gemeinsamem Beten des Vaterunsers und gemeinsamer Danksagung. Eine solche gemeinschaftliche Feier bringt den kirchlichen Charakter der Buße klarer zum Ausdruck. Wie immer es gefeiert werden mag, das Bußsakrament bleibt stets seiner Natur nach eine liturgische und somit kirchliche und öffentliche Handlung [Vgl. SC 26–27].

1483 Wenn eine schwere Notlage besteht, kann man sich mit der gemeinschaftlichen Feier der Versöhnung mit allgemeinem Sündenbekenntnis und allgemeiner Lossprechung behelfen. Eine solche schwere Notlage kann dann vorliegen, wenn unmittelbare Todesgefahr besteht und für den oder die Priester die Zeit, die Bekenntnisse der einzelnen Pönitenten zu hören, nicht ausreicht. Sie kann auch dann vorliegen, wenn unter Berücksichtigung der Zahl der Pönitenten nicht genügend Beichtväter vorhanden sind, um die Bekenntnisse der einzelnen innerhalb einer angemessenen Zeit ordnungsgemäß zu hören, so daß die Pönitenten ohne eigene Schuld gezwungen wären, die sakramentale Gnade oder die heilige Kommunion längere Zeit zu entbehren. In diesem Fall müssen die Gläubigen, damit die Absolution gültig ist, den Vorsatz haben, ihre schweren Sünden möglichst bald einzeln zu beichten [Vgl. CIC, can. 962, § 1]. Das Urteil darüber, ob die erforderlichen Voraussetzungen für eine Generalabsolution gegeben sind, steht dem Diözesanbischof zu [Vgl. CIC, can. 961, § 2]. Ein großer Andrang von Gläubigen bei großen Festen oder Wallfahrten gilt nicht als ausreichend begründete Notlage [Vgl. CIC, can. 961, § 1].

1484 „Das vollständige Sündenbekenntnis und die Lossprechung des einzelnen sind nach wie vor der einzige ordentliche Weg der Versöhnung der Gläubigen mit Gott und der Kirche, wenn ein solches Sündenbekenntnis nicht physisch oder moralisch unmöglich ist“ (OP 31). Dafür gibt es tiefe Gründe. Christus handelt in jedem Sakrament. Er wendet sich an jeden Sünder persönlich: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (Mk 2,5). Er ist der Arzt, der sich jedem Kranken einzeln zuwendet, der seiner bedarf [Vgl. Mk 2,17], um ihn zu heilen. Er richtet alle Kranken auf und gliedert sie wieder in die brüderliche Gemeinschaft ein. Das persönliche Bekenntnis ist somit die bezeichnendste Form der Versöhnung mit Gott und der Kirche.

Kurztexte

1485 Am Osterabend zeigte sich Jesus der Herr seinen Aposteln und sprach zu ihnen Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sunden vergebt dem sind sie vergeben wem ihr die Vergebung verweigert dem ist sie verweigert (Joh 20 22–23).

1486 Die Vergebung der nach der Taufe begangenen Sunden wird durch ein eigenes Sakrament gewahrt dieses heißt das Sakrament der Umkehr der Beichte der Buße oder der Versöhnung.

1487 Wer sündigt verletzt die Ehre und Liebe Gottes seine eigene Wurde als Mensch der berufen ist Kind Gottes zu sein und das geistliche Wohl der Kirche deren lebendiger Baustein jeder Christ sein soll.

1488 Im Licht des Glaubens gibt es nichts Schlimmeres als die Sunde nichts hat so arge Folgen für die Sünder selbst, für die Kirche und für die ganze Welt.

1489 Die Rückkehi zur Gemeinschaft mit Gott die durch die Sunde verloren war geht aus der Gnade Gottes hervor der voll Erbarmen um das Heil der Menschen besorgt ist Man muß dieses kostbare Geschenk für sich selbst und die anderen erbitten.

1490 Die Rückkehr zu Gott die Bekehrung und Reue genannt wird besteht im Schmerz und im Abscheu vor den begangenen Sunden sowie im festen Vorsatz zukünftig nicht mehr zu sündigen Die Bekehrung erstreckt sich also auf die Vergangenheit und auf die Zukunft sie wird von der Hoffnung auf die göttliche Barmherzigkeit genährt.

1491 Das Sakrament der Buße besteht in der Gesamtheit der drei Akte des Pönitenten und in der Lossprechung durch den Priester Die Akte des Pönitenten sind: die Reue, das Bekenntnis oder Aufdecken der Sunden vor dem Priester, und der Vorsatz Genugtuung und Werke der Sühne zu leisten.

1492 Die Reue [auch Zerknirschung genannt] muß von Beweggründen getragen sein die aus dem Glauben kommen Wenn die Reue von der Liebe zu Gott eingegeben ist wird sie vollkommen genannt wenn sie auf anderen Motiven beruht nennt man sie unvollkommen.

1493 Wer mit Gott und der Kirche versöhnt werden will muß dem Priester alle schweren Sunden beichten die er noch nicht gebeichtet hat und an die er sich nach einer .sorgfältigen Gewissenseiforschung erinnert Obwohl es an sich nicht notwendig ist laßliche Sunden zu beichten wird dies von der Kirche nachdrücklich empfohlen.

1494 Der Beichtvater erlegt dem Pönitenten auf bestimmte Taten der Genugtuung oder Buße zu leisten um den durch die Sünde angerichteten Schaden wiedergutzumachen und sich wieder die Verhaltens weisen eines Jüngers Christi anzugewöhnen.

     

  1. Nur jene Priester die von der kirchlichen Autorität die Absolutionsvollmacht erhalten haben können im Namen Christi Sunden vergeben.

     

1496 Die geistlichen Wirkungen des Bußsakramentes sind:

– Die Versöhnung mit Gott durch die der Sünder die Gnade wieder

erlangt;

– die Versöhnung mit der Kirche;

der Erlaß der ewigen Strafe der man durch Todsünden verfallt

– der wenigstens teilweise Erlaß der zeitlichen Strafen, die aus der

Sunde folgen;

– der Friede und die Ruhe des Gewissens und der geistliche Trost;

– das Wachstum der geistlichen Kraftefur den christlichen Kampf;

1497 Die individuelle vollständige Beichte der schweren Sünden und die darauf folgende Lossprechung ist das einzige ordentliche Mittel zur Versöhnung mit Gott und der Kirche.

1498 Durch die Ablasse können die Gläubigen für sich selbst und auch für die Seelen im Läuterungszustand den Erlaß der zeitlichen Strafen erlangen welche Folge der Sunden sind.


ARTIKEL 5 • DIE KRANKENSALBUNG

1499 „Durch die heilige Krankensalbung und das Gebet der Priester empfiehlt die ganze Kirche die Kranken dem leidenden und verherrlichten Herrn, daß er sie aufrichte und rette, ja sie ermahnt sie, sich aus freien Stücken mit dem Leiden und dem Tode Christi zu vereinigen und so zum Wohle des Gottesvolkes beizutragen“ (LG 11).

I Ihre Grundlagen in der Heilsökonomie

Die Krankheit im Leben des Menschen

1500 Krankheit und Leiden gehören von jeher zu den schwersten Prüfungen im Leben des Menschen. In der Krankheit erfährt der Mensch seine Ohnmacht, seine Grenzen und seine Endlichkeit. Jede Krankheit kann uns den Tod erahnen lassen.

1501 Krankheit kann zu Angst, zum Rückzug auf sich selbst, zuweilen sogar zu Verzweiflung und zu Auflehnung gegen Gott führen. Sie kann aber auch den Menschen reifer machen, ihm den Blick dafür öffnen, was in seinem Leben unwesentlich ist, so daß er sich dem Wesentlichen zuwendet. Sehr oft führt Krankheit zur Suche nach Gott, zur Rückkehr zu ihm.

Der Kranke vor Gott

1502 Der Mensch des Alten Testamentes erlebt die Krankheit im Blick auf Gott. Er klagt vor Gott über seine Krankheit [Vgl. Ps 38], und erfleht von ihm, dem Herrn über Leben und Tod, Heilung [Vgl. Ps 6,3; Jes 38]. Die Krankheit wird zum Weg der Bekehrung [Vgl. Ps 38,5; 39,9.12], und mit der Vergebung durch Gott setzt die Heilung ein. Das Volk Israel erlebt, daß die Krankheit auf geheimnisvolle Weise mit der Sünde und dem Bösen zusammenhängt, und daß die Treue zu Gott, seinem Gesetz gemäß, das Leben zurückgibt: „denn ich bin der Herr, dein Arzt“ (Ex 15,26). Der Prophet Jesaja sieht voraus, daß das Leiden auch den Sinn einer Sühne für die Sünden anderer haben kann [Vgl. Ps 32,5; 107, 20; Mk 2,5–12]. Er kündigt an, daß Gott für Zion eine Zeit herbeiführen wird, in der er jedes Vergehen vergeben und jede Krankheit heilen wird [Vgl. Jes 33,24].

Christus als Arzt

1503 Das Mitleid Christi mit den Kranken und seine Heilungen von Krankheiten jeder Art [Vgl. Mt4,24.] sind ein offensichtliches Zeichen dafür, daß „Gott ... sich seines Volkes angenommen“ hat (Lk 7,16) und daß das Reich Gottes ganz nahe ist. Jesus hat die Macht, nicht nur zu heilen, sondern auch Sünden zu vergeben [Vgl. Mk 2,5–12]. Er ist gekommen, den ganzen Menschen – Seele und Leib – zu heilen. Er ist der Arzt, den die Kranken nötig haben [Vgl. Mk 2,17]. Sein Mitleid mit allen Leidenden geht so weit, daß er sich mit ihnen identifiziert: „Ich war krank, und ihr habt mich besucht“ (Mt 25,36). Seine besondere Liebe zu den Kranken bewog die Christen, durch alle Jahrhunderte sich all derer anzunehmen, die körperlich oder seelisch leiden. Sie spornte zu unermüdlichen Anstrengungen an, deren Los zu erleichtern.

1504 Oft verlangt Jesus von den Kranken, daß sie glauben [Vgl. Mk 5,34. 36; 9,23]. Er verwendet Zeichen, um zu heilen: Speichel und Handauflegung [Vgl. Mk 7,32–36; 8,22–25.], Teig aus Erde und Waschung [Vgl. Joh 9,6–7]. Die Kranken suchen, ihn zu berühren [Vgl. Mk 1,41; 3,10; 6,56], „denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte“ (Lk 6,19). In den Sakramenten fährt Christus fort, uns zu „berühren“, um uns zu heilen.

1505 Über so viele Leiden erschüttert, läßt sich Jesus von den Kranken nicht nur berühren, sondern macht sich ihre Nöte zu eigen: „Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen“ (Mt 8, 17)3. Er heilte aber nicht alle Kranken. Seine Heilungen waren Zeichen für das Kommen des Gottesreiches. Sie kündigten eine viel tiefer greifende Heilung an: den Sieg über Sünde und Tod durch sein Pascha. Auf dem Kreuz nahm Christus die ganze Last des Bösen auf sich. [Vgl. Jes 53,4] Er nahm „die Sünde der Welt“ hinweg (Joh 1,29), von der Krankheit eine Folge ist. Durch sein Leiden und seinen Tod am Kreuz hat Christus dem Leiden einen neuen Sinn gegeben: es kann uns nun ihm gleichgestalten und uns mit seinem erlösenden Leiden vereinen.

„Heilt die Kranken ... !“

1506 Christus fordert seine Jünger auf, ihm nachzufolgen und ihr Kreuz auf sich zu nehmen [Vgl. Mt 10,38]. In seiner Nachfolge gewannen sie einen neuen Blick für die Krankheit und die Kranken. Jesus nimmt sie in sein eigenes armes, dienendes Leben hinein. Er läßt sie an seinem Dienst des Mitleidens und des Heilens teilhaben. „Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie“ (Mk 6, 12–13).

1507 Der auferstandene Herr wiederholt diese Sendung (,‚In meinem Namen werden ... die Kranken, denen sie die Hände auflegen, ... gesund werden“: Mk 16, 17–18) und bekräftigt sie durch die Zeichen, welche die Kirche wirkt, wenn sie seinen Namen anruft [Vgl. Apg 9,34; 14,3]. Diese Zeichen erweisen auf besondere Weise, daß Jesus wirklich der „erlösende Gott“ ist [Vgl. Mt 1,21; Apg 4, 12].

1508 Der Heilige Geist schenkt einzelnen Menschen ein besonderes Heilungscharisma [Vgl. 1 Kor 12,9. 28. 30.], um zu zeigen, wie wirkkräftig die Gnade des Auferstandenen ist. Selbst intensivste Gebete erlangen jedoch nicht die Heilung aller Krankheiten. So muß der hl. Paulus vom Herrn vernehmen: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit“ (2 Kor 12,9). Die zu erduldenden Leiden können folgenden Sinn haben: „Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt“ (Kol 1,24).

1509 „Heilt Kranke !“ (Mt 10,8). Diesen Auftrag hat die Kirche vom Herrn empfangen und sucht ihn auszuführen, indem sie die Kranken pflegt und sie mit ihrer Fürbitte begleitet. Sie glaubt an die belebende Gegenwart Christi, des Arztes der Seele und des Leibes. Diese wirkt vor allem durch die Sakramente und ganz besonders durch die Eucharistie, das Brot, welches das ewige Leben gibt [Vgl. Job 6, 54. 58]. Der hl. Paulus deutet an, daß die Eucharistie auch mit der leiblichen Gesundheit in Beziehung steht [Vgl. 1 Kor 11,30].

1510 Die apostolische Kirche kennt einen eigenen Ritus für die Kranken. Er wird vom hl. Jakobus bezeugt: „Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Presbyter der Kirche zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben“ (Jak 5, 14–15). Die Überlieferung hat in diesem Ritus eines der sieben Sakramente der Kirche erkannt [Vgl. DS 216; 1324–1325; 1695–1696; 1716–1717].

Ein Sakrament für die Kranken

1511 Die Kirche glaubt und bekennt, daß unter den sieben Sakramenten eines ganz besonders dazu bestimmt ist, die durch Krankheit Geprüften zu stärken: die Krankensalbung.

„Diese heilige Salbung der Kranken wurde von Christus, unserem Herrn, als wahrhaftes und eigentliches Sakrament des Neuen Testamentes eingesetzt, und zwar bei Markus angedeutet [Vgl. Mk 6,13], durch Jakobus aber, den Apostel und Bruder des Herrn, den Gläubigen empfohlen und verkündet [Vgl. Jak 5,14–15]“ (K. v. Trient: DS 1695).

1512 In der liturgischen Überlieferung des Ostens wie des Westens werden seit dem Altertum Zeugnisse für Krankensalbungen mit geweihtem Öl bezeugt. Im Lauf der Jahrhunderte wurde die Krankensalbung mehr und mehr nur noch Sterbenden gespendet, so daß sie dann als „Letzte Ölung“ bezeichnet wurde. Ungeachtet dieser Entwicklung unterließ es die Kirche nie, zum Herrn zu beten, daß der Kranke wieder gesund werde, wenn das seinem Heil förderlich sei [Vgl. DS 1696].

1513 Die Apostolische Konstitution „Sacram unctionem infirmorum“ vom 30 November 1972 hat im Anschluß an das Zweite Vatikanische Konzil [Vgl. SC 73.] bestimmt, daß von nun an im römischen Ritus folgendes gilt:

„Das Sakrament der Krankensalbung wird jenen gespendet, deren Gesundheitszustand bedrohlich angegriffen ist, indem man sie auf der Stirn und auf den Händen mit ordnungsgemäß geweihtem Olivenöl oder, den Umständen entsprechend, mit einem anderen ordnungsgemäß geweihten Pflanzenöl salbt und dabei einmal folgende Worte spricht: ‚Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes: Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf“ [Vgl. CIC, can. 847, § 1].

II Wer empfängt und wer spendet die Krankensalbung?

Im Falle schwerer Erkrankung

1514 Die Krankensalbung „ist nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden. Daher ist der rechte Augenblick für ihren Empfang sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr zu geraten“ (SC 73) [Vgl. CIC, cann. 1004, § 1; 1005; 1007; CCEO, can. 738].

1515 Wenn ein Kranker, der die Salbung empfangen hat, wieder gesund wird, kann er, falls er wiederum schwer erkrankt, dieses Sakrament von neuem empfangen. Im Laufe der gleichen Krankheit darf dieses Sakrament wiederholt werden, wenn der Zustand sich verschlimmert. Es ist angebracht, die Krankensalbung zu empfangen, wenn man vor einer schweren Operation steht. Das gleiche gilt für Betagte, deren Kräfte zu versagen beginnen.

„..... rufe er die Presbyter der Kirche zu sich“

1516 Nur Priester (Bischöfe und Presbyter) sind die Spender der Krankensalbung [Vgl. K. v. Trient: DS 1697; 1719; CIC, can. 1003; CCEO, can, 739, § 1]. Die Seelsorger haben die Pflicht, die Gläubigen über die heilsamen Wirkungen dieses Sakramentes zu unterrichten. Die Gläubigen sollen die Kranken ermutigen, nach dem Priester zu rufen, um dieses Sakrament zu empfangen. Die Kranken sollen sich darauf vorbereiten, es in guter innerer Verfassung anzunehmen. Ihre Seelsorger und die ganze Pfarrgemeinde sollen ihnen dabei helfen und sie besonders mit Gebet und brüderlicher Aufmerksamkeit begleiten.

III Wie wird die Krankensalbung gefeiert?

1517 Wie alle Sakramente ist die Krankensalbung eine liturgische und gemeinschaftliche Feier [Vgl. SC 27], ob sie nun zuhause, im Spital oder in der Kirche stattfindet, ob für einen einzigen Kranken oder für eine ganze Gruppe von Kranken. Es ist sehr passend, daß sie innerhalb der Eucharistiefeier, des Gedächtnisses des Pascha des Herrn, gefeiert wird. Falls die Umstände es nahelegen, kann der Krankensalbung das Bußsakrament vorausgehen und das Sakrament der Eucharistie folgen. Als Sakrament des Pascha Christi sollte die Eucharistie stets das letzte Sakrament auf der irdischen Pilgerschaft sein, die „Wegzehrung“ für den „Übergang“ in das ewige Leben.

1518 Wort und Sakrament bilden ein unzertrennliches Ganzes. Der Wortgottesdienst, dem ein Bußakt vorausgeht, eröffnet die Feier. Die Worte Christi und das Zeugnis der Apostel beleben den Glauben des Kranken und der Gemeinde, der vom Herrn die Kraft seines Geistes erbittet.

1519 Die Feier des Sakramentes besteht hauptsächlich aus folgenden Elementen: „Die Presbyter der Kirche“ (Jak 5, 14) legen den Kranken schweigend die Hände auf; im Glauben der Kirche beten sie für die Kranken [Vgl. Jak 5,15] –dies ist die Epiklese dieses Sakramentes. Anschließend nehmen sie mit dem Öl, das wenn möglich vom Bischof geweiht ist, die Salbung vor.

Diese liturgischen Handlungen weisen darauf hin, welche Gnade das Sakrament den Kranken vermittelt.

IV Die Wirkungen der Feier der Krankensalbung

1520 Eine besondere Gabe des Heiligen Geistes. Die erste Gnade des Sakramentes ist eine Stärkung, Beruhigung und Ermutigung, um die mit einer schweren Krankheit oder mit Altersschwäche gegebenen Schwierigkeiten zu überwinden. Diese Gnade ist eine Gabe des Heiligen Geistes, der das Vertrauen auf Gott und den Glauben an ihn erneuert und gegen die Versuchungen des bösen Feindes stärkt, gegen die Versuchung von Entmutigung und Todesangst [Vgl. Hebr 2,15]. Dieser Beistand des Herrn durch die Kraft seines Geistes will den Kranken zur Heilung der Seele führen, aber auch zur Heilung des Leibes, wenn das im Willen Gottes liegt [Vgl. K. v. Florenz: DS 1325]. Und „wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben“ (Jak 5, 15) [Vgl. K. v. Trient: DS 1717]

1521 Die Vereinigung mit dem Leiden Christi. Durch die Gnade dieses Sakramentes erhält der Kranke die Kraft und die Gabe, sich mit dem Leiden des Herrn noch inniger zu vereinen. Er wird gewissermaßen dazu geweiht, durch die Gleichgestaltung mit dem erlösenden Leiden des Heilands Frucht zu tragen. Das Leiden, Folge der Erbsünde, erhält einen neuen Sinn: es wird zur Teilnahme am Heilswerk Jesu.

1522 Eine kirchliche Gnade. Dadurch, daß sie „sich aus freien Stücken mit dem Leiden und dem Tode Christi ... vereinigen“, tragen die Kranken, die dieses Sakrament empfangen, „zum Wohle des Gottesvolkes“ bei (LG 11). Bei der Feier der Krankensalbung tritt die Kirche in der Gemeinschaft der Heiligen für den Kranken ein. Der Kranke hingegen trägt durch die Gnade des Sakramentes zur Heiligung der Kirche und zum Wohl aller Menschen bei, für die die Kirche leidet und sich durch Christus Gott dem Vater darbringt.

1523 Eine Vorbereitung auf die letzte Reise. Wenn schon das Sakrament der Krankensalbung denen gewährt wird, die an schweren Krankheiten und Schwächen leiden, dann erst recht denen, die im Begriff sind, aus diesem Leben zu scheiden (die „sich schon am Ende des Lebens zu befinden scheinen“: K. v. Trient: DS 1698). Deshalb wird es auch „das Sakrament der Sterbenden genannt“ (ebd.). Die Krankensalbung macht uns endgültig dem Tod und der Auferstehung Christi gleichförmig, was die Taufe schon begonnen hatte. Sie vollendet die heiligen Salbungen, die das ganze christliche Leben prägen: Die Salbung der Taufe hat uns das neue Leben eingegossen; die der Firmung hat uns zum Kampf dieses Lebens gestärkt. Diese letzte Salbung versieht das Ende unseres irdischen Lebens gleichsam mit einem festen Wall im Blick auf die letzten Kämpfe vor dem Eintritt in das Haus des Vaters [Vgl. ebd. 1694.].

V Die Wegzehrung – das letzte Sakrament des Christen

1524 Die Kirche bietet den Sterbenden neben der Krankensalbung die Eucharistie als Wegzehrung an. In diesem Moment des Hinübergangs zum Vater hat die Kommunion mit dem Leib und Blut Christi eine besondere Bedeutung und Wichtigkeit. Sie ist Same des ewigen Lebens und Kraft zur Auferstehung, denn der Herr sagt: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten

Tag“ (Joh 6,54). Als Sakrament des Todes und der Auferstehung Christi ist die Eucharistie nun das Sakrament des Hinübergangs vom Tod zum Leben, aus dieser Welt zum Vater [Vgl. Joh 13,1.].

1525 Wie die Sakramente der Taufe, der Firmung und der Eucharistie, „die Sakramente der christlichen Initiation“, eine Einheit bilden, kann man sagen, daß die Buße, die heilige Salbung und die Eucharistie als Wegzehrung am Ende des christlichen Lebens „die Sakramente, die auf die Heimat vorbereiten oder „die Sakramente, welche die Pilgerschaft vollenden“, bilden.

Kurztexte

1526 Ist einer von euch krank Dann rufe er die Presbyter der Kirche zu sich sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit 01 salben Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und der Herr wird ihn aufrichten wenn er Sunden begangen hat werden sie ihm vergeben (Jak 5 14–15).

1527 Das Sakrament der Krankensalbung verleiht dem Christen der die mit schwerer Krankheit oder mit dem Alter gegebenen Schwierigkeiten durchmacht eine besondere Gnade.

1528 Der Zeitpunkt an dem man die heilige Salbung empfangen soll ist spätestens dann gekommen wenn man sich wegen Krankheit oder Altersschwache in Todesgefahr befindet.

1529 Ein Christ darf die heilige Salbung jedesmal empfangen wenn er schwer krank wird und jedesmal wenn sich die Krankheit wieder verschlimmert.

1530 Nur Priester (Presbyter und Bischöfe) können die Krankensalbung spenden sie verwenden dazu 0! das vom Bischof oder im Notfall vom Zelebranten selbst geweiht worden ist.

1531 Die Feier der Krankensalbung besteht im wesentlichen in der Salbung der Stirn und der Hände des Kranken (im römischen Ritus) oder weiterer Körperstellen (in den ostkirchlichen Riten) Diese Salbung wird durch das liturgische Gebet des Zelebranten begleitet das um die besondere Gnade dieses Sakramentes bittet.

1532 Wirkungen der besonderen Gnade des Sakramentes der Krankensalbung sind

– die Vereinigung des Kranken mit dem Leiden Christi für sein eigenes Heil und das der ganzen Kirche;

– Trost Friede und Mut um die Leiden der Krankheit oder des Alters christlich zu ertragen;

– die Vergebung der Sunden falls der Kranke sie nicht durch das Bußsakrament erlangen könnte;

– die Genesung falls dies dem Heil der Seele zuträglich ist;

– die Vorbereitung auf den Hinübergang in das ewige Leben;


DRITTES KAPITEL

DIE SAKRAMENTE DES DIENSTES FÜR DIE GEMEINSCHAFT

1533 Die Taufe, die Firmung und die Eucharistie sind die Sakramente der christlichen Initiation. Sie legen den Grund zur gemeinsamen Berufung aller Jünger Christi; es ist Berufung zur Heiligkeit und der Auftrag, der Welt die Frohbotschaft zu bringen. Sie verleihen die notwendigen Gnaden, um in diesem Leben, auf dem Pilgerweg zur ewigen Heimat, dem Heiligen Geist entsprechend zu leben.

1534 Zwei weitere Sakramente, die Weihe und die Ehe, sind auf das Heil der anderen hingeordnet. Durch den Dienst an anderen tragen sie auch zum eigenen Heil bei. Sie erteilen eine besondere Sendung in der Kirche und dienen dem Aufbau des Volkes Gottes.

1535 In diesen Sakramenten können jene, die durch die Taufe und die Firmung zum gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen geweiht worden sind‘, noch besondere Weihen empfangen. Wer das Weihesakrament empfängt, wird geweiht, im Namen Christi „die Kirche durch das Wort und die Gnade Gottes zu weiden“ (LG 11). Auch die christlichen Eheleute werden „in den Pflichten und der Würde ihres Standes durch ein eigenes Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht‘ (GS 48,2).


ARTIKEL 6 DAS SAKRAMENT DER WEIHE

1536 Die Weihe ist das Sakrament, durch welches die Sendung, die Christus seinen Aposteln anvertraut hat, in der Kirche weiterhin ausgeübt wird bis zum Ende der Zeit. Sie ist somit das Sakrament des apostolischen Dienstes. Sie umfaßt drei Stufen: den Episkopat, den Presbyterat und den Diakonat. (Zur Einsetzung und Sendung des apostolischen Amtes siehe erster Teil. Hier befassen wir uns nur mit dem Sakrament, in dem dieses Amt weitergegeben wird.)

I Warum Wird dieses Sakrament „Ordination“ [ordo] genannt?

1537 In der römischen Antike bezeichnete das Wort ordo zivile Körperschaften, vor allem die Körperschaft der Regierenden. „Ordinatio“ bedeutet die Eingliederung in einen „ordo“. In der Kirche gibt es Körperschaften, die von der Überlieferung – im Anschluß an die Heilige Schrift [Vgl. Hebr 5,6;7,11; Ps 110,4.] – von alters her auf griechisch „täxeis“, auf lateinisch „ordines“ genannt werden. So spricht die Liturgie vom „ordo episcoporum“, vom „ordo presbyterorum“ und vom „ordo diaconorum“. Auch weitere Gruppen werden als „ordo“ bezeichnet, wie die Katechumenen, die Jungfrauen, die Ehegatten und die Witwen.

1538 Die Eingliederung in eine dieser Körperschaften der Kirche geschah durch einen Ritus, ordinatio genannt, einen liturgischen und religiösen Akt, der eine Weihe, eine Segnung oder ein Sakrament sein konnte. Heute wird das Wort „ordinatio“ dem sakramentalen Akt vorbehalten, der in die Körperschaft der Bischöfe, der Priester und der Diakone eingliedert. Er geht über eine bloße Wahl, Bestimmung, Delegation oder Einsetzung durch die Gemeinschaft hinaus, denn er verleiht eine Gabe des Heiligen Geistes, die eine „heilige Gewalt“ [sacra potestas] [Vgl. LG 10.] auszuüben gestattet, die nur von Christus selbst, durch seine Kirche, verliehen werden kann. Die Ordination wird auch „Weihe“ [consecratio] genannt, denn sie besteht in einer Aussonderung und Einsetzung zum Dienst an der Kirche, die Christus selbst vornimmt. Die Handauflegung durch den Bischof und das Weihegebet bilden das sichtbare Zeichen dieser Konsekration.

II Das Sakrament der Weihe in der Heilsökonomie

Das Priestertum des Alten Bundes

1539 Das auserwählte Volk wurde von Gott zu einem „Reich von Priestern“ und einem „heiligen Volk“ gemacht (Ex 19,6) [Vgl. Jes 61,6]. Doch innerhalb des Volkes Israel wählte Gott einen der zwölf Stämme, den Stamm Levi, und sonderte ihn aus zum liturgischen Dienst [Vgl. Num 1,48–53]. Gott selbst war das Erbteil der Leviten [Vgl. Jos 13,33]. Die ersten Priester des Alten Bundes wurden in einem eigenen Ritus geweiht [Vgl. Ex 29, 1–30; Lev 8]. Sie wurden „für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott, um Gaben und Opfer für die Sünden darzubringen“ (Hebr 5,1).

1540 Dieses Priestertum, das eingesetzt wurde, um das Wort Gottes zu verkünden [Vgl. Mal 2,7–9] und durch Opfer und Gebet die Gemeinschaft mit Gott herzustellen, war jedoch nicht imstande, das Heil zu bewirken. Die Opfer mußten unablässig wiederholt werden und konnten nicht eine endgültige Heiligung herbeiführen [Vgl. Hebr 5,3; 7,27; 10,1–4]. Erst das Opfer Christi sollte diese vollbringen.

1541 Die Liturgie der Kirche erblickt jedoch im Priestertum Aarons und im Dienst der Leviten sowie in der Einsetzung der siebzig „Ältesten“ [Vgl. Num 11,24–25] Vorzeichen des geweihten Priestertums des Neuen Bundes. So betet die Kirche im lateinischen Ritus bei der Weihe von Bischöfen in der Weihepräfation:

„Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ... durch das Wort deiner Gnade hast du der Kirche ihre Ordnung gegeben. Von Anfang an hast du das heilige Volk der wahren Kinder Abrahams auserwählt; du hast Vorsteher und Priester eingesetzt und dein Heiligtum nie ohne Diener gelassen.“

1542 Bei der Priesterweihe betet die Kirche:

„Herr, heiliger Vater ... im Alten Bund schon hast du Ämter und Dienste in heiligen Zeichen entfaltet: Mose und Aaron hast du bestellt, dein Volk zu leiten und zu heiligen. Zu ihrer Hilfe beim gemeinsamen Werk hast du Männer eines weiteren Dienstes und Amtes berufen. Auf dem Zug durch die Wüste hast du den siebzig Ältesten vom Geist des Mose mitgeteilt, so daß er dein Volk mit ihrer Hilfe leichter zu führen vermochte. Den Söhnen Aarons hast du Anteil gegeben am hohen Amt ihres Vaters, damit die Zahl der Priester des Alten Bundes genügte für die Opfer im heiligen Zelt, die nur Schatten und Vorausbild waren des kommenden Heiles.“

1543 Und im Weihegebet bei der Diakonenweihe bekennt die Kirche:

„Allmächtiger Gott Deinem Namen zu dienen, hast du das dreifache Dienstamt gestiftet und ausgestattet mit heiligen Gaben, wie du schon im Anfang die Söhne des Levi zum Dienst am ersten heiligen Zelt dir erwählt hast.“

Das einzige Priestertum Christi

1544 Alles, was das Priestertum des Alten Bundes im voraus bezeichnete, findet in Jesus Christus, dem einen „Mittler zwischen Gott und den Menschen“ (1 Tim 2,5), seine Vollendung. Melchisedek, „Priester des Höchsten Gottes“ (Gen 14,18), wird von der christlichen Überlieferung als ein „Vorausbild“ des Priestertums Christi angesehen, des einzigen „Hohenpriesters nach der Ordnung Melchisedeks“ (Hebr 5,10; 6,20). Christus ist „heilig, unschuldig, makellos“ (Hebr 7,26) und hat „durch ein einziges Opfer ... die, die geheiligt werden, für immer zur Vollendung geführt“ (Hebr 10,14), nämlich durch das einmalige Opfer seines Kreuzes.

1545 Das Erlösungsopfer Christi ist einmalig und wurde ein für allemal vollzogen. Und doch wird es im eucharistischen Opfer der Kirche gegenwärtig. Das gleiche gilt vom einzigen Priestertum Christi: es wird durch das Amtspriestertum gegenwärtig gemacht, ohne daß dadurch der Einzigkeit des Priestertums Christi Abbruch getan würde. „Und deshalb ist allein Christus wahrer Priester, die anderen aber sind seine Diener“ (ThomasHebr. 7,4).

Zwei Arten der Teilhabe an dem einen Priestertum Christi

1546 Christus, der Hohepriester und einzige Mittler, hat seine Kirche zu einem Reich von „Priestern für seinen Gott und Vater“ gemacht (Offb 1,6)1. Die ganze Gemeinschaft der Gläubigen ist als solche priesterlich. Die Gläubigen üben ihr Priestertum als Getaufte dadurch aus, daß sich jeder gemäß seiner eigenen Berufung, an der Sendung Christi, des Priesters, Propheten und Königs, beteiligt. Durch die Sakramente der Taufe und der Firmung werden die Gläubigen „zu einem heiligen Priestertum geweiht“ (LG 10).

1547 Das amtliche oder hierarchische Priestertum der Bischöfe und Priester und das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen nehmen „auf je besondere Weise am einen Priestertum Christi teil“ und sind „einander zugeordnet“, unterscheiden sich aber doch „dem Wesen nach“ (LG 10). Inwiefern? Während das gemeinsame Priestertum der Gläubigen sich in der Entfaltung der Taufgnade, im Leben des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, im Leben gemäß dem Heiligen Geist vollzieht, steht das Amtspriestertum im Dienst dieses gemeinsamen Priestertums. Es bezieht sich auf die Entfaltung der Taufgnade aller Christen. Es ist eines der Mittel, durch die Christus seine Kirche unablässig aufbaut und leitet. Deshalb wird es durch ein eigenes Sakrament übertragen, durch das Sakrament der Weihe.

In der Person Christi, des Hauptes

1548 Christus selbst ist im kirchlichen Dienst des geweihten Priesters in seiner Kirche zugegen als Haupt seines Leibes, Hirt seiner Herde, Hoherpriester des Erlösungsopfers und Lehrer der Wahrheit. Die Kirche bringt dies zum Ausdruck, indem sie sagt, daß der Priester kraft des Weihesakramentes „in der Person Christi des Hauptes“ [in persona Christi capitis [Vgl. Offb 5,9–10; 1 Petr 2,59] handelt.

„Es ist der gleiche Priester, Christus Jesus, dessen heilige Person sein berufener Diener vertritt. Durch die Priesterweihe dem Hohenpriester angeglichen, besitzt er die Vollmacht, in der Kraft und an Stelle der Person Christi selbst zu handeln [virtute ac persona ipsius Christi [Vgl. LG 10; 28; SC 33; CD 11; P02; 6]“ (Pius XII., Enz. „Mediator Dei“).

„Christus ist die Quelle jeglichen Priestertums; denn der Priester des [Alten] Gesetzes war sein Bild. Der Priester des Neuen Bundes aber handelt in der Person Christi“ (Thomas v. A., s. th. 3,22,4).

1549 Durch das geweihte Amt, vor allem durch das der Bischöfe und Priester, wird sichtbar gemacht, daß Christus als Haupt der Kirche inmitten der Gemeinschaft der Gläubigen gegenwärtig ist [Vgl. LG 21]. Nach einem schönen Wort des hl. Ignatius von Antiochien ist der Bischof typos tou Patros, „Abbild des Vaters“ (Trall. 3,1)[Vgl. Ignatius v. Antiochien. Magn. 6,1.].

1550 Diese Gegenwart Christi im Amtsträger ist nicht so zu verstehen, daß dieser gegen alle menschlichen Schwächen gefeit wäre: gegen Herrschsucht, Irrtümer, ja gegen Sünde. Die Kraft des Heiligen Geistes bürgt nicht für alle Taten der Amtsträger in gleichem Maße. Während bei den Sakramenten die Gewähr gegeben ist, daß selbst die Sündhaftigkeit des Spenders die

Frucht der Gnade nicht verhindern kann, gibt es viele andere Handlungen, bei denen das menschliche Gepräge des Amtsträgers Spuren hinterläßt, die nicht immer Zeichen der Treue zum Evangelium sind und infolgedessen der apostolischen Fruchtbarkeit der Kirche schaden können.

1551 Dieses Priestertum ist ein Dienst. „Jenes Amt aber, das der Herr den Hirten seines Volkes anvertraute, ist ein wahrer Dienst“ (LG 24). Es ist ganz für Christus und die Menschen da. Es hängt völlig von Christus und seinem einzigen Priestertum ab und wurde zugunsten der Menschen und der Gemeinschaft der Kirche eingesetzt. Das Sakrament der Weihe vermittelt „eine heilige Gewalt“, die keine andere ist als diejenige Christi. Die Ausübung dieser Vollmacht hat sich somit nach dem Vorbild Christi zu richten, der aus Liebe sich zum Letzten und zum Diener aller gemacht hat [Vgl. Mk 10,43–45; 1 Petr 5,3]. „Der Herr hat klar gesagt, daß der Einsatz für seine Herde ein Beweis der Liebe zu ihm ist“ (Johannes Chrysostomus, sac. 2,4) [Vgl. Joh 21,15–17].

„Im Namen der ganzen Kirche“

1552 Das Amtspriestertum hat nicht nur zur Aufgabe, Christus, das Haupt der Kirche, vor der Versammlung der Gläubigen zu repräsentieren; es handelt auch im Namen der ganzen Kirche, wenn es das Gebet der Kirche an Gott richtet [Vgl. SC 33], vor allem, wenn es das eucharistische Opfer darbringt [Vgl. LG 10].

1553 „Im Namen der ganzen Kirche“ will nicht besagen, daß die Priester die Delegierten der Gemeinschaft seien. Das Gebet und das Opfer der Kirche lassen sich vom Gebet und Opfer Christi, ihres Hauptes, nicht trennen. Es handelt sich stets um den Kult, den Christus in seiner Kirche und durch sie darbringt. Die ganze Kirche, der Leib Christi, betet und bringt sich „durch ihn und mit ihm und in ihm“ in der Einheit des Heiligen Geistes Gott dem Vater dar. Der ganze Leib, Haupt und Glieder, betet und bringt sich dar. Deshalb werden jene, die in diesem Leib in besonderer Weise das Dienstamt innehaben, nicht nur Diener Christi, sondern auch Diener der Kirche genannt. Das Amtspriestertum kann die Kirche deshalb repräsentieren, weil es Christus repräsentiert.

III Die drei Stufen des Sakramentes der Weihe

1554 „So wird der von Gott eingesetzte kirchliche Dienst in verschiedenen Ständen von jenen ausgeübt, die schon von alters her Bischöfe, Priester und Diakone heißen“ (LG 28). Die katholische Glaubenslehre, die in der Liturgie, im Lehramt und in der beständigen Handlungsweise der Kirche zum Ausdruck kommt, kennt zwei Stufen der amtlichen Teilhabe am Priestertum Christi: den Episkopat und den Presbyterat. Der Diakonat hat die Aufgabe, ihnen zu helfen und zu dienen. Deshalb bezeichnet der Ausdruck „sacerdos“ im heutigen Sprachgebrauch die Bischöfe und die Priester, nicht aber die Diakone. Dennoch lehrt die katholische Glaubenslehre, daß die drei Stufen – die Stufen des Priesteramtes (Episkopat und Presbyterat) und die Stufe des Dienstamtes (Diakonat) – durch einen sakramentalen Akt, „Weihe“ genannt, das heißt durch das Sakrament der Weihe, übertragen werden.

„Alle sollen die Diakone achten wie Jesus Christus, ebenso den Bischof als Abbild des Vaters, die Presbyter aber wie eine Ratsversammlung Gottes und wie eine Vereinigung von Aposteln. Ohne diese ist von Kirche nicht die Rede“ (Ignatius v. Antiochien, Trall. 3,1).

Die Bischofsweihe – Fülle des Weihe sakramentes

1555 „Unter jenen verschiedenen Diensten, die von den ersten Zeiten her in der Kirche ausgeübt werden, nimmt nach dem Zeugnis der Überlieferung das Amt jener einen hervorragenden Platz ein, die, zum Bischofsamt bestellt, durch die von Anfang an fortlaufende Nachfolge Sprossen apostolischer Saat besitzen“ (LG 20).

1556 Um ihre hohe Sendung zu erfüllen, „wurden die Apostel mit einer besonderen Ausgießung des Heiligen Geistes, der über [sie] kam, von Christus beschenkt, und sie selbst übergaben ihren Helfern durch die Auflegung der Hände die geistliche Gabe, die in der Bischofsweihe bis auf uns gekommen ist“ (LG 21).

1557 Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, „daß durch die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakramentes übertragen wird, die ja sowohl im liturgischen Brauch der Kirche als auch mit der Stimme der heiligen Väter das Hohepriestertum, die Höchstform [summa] des heiligen Dienstes genannt wird“ (ebd.).

1558 „Die Bischofsweihe aber überträgt mit dem Amt der Heiligung auch die Ämter des Lehrens und des Leitens“. Es wird „offensichtlich, daß durch das Auflegen der Hände und die Worte der Weihe die Gnade des Heiligen Geistes so übertragen und die heilige Prägung so aufgedrückt wird, daß die Bischöfe in hervorragender und sichtbarer Weise die Aufgaben Christi selbst, des Lehrers, Hirten und Priesters, übernehmen und in seiner Person handeln [in Eius persona agant]“ (ebd.). „Daher sind die Bischöfe durch den Heiligen Geist, der ihnen mitgeteilt worden ist, wahre und authentische Lehrer des Glaubens, Priester und Hirten geworden“ (CD 2).

1559 „Glied der Körperschaft der Bischöfe wird man kraft der sakramentalen Weihe und der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums“ (LG 22). Daß der Charakter und die Natur des Episkopats kollegial sind, zeigt sich unter anderem in dem alten Brauch der Kirche, daß bei der Weihe eines neuen Bischofs mehrere Bischöfe mitwirken [Vgl. LG22]. Zur rechtmäßigen Weihe eines Bischofs ist heute ein besonderer Akt des Bischofs von Rom notwendig, da dieser das höchste sichtbare Band der Gemeinschaft der Teilkirchen in der einen Kirche und Bürge ihrer Freiheit ist.

1560 Als Stellvertreter Christi hat jeder Bischof das Hirtenamt über die ihm anvertraute Teilkirche inne; gleichzeitig aber obliegt ihm die Sorge für alle Teilkirchen, die er zusammen mit allen seinen Brüdern im Episkopat kollegial auszuüben hat. „Doch wenn die einzelnen Bischöfe nur für jenen Teil der Herde, der ihnen besonders anvertraut ist, Hirten im eigentlichen Sinn sind, so sind sie doch als rechtmäßige Nachfolger der Apostel durch göttliche Einsetzung mitverantwortlich für die Missionsaufgaben der Kirche“ (Pius XII., Enz. „Fidei donum“)[Vgl. LG23; CD 4; 36; 37; AG 5; 6; 38].

1561 Die bisherigen Ausführungen erklären, weshalb die vom Bischof gefeierte Eucharistie eine ganz besondere Bedeutung hat. In ihr kommt die Kirche zum Ausdruck, die unter dem Vorsitz dessen, der sichtbar Christus, den Guten Hirten und das Haupt seiner Kirche darstellt, um den Altar versammelt ist [Vgl. SC 41; LG26.].

Die Weihe der Priester – der Mitarbeiter der Bischöfe

1562 „Christus, ‚den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat‘ (Joh 10,36), machte durch seine Apostel deren Nachfolger, nämlich die Bischöfe, seiner Weihe und Sendung teilhaftig, die [wiederum] die Aufgabe ihres Dienstes in verschiedener Abstufung verschiedenen Trägern in der Kirche rechtmäßig weitergaben“ (LG 28). „Ihr Dienst ist in untergeordnetem Rang den Priestern übertragen worden; als Glieder des Priesterstandes sollten sie, in der rechten Erfüllung der ihnen von Christus anvertrauten Sendung, Mitarbeiter des Bischofsstandes sein“ (P0 2).

1563 „Da das Amt der Priester dem Bischofsstand verbunden ist, nimmt es an der Vollmacht teil, mit der Christus selbst seinen Leib auferbaut, heiligt und leitet. Darum setzt das Priestertum der Amtspriester zwar die Sakramente der christlichen Initiation voraus, wird aber durch ein eigenes Sakrament übertragen. Dieses zeichnet die Priester durch die Salbung des Heiligen Geistes mit einem besonderen Prägemal und macht sie auf diese Weise dem Priester Christus gleichförmig, so daß sie in der Person des Hauptes Christus handeln können“ (PO 2).

1564 „Die Priester sind, obwohl sie nicht die höchste Stufe der priesterlichen Weihe haben und in der Ausübung ihrer Vollmacht von den Bischöfen abhängen, dennoch mit ihnen in der priesterlichen Würde verbunden und werden kraft des Sakramentes der Weihe nach dem Bilde Christi, des höchsten und ewigen Priesters [Vgl. Hebr 5,1–10; 7,24; 9,11–28], zum Verkündigen des Evangeliums, zum Weiden der Gläubigen und zur Feier des Gottesdienstes geweiht als wahre Priester des Neuen Bundes“ (LG 28).

1565 Kraft des Weihesakramentes haben die Priester an der weltweiten Sendung teil, die Christus den Aposteln anvertraut hat. „Die Geistesgabe, die den Priestern in ihrer Weihe verliehen wurde, rüstet sie nicht für irgendeine begrenzte und eingeschränkte Sendung, sondern für die alles umfassende und universale Heilssendung ‚bis an die Grenzen der Erde‘ (Apg 1,8)“ (P0 10) und macht sie „stets bereit, das Evangelium überall zu verkünden“ (OT 20).

1566 „Ihr heiliges Amt aber üben sie am meisten in der eucharistischen Feier oder Zusammenkunft aus, bei der sie in der Person Christi handeln und sein Mysterium verkünden, die Gebete der Gläubigen mit dem Opfer ihres Hauptes verbinden und das einzige Opfer des Neuen Bundes, Christi nämlich, der sich ein für allemal dem Vater als unbefleckte Opfergabe darbrachte, im Opfer der Messe bis zur Ankunft des Herrn vergegenwärtigen und zuwenden“ (LG 28). Aus diesem einzigen Opfer schöpft ihr ganzer priesterlicher Dienst seine Kraft [Vgl. PO 2.].

1567 „Die Priester bilden, als vorsorgende Mitarbeiter des bischöflichen Standes und als dessen Hilfe und Werkzeug, zum Dienst am Volk Gottes gerufen, zusammen mit ihrem Bischof ein einziges Presbyterium, dem freilich verschiedene Pflichten aufgetragen sind. In den einzelnen örtlichen Gemeinden der Gläubigen machen sie den Bischof, mit dem sie in vertrauensvoller und hochherziger Gesinnung verbunden sind, gewissermaßen gegenwärtig, nehmen entsprechend ihrem Anteil seine Aufgaben und seine Sorgen auf sich und stellen sich täglich in ihren Dienst“ (LG 28). Die Priester dürfen ihren Dienst nur in Abhängigkeit vom Bischof und in Gemeinschaft mit ihm ausüben. Das Gehorsamsversprechen, das sie bei der Weihe dem Bischof geben, und der Friedenskuß des Bischofs am Schluß der Weiheliturgie sind ein Zeichen dafür, daß der Bischof sie als seine Mitarbeiter, seine Söhne, seine Brüder und seine Freunde ansieht, und daß sie ihm dafür Liebe und Gehorsam schulden.

1568 „Die Priester, die durch die Weihe in den Priesterstand eingegliedert wurden, sind in inniger sakramentaler Bruderschaft miteinander verbunden. Besonders in der Diözese, deren Dienst sie unter dem eigenen Bischof zugewiesen werden, bilden sie das eine Presbyterium“ (P0 8). Die Einheit des Presbyteriums kommt liturgisch im Brauch zum Ausdruck, daß beim Weihe-ritus nach dem Bischof auch die Priester den Neugeweihten die Hände auflegen.

Die Weihe der Diakone – „zum Dienst“

1569 „Auf einer tieferen Stufe der Hierarchie stehen die Diakone, denen die Hände ‚nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst‘ aufgelegt werden“ (LG 29)1. Zur Weihe der Diakone legt nur der Bischof die Hände auf und deutet so an, daß der Diakon mit dem Bischof insbesondere in den Aufgaben seiner „Diakonie“ verbunden ist [Vgl. Hippolyt, trad. ap. 8].

1570 Die Diakone haben an der Sendung und der Gnade Christi auf besondere Weise teil [Vgl. LG 41; AA 16]. Das Sakrament der Weihe drückt ihnen ein Siegel [character] auf. Dieses kann nicht getilgt werden und gestaltet sie Christus gleich, der zum „Diakon“, das heißt zum Diener aller geworden ist [Vgl. Mk 10,45; Lk 22,27; Polykarp, ep. 5,2]. Aufgabe der Diakone ist es unter anderem, dem Bischof und den Priestern bei der Feier der göttlichen Geheimnisse, vor allem der Eucharistie, zu helfen, die heilige Kommunion zu spenden, der Eheschließung zu assistieren und das Brautpaar zu segnen, das Evangelium zu verkünden und zu predigen, den Begräbnissen vorzustehen und sich den verschiedenen karitativen Diensten zu widmen [Vgl. LG 29; SC 35,4; AG 16].

1571 Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat die lateinische Kirche den „Diakonat als eigene und beständige Stufe der Hierarchie“ wiederhergestellt (LG 29). Die Ostkirchen hatten stets an ihm festgehalten. Dieser ständige Diakonat, der auch verheirateten Männern übertragen werden kann, stellt für die Sendung der Kirche eine wichtige Bereicherung dar. Es ist angebracht und nützlich, daß Männer, die in der Kirche, sei es im liturgischen und pastoralen Leben, sei es in sozialen und karitativen Werken, einen wahrhaft diakonalen Dienst erfüllen, „durch die von den Aposteln her überlieferte Handauflegung gestärkt und dem Altare enger verbunden werden, damit sie ihren Dienst mit Hilfe der sakramentalen Diakonatsgnade wirksamer erfüllen können“

(AG 16).

IV Die Feier des Weihesakramentes

1572 Wegen ihrer Wichtigkeit für das Leben der Teilkirche sollen an der Feier der Weihe eines Bischofs, von Priestern und Diakonen möglichst viele Gläubige teilnehmen. Sie wird vorzugsweise am Sonntag und in der Kathedrale stattfinden und zwar in einer dem Anlaß angemessenen Feierlichkeit. Die drei Weihen, die des Bischofs, des Priesters und des Diakons, nehmen den gleichen Verlauf. Sie finden innerhalb der Eucharistiefeier statt.

1573 Der wesentliche Ritus des Weihesakramentes besteht bei allen drei Stufen darin, daß der Bischof die Hände auf das Haupt des zu Weihenden legt und im jeweiligen Weihegebet von Gott die Ausgießung des Heiligen Geistes und der besonderen Gnadengaben für den Dienst erfleht, zu dem der Kandidat geweiht wird [Vgl. Pius XII., Ap. Konst. „Sacramentum Ordinis“: DS 3858].

1574 Wie bei allen Sakramenten umgeben Nebenriten die Feier. Sie sind in den verschiedenen liturgischen Überlieferungen sehr unterschiedlich, haben aber gemeinsam, daß sie die vielfältigen Aspekte der sakramentalen Gnade zum Ausdruck bringen. So bezeugen im lateinischen Ritus die Eröffnungsriten – die Vorstellung und Wahl des Ordinanden, die Ansprache des Bischofs, die Befragung des Ordinanden, die Allerheiligenlitanei –‚ daß die Wahl des Kandidaten dem Brauch der Kirche entsprechend vorgenommen wurde. Sie bereiten auf den feierlichen Weiheakt vor. Nach diesem bringen weitere Riten das vollzogene Mysterium symbolisch zum Ausdruck und zum Abschluß: Der Bischof und der Priester erhalten die Salbung mit dem heiligen Chrisam, dem Zeichen der besonderen Salbung durch den Heiligen Geist, der ihren Dienst fruchtbar macht; dem Bischof werden das Evangelienbuch, der Ring, die Mitra und der Stab überreicht zum Zeichen seiner apostolischen Sendung zur Verkündigung des Gotteswortes, seiner Treue zur Kirche, der Braut Christi, und seines Auftrags, der Hirte der Herde des Herrn zu sein; dem Priester werden die Patene und der Kelch überreicht für „die Gabe des heiligen Volkes“, die er Gott darbringen soll; dem Diakon, der die Sendung erhalten hat, das Evangelium Christi zu verkünden, wird das Evangelienbuch übergeben.

V Wer kann das Weihesakrament spenden?

1575 Christus hat die Apostel erwählt und ihnen Anteil an seiner Sendung und Vollmacht gegeben. Zur Rechten des Vaters erhoben, verläßt er seine Herde nicht, sondern behütet sie allezeit durch die Apostel und leitet sie durch die Hirten, die heute sein Wirken fortsetzen [Vgl. MR, Präfation von den Aposteln]. Christus also ist es, der den einen das Apostelamt verleiht, anderen das Hirtenamt [Vgl. Eph 4,11]. Er handelt weiterhin durch die Bischöfe [Vgl. LG 2].

1576 Da das Sakrament der Weihe das Sakrament des apostolischen Dienstes ist, kommt den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel die Vollmacht zu, „die geistliche Gabe“ (LG 21), die „apostolische Saat“ (LG 20) weiterzugeben. Die gültig geweihten, das heißt die in der apostolischen Sukzession stehenden Bischöfe, sind die gültigen Spender der drei Stufen des Weihesakramentes [Vgl. DS 794 und 802; CIC, can. 1012; CCEO, cann. 744; 747].

VI Wer kann das Weihesakrament empfangen?

1577 „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann [vir]“ (CIC, can. 1024). Jesus, der Herr, hat Männer [viri] gewählt, um das Kollegium der zwölf Apostel zu bilden [Vgl. Mk 3,14–19; Lk 6,12–16], und die Apostel taten das gleiche, als sie Mitarbeiter wählten [Vgl. 1 Tim3,1–13; 2 Tim 1,6; Tit 1,5–9], die ihnen in ihrer Aufgabe nachfolgen sollten [Vgl. Klemens v. Rom, Kor. 42,4; 44,3]. Das Bischofskollegium, mit dem die Priester im Priestertum vereint sind, vergegenwärtigt das Kollegium der Zwölf bis zur Wiederkehr Christi. Die Kirche weiß sich durch diese Wahl, die der Herr selbst getroffen hat, gebunden. Darum ist es nicht möglich, Frauen zu weihen [Vgl. MD 26–27; CDF, Erkl. „Inter insigniores“].

1578 Niemand hat ein Recht darauf, das Sakrament der Weihe zu empfangen. Keiner maßt sich dieses Amt selbst an. Man muß dazu von Gott berufen sein [Vgl. Hebr 5,4.]. Wer Anzeichen wahrzunehmen glaubt, daß Gott ihn zum geweihten Dienst beruft, muß seinen Wunsch demütig der Autorität der Kirche unterbreiten, der die Verantwortung und das Recht zukommt, jemanden zum Empfang der Weihen zuzulassen. Wie jede Gnade kann auch dieses Sakrament nur als ein unverdientes Geschenk empfangen werden.

1579 Mit Ausnahme der ständigen Diakone werden alle geweihten Amtsträger der lateinischen Kirche normalerweise aus den gläubigen Männern gewählt, die zölibatär leben und den Willen haben, den Zölibat „um des Hirnmeireiches willen“ (Mt 19,12) beizubehalten. Dazu berufen, sich ungeteilt dem Herrn und seiner „Sache“ zu widmen [Vgl. 1 Kor 7,32], geben sie sich ganz Gott und den Menschen hin. Der Zölibat ist ein Zeichen des neuen Lebens, zu dessen Dienst der Diener der Kirche geweiht wird; mit freudigem Herzen auf sich genommen, kündigt er strahlend das Reich Gottes an [Vgl. P0 16].

1580 In den Ostkirchen gilt seit Jahrhunderten eine andere Ordnung: Während die Bischöfe ausschließlich unter Unverheirateten ausgewählt werden, können verheiratete Männer zu Diakonen und Priestern geweiht werden. Diese Praxis wird schon seit langem als rechtmäßig erachtet; diese Priester üben im Schoß ihrer Gemeinden ein fruchtbares Dienstamt aus [Vgl. P016]. Übrigens steht der Priesterzölibat in den Ostkirchen sehr in Ehren, und zahlreiche Priester haben ihn um des Gottesreiches willen freiwillig gewählt. Im Osten wie im Westen kann, wer das Sakrament der Weihe empfangen hat, nicht mehr heiraten.

VII Die Wirkungen des Weihesakramentes

Das unauslöschliche Siegel

1581 Durch eine besondere Gnade des Heiligen Geistes gleicht dieses Sakrament den Empfänger Christus an, damit er als Werkzeug Christi seiner Kirche diene. Die Weihe ermächtigt ihn, als Vertreter Christi, des Hauptes, in dessen dreifacher Funktion als Priester, Prophet und König zu handeln.

1582 Wie bei der Taufe und der Firmung wird diese Teilhabe am Amt Christi ein für allemal gewährt. Auch das Weihesakrament verleiht ein unauslöschliches geistiges Zeichen und kann weder wiederholt noch auf Zeit gespendet werden [Vgl. K. v. Trient: DS 1767; LG 21; 28; 29; P02].

1583 Ein gültig Geweihter kann aus angemessenen Gründen der Verpflichtungen und Ämter enthoben werden, die mit der Weihe gegeben sind, oder es kann ihm verboten werden, sie auszuüben [Vgl. CIC, cann. 290–293; 1336, §§ 1.3.5; 1338, § 2]. Er kann aber nicht wieder Laie im eigentlichen Sinn werden [Vgl. K. v. Trient: OS 1774], denn das durch die Weihe eingeprägte Mal ist unauslöschlich. Die Berufung und Sendung, die er am Tag seiner Weihe erhalten hat, prägen ihn für immer.

1584 Letztlich handelt Christus selbst durch den geweihten Diener und wirkt durch ihn das Heil. Dessen Unwürdigkeit kann Christus nicht am Handeln hindern [Vgl. K. v. Trient: DS 1612; 1154]. Der hl. Augustinus sagt dies mit eindringlichen Worten:

„Der stolze Amtsträger ist dem Teufel zuzuordnen. Die Gabe Christi wird deswegen nicht befleckt; was durch ihn ausfließt, behält seine Reinheit; was durch ihn hindurchgeht, bleibt lauter und gelangt zum fruchtbaren Boden... Die geistliche Kraft des Sakramentes ist eben dem Licht gleich: wer erleuchtet werden soll, erhält es in seiner Klarheit, und wenn es durch Beschmutzte geht, wird es selbst nicht schmutzig“ (ev. Jo. 5,15).

Die Gnade des Heiligen Geistes

1585 Durch die Gnade des Heiligen Geistes, die diesem Sakrament innewohnt, wird der Geweihte Christus dem Priester, Lehrer und Hirten angeglichen, als dessen Diener er eingesetzt ist.

1586 Der Bischof erhält vor allem eine Gnade der Stärke (,‚den Geist zum Dienst der Leitung“: PR, Bischofsweihe 37). Dies befähigt ihn, seine Kirche wie ein Vater und Hirt kraftvoll und klug zu leiten und zu schützen in selbstloser Liebe zu allen und in besonderer Weise zu den Armen, Kranken und Notleidenden [Vgl. CD 13 und 16.]. Diese Gnade drängt ihn, das Evangelium allen zu verkünden, seiner Herde Vorbild zu sein und ihr auf dem Weg der Heiligung voranzugehen, indem er sich in der Eucharistiefeier mit Christus, dem Priester und Opfer, vereint und nicht davor zurückschreckt, für seine Schafe sein Leben hinzugeben.

„Vater, der du die Herzen kennst, gewähre deinem Diener, den du zum Bischofsamt berufen hast, daß er deine heilige Herde weide und vor dir das erhabene Priestertum untadelig ausübte, indem er dir Tag und Nacht dient. Er stimme dein Antlitz unablässig gnädig und bringe die Gaben deiner heiligen Kirche dar. Kraft des Geistes des erhabenen Priestertums habe er die Gewalt, deinem Gebot gemäß die Sünden nachzulassen. Er verteile die Ämter gemäß deiner Ordnung und löse jedes Band kraft der Gewalt, die du den Aposteln gegeben hast. Er gefalle dir durch seine Milde und sein reines Herz, indem er dir einen angenehmen Duft darbringt durch dein Kind Jesus Christus . . .„ (Hippolyt, trad. ap. 3).

1587 Die geistliche Gabe, die durch die Priesterweihe verliehen wird, kommt im folgenden Gebet des byzantinischen Ritus zum Ausdruck. Der Bischof sagt bei der Handauflegung:

„Herr, erfülle den, den du in deiner Huld zum Priesterstand erheben wolltest, mit der Gabe des Heiligen Geistes, damit er würdig sei, untadelig an deinem Altar zu stehen, das Evangelium von deinem Reich zu verkünden, den Dienst am Wort der Wahrheit zu versehen, dir Gaben und geistige Opfer darzubringen, dein Volk durch das Bad der Wiedergeburt zu erneuern, so daß er selbst am Tag der Wiederkunft unserem großen Gott und Heiland Jesus Christus, deinem eingeborenen Sohn, entgegengeht und von deiner unendlichen Güte die Vergeltung für eine treue Verwaltung seines Amtes erhält“ (Byzantinische Liturgie, Euchologion).

1588 Den Diakonen gibt die sakramentale Gnade die Kraft, „dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebe in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium“ zu dienen (LG 29).

1589 Angesichts der Größe der priesterlichen Gnade und Aufgabe fühlten sich die heiligen Lehrer dringlich zur Bekehrung aufgerufen, um mit ihrem Leben dem zu entsprechen, zu dessen Dienern sie das Sakrament macht. So ruft der hl. Gregor von Nazianz als junger Priester aus:

„Zuerst muß man rein sein, erst dann reinigen; zuerst Weisheit lernen, erst dann sie lehren; zuerst Licht werden, erst dann leuchten; zuerst zu Gott treten, erst dann zu ihm führen; zuerst sich heiligen, erst dann andere heiligen, an der Hand führen und verständig Rat erteilen“ (or. 2,71). „Ich weiß, wessen Diener wir sind, auf welcher Ebene wir uns befinden und wer der ist, zu dem wir uns hinbewegen. Ich kenne die Erhabenheit Gottes und die Schwäche des Menschen, aber auch seine Kraft“ (or. 2,74). Wer also ist der Priester? Er ist „der Verteidiger der Wahrheit; er tritt an die Seite der Engel, lobsingt mit den Erzengeln, läßt die Opfer zum himmlischen Altar emporsteigen, nimmt am Priesterdienst Christi teil, erneuert die Schöpfung, stellt [in ihr] das Bild [Gottes] wieder her, schafft sie neu für die himmlische Welt und, was das Erhabenste ist, wird vergöttlicht und soll vergöttlichen“ (or. 2,73).

Und der hl. Pfarrer von Ars sagt: „Der Priester setzt auf Erden das Erlösungswerk fort ... Verstünde man so richtig, was der Priester auf Erden ist, so stürbe man – nicht vor Schrecken, sondern aus Liebe ... Das Priestertum ist die Liebe des Herzens Jesu“ (Nodet, Jean-Marie Vianney, S. 100).

Kurztexte

1590 Der hl. Paulus sagt zu seinem Schüler Timotheus Entfache die Gnade Gottes wieder die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist“ (2 Tim 1, 6). „Wer das Amt eines Bischofs anstrebt, der strebt nach einer großen Aufgabe (1 Tun 3 1) Zu Titus sagte er: „Ich habe dich in Kreta deswegen zurückgelassen, damit du das, was noch zu tun ist zu Ende fuhrst und in den einzelnen Städten Älteste ein setzt wie ich dir aufgetragen habe“ (Tit 1 5).

1591 Die ganze Kirche ist ein priesterliches Volk. Dank der Tauft nehmen alle Gläubigen am Priestertum Christi teil Diese Teilhabe nennt man gemeinsames Priestertum der Gläubigen Auf seiner Grundlage und zu seinem Dienst besteht eine weitere Teilnahme an der Sendung Christi die des Dienstes, der durch das Weihesakrament übertragen wird und zur Aufgabe hat, im Namen und in der Person Christi, des Hauptes inmitten der Gemeinde zu dienen.

1592 Das Amtspriestertum ist vom gemeinsamen Priestertum dem Wesen nach verschieden denn es verleiht eine heilige Vollmacht zum Dienst an den Gläubigen Die geweihten Diener üben ihren Dienst für das Volk Gottes aus durch Lehrtätigkeit [munus docendi] durch den Gottesdienst [munus liturgicum] und durch die pastorale Leitung [munus regendi].

1593 Von Anfang an wurde das geweihte Amt in den drei Stufen der Bischöfe, Priester und Diakone übertragen und ausgeübt. Die durch die Weihe übertragenen Ämter sind für die organische Struktur der Kirche unersetzlich Ohne den Bischof die Presbyter und die Diakone kann man nicht von Kirche sprechen [Vgl. Ignatius v. Antiochien, Trall. 3,1.].

1594 Der Bischof empfangt die Fülle des Weihesakramentes, die ihn in das Bischofskollegium eingliedert und zum sichtbaren Haupt der ihm anvertrauten Teilkirche macht Als Nachfolger der Apostel und Mitglieder des Kollegiums haben die Bischöfe an der apostolischen Verantwortung und an der Sendung der ganzen Kirche teil unter der Autorität des Papstes des Nachfolgers des hl. Petrus.

1595 Die Priester sind in der Priesterwürde mit den Bischöfen vereint und zugleich in der Ausübung ihrer seelsorglichen Aufgaben von ihnen abhängig. Sie sind dazu berufen, die klugen Mitarbeiter der Bischöfe zu sein sie bilden um ihren Bischof das „Presbyterium“ das zusammen mit ihm für die Teilkirche verantwortlich ist. Sie werden vom Bischof mit der Betreuung einer Pfarrgemeinde oder mit einer besonderen kirchlichen Aufgabe betraut.

1596 Die Diakone sind Amtsträger die geweiht sind um Aufgaben im Dzen3t der Kirche zu versehen Sie erhalten nicht das Amtspriestertum doch überträgt ihnen die Weihe wichtige Ämter im Dienst am Wort in Liturgie Seelsorge und Caritas Sie sollen diese Aufgaben unter der pastoralen Autorität ihres Bischofs ausüben.

1597 Das Sakrament der Weihe wird gespendet durch die Handauflegung des Bischofs auf die ein feierliches Weihegebet folgt. Dieses erbittet von Gott für den Weihekandidaten die Gaben des Heiligen Geistes die für seinen Dienst erforderlich sind. Die Weihe prägt ein unauslöschliches sakramentales Siegel ein.

1598 Die Kirche spendet das Weihesakrament nur getauften Männern von denen nach einer gebührenden Prüfung anzunehmen ist daß sie sich zur Ausübung des betreffenden Amtes eignen. Der kirchlichen Autorität kommt die Verantwortung und das Recht zu jemanden zum Empfang einer Weihe zuzulassen.

1599 In der lateinischen Kirche wird die Weihe zum Presbyterat normaler weise nur solchen Kandidaten gespendet die bereit sind freiwillig den Zölibat auf sich zu nehmen und die öffentlich ihren Willen bekunden an ihm festzuhalten aus Liebe zum Reich Gottes und um den Menschen zu dienen.

1600 Es kommt den Bischöfen zu die drei Stufen des Weihesakramentes zu spenden.


ARTIKEL 7 DAS SAKRAMENT DER EHE

1601 „Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, welche durch ihre natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften von Christus dem Herrn zur Würde eines Sakramentes erhoben“ (CIC, can. 1055, § 1).

I Die Ehe im Plane Gottes

1602 Die Heilige Schrift beginnt mit der Erschaffung des Mannes und der Frau nach dem Bilde Gottes [Vgl. Gen 1,26–27] und schließt mit der Vision der „Hochzeit des Lammes“ (Offb 19,7.9). Von ihren ersten bis zu den letzten Seiten spricht die Schrift von der Ehe und ihrem „Mysterium“, von ihrer Einsetzung und dem Sinn, den Gott ihr gegeben hat, von ihrem Ursprung und ihrem Ziel, von ihrer unterschiedlichen Verwirklichung im ganzen Verlauf der Heilsgeschichte, von ihren aus der Sünde hervorgegangenen Schwierigkeiten und von ihrer Erneuerung „im Herrn“ (1 Kor 7,39) im Neuen Bund Christi und der Kirche [Vgl. Eph 5,31–32].

Die Ehe in der Schöpfungsordnung

1603 „Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der Ehe [wurde] vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen geschützt ... Gott selbst ist Urheber der Ehe“ (GS 48,1). Die Berufung zur Ehe liegt schon in der Natur des Mannes und der Frau, wie diese aus den Händen des Schöpfers hervorgegangen sind. Die Ehe ist nicht eine rein menschliche Institution, obwohl sie im Lauf der Jahrhunderte je nach den verschiedenen Kulturen, Gesellschaftsstrukturen und Geisteshaltungen zahlreiche Veränderungen durchgemacht hat. Diese Unterschiede dürfen nicht die bleibenden und gemeinsamen Züge vergessen lassen. Obwohl die Würde dieser Institution nicht überall mit der gleichen Klarheit aufscheint [Vgl. GS47,2], besteht doch in allen Kulturen ein gewisser Sinn für die Größe der ehelichen Vereinigung, denn „das Wohl der Person sowie der menschlichen und christlichen Gesellschaft ist zuinnerst mit einem Wohlergehen der Ehe- und Familiengemeinschaft verbunden“ (GS 47,1).

1604 Gott, der den Menschen aus Liebe erschaffen hat, hat ihn auch zur Liebe berufen, welche die angeborene, grundlegende Berufung jedes Menschen ist. Der Mensch ist ja nach dem Bild Gottes erschaffen [Vgl. Gen 1,27], der selbst Liebe ist [Vgl. 1 Joh 4,8.16]. Da ihn Gott als Mann und Frau geschaffen hat, wird ihre gegenseitige Liebe ein Bild der unverbrüchlichen, absoluten Liebe, mit der Gott den Menschen liebt. Diese ist in den Augen des Schöpfers gut, ja sehr gut [Vgl. Gen 1,31]. Die eheliche Liebe wird von Gott gesegnet und dazu bestimmt, fruchtbar zu sein und sich im gemeinsamen Werk der Verantwortung für die Schöpfung zu verwirklichen: „Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch“ (Gen 1,28).

1605 Die Heilige Schrift sagt, daß Mann und Frau füreinander geschaffen sind: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein bleibt“ (Gen 2,18). Die Frau ist „Fleisch von seinem Fleisch“ [Vgl. Gn 2,23], das heißt: sie ist sein Gegenüber, ihm ebenbürtig und ganz nahestehend. Sie wird ihm von Gott als eine Hilfe [Vgl. Gn 2,18. 20] gegeben und vertritt somit Gott, in dem unsere Hilfe ist [Vgl. Ps 121,2]. „Darum verläßt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch“ (Gen 2,24). Daß dies eine unauflösliche Einheit des Lebens beider bedeutet, zeigt Jesus selbst, denn er erinnert daran, was „am Anfang“ der Plan Gottes war: „Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins“ (Mt 19,6).

Die Ehe unter der Herrschaft der Sünde

1606 Jeder Mensch erfährt in seiner Umgebung und in sich selbst das Böse. Diese Erfahrung zeigt sich auch in den Beziehungen zwischen Mann und Frau. Ihre Vereinigung war zu allen Zeiten durch Zwietracht, Herrschsucht, Untreue, Eifersucht und durch Konflikte bedroht, die bis zum Haß und zum Bruch gehen können. Diese Unordnung kann sich mehr oder weniger stark äußern; sie läßt sich je nach den Kulturen, Epochen und Individuen mehr oder weniger überwinden, scheint aber doch eine allgemeine zu sein.

1607 Wie der Glaube uns sagt, stammt diese Unordnung, die wir mit Schmerzen wahrnehmen, nicht aus der Natur des Mannes und der Frau und auch nicht aus der Natur ihrer Beziehungen, sondern aus der Sünde. Als Bruch mit Gott zieht die Ursünde als erste Folge den Bruch der ursprünglichen Gemeinschaft zwischen Mann und Frau nach sich. Ihre Beziehungen werden durch gegenseitige Vorwürfe [Vgl. Gen 3,12] getrübt; ihre gegenseitige, vom Schöpfer eigens geschenkte Zuneigung [Vgl. Gen 2,22] entartet zu Herrschsucht und Begierde [Vgl. Gen 3,16b]; die schöne Berufung von Mann und Frau, fruchtbar zu sein, sich zu vermehren und sich die Erde zu unterwerfen [Vgl. Gen 1,28], wird durch die Schmerzen des Gebärens und durch die Mühe des Broterwerbs belastet [Vgl. Gen 3,16–19].

1608 Und doch bleibt, wenn auch schwer gestört, die Schöpfungsordnung bestehen. Um die durch die Sünde geschlagenen Wunden zu heilen, benötigen Mann und Frau die Hilfe der Gnade, die Gott in seiner unendlichen Barmherzigkeit ihnen nie verweigert hat [Vgl. Gen 3,21]. Ohne diese Hilfe kann es dem Mann und der Frau nie gelingen, die Lebenseinheit zustande zu bringen, zu der Gott sie „am Anfang“ geschaffen hat.

Die Ehe in der Schule des Gesetzes

1609 In seinem Erbarmen ließ Gott den sündigen Menschen nicht im Stich. Die Strafen, welche die Sünde nach sich zieht, die Geburtsschmerzen [Vgl. Gen 3,16], die Arbeit „im Schweiße deines Angesichts“ (Gen 3,19), sind auch Heilmittel, die schlimmen Folgen der Sünde in Grenzen halten. Nach dem Sündenfall hilft die Ehe, den Rückzug in sich selbst, den Egoismus, die Suche nach dem eigenen Vergnügen zu überwinden und für den Anderen offen zu sein, bereit, ihm zu helfen und für ihn dazusein.

1610 Das sittliche Bewußtsein für die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe hat sich in der Schule des alttestamentlichen Gesetzes entwickelt. Zwar wird die Polygamie der Patriarchen und Könige noch nicht ausdrücklich zurückgewiesen. Doch das dem Mose gegebene Gesetz zielt darauf ab, die Frau vor der Willkürherrschaft des Mannes zu schützen. Und doch weist das Gesetz, wie Jesus sagte, noch die Spuren der „Herzenshärte“ des Mannes auf, deretwegen Mose die Verstoßung der Frau zugelassen hat [Vgl. Mt19,8; Dtn 24,1].

1611 Die Propheten sahen den Bund Gottes mit Israel unter dem Bild einer ausschließlichen, treuen ehelichen Liebe [Vgl. Hos 1–3; Jes 54; 62; Jer 2–3; 31: Ez 16; 23] und führten so das Bewußtsein des auserwählten Volkes zu einem tieferen Verständnis der Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe [Vgl. Mal 2,13–17]. Die Bücher Rut und Tobit bieten berührende Zeugnisse der hohen Auffassung von der Ehe, der treuen, zärtlichen Gemeinschaft zwischen den Gatten. Die Überlieferung erblickte im Hohenlied stets einen großartigen Ausdruck der menschlichen Liebe als eines reinen Widerscheins der Liebe Gottes, einer Liebe, die „stark ist wie der Tod“ und die „auch mächtige Wasser ... nicht löschen“ können (Hld 8,6–7).

Die Ehe im Herrn

1612 Der Ehebund zwischen Gott und seinem Volk Israel hatte den neuen, ewigen Bund vorbereitet. In diesem Bund hat sich der Sohn Gottes in seiner Menschwerdung und der Hingabe seines Lebens gewissermaßen mit der ganzen durch ihn geretteten Menschheit verbunden [Vgl. GS 22] und dadurch „die Hochzeit des Lammes“ (Offb 19,7.9) vorbereitet.

1613 Zu Beginn seines öffentlichen Lebens wirkte Jesus – auf die Bitte seiner Mutter hin – bei einem Hochzeitsfest sein erstes Zeichen [Vgl. Joh 2,1–11]. Die Kirche mißt der Teilnahme Jesu an der Hochzeit von Kana große Bedeutung bei. Sie erblickt darin die Bestätigung dafür, daß die Ehe etwas Gutes ist, und die Ankündigung, daß die Ehe fortan ein wirksames Zeichen der Gegenwart Christi sein wird.

1614 In seiner Predigttätigkeit lehrte Jesus unmißverständlich den ursprünglichen Sinn der Vereinigung von Mann und Frau, wie sie der Schöpfer zu Beginn gewollt hatte: Die von Mose gegebene Erlaubnis, seine Frau zu verstoßen, sei ein Entgegenkommen gegenüber der Herzenshärte gewesen [Vgl. Mt 19,8]; die eheliche Vereinigung von Mann und Frau sei unauflöslich – Gott selbst habe sie geschlossen: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6).

1615 Dieses nachdrückliche Bestehen auf der Unauflöslichkeit des Ehebandes hat Ratlosigkeit hervorgerufen und ist als eine unerfüllbare Forderung erschienen. Jesus hat jedoch den Gatten keine untragbare Last aufgebürdet [Vgl. Mt 11,29–30], die noch drückender wäre als das Gesetz des Mose. Durch die Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten anfänglichen Schöpfungsordnung gab er selbst die Kraft und die Gnade, die Ehe in der neuen Gesinnung des Reiches Gottes zu leben. Wenn die Gatten Christus nachfolgen, sich selbst verleugnen und ihr Kreuz auf sich nehmen [Vgl. Mk 8,34], werden sie den ursprünglichen Sinn der Ehe „erfassen“ [Vgl. Mt 19,11.] und ihn mit Hilfe Christi auch leben können. Diese Gnade der christlichen Ehe ist eine Frucht des Kreuzes Christi, der Quelle allen christlichen Lebens.

1616 Der Apostel Paulus macht das begreiflich, wenn er sagt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie ... rein und heilig zu machen“ (Eph 5, 25–26). Und er fügt gleich hinzu: „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche“ (Eph 5,31–32).

1617 Das ganze christliche Leben trägt die Handschrift der bräutlichen Liebe Christi und der Kirche. Schon die Taufe, der Eintritt in das Volk Gottes, ist ein bräutliches Mysterium; sie ist sozusagen das „Hochzeitsbad“ [Vgl. Eph 5,26–27], das dem Hochzeitsmahl, der Eucharistie, vorausgeht. Die christliche Ehe wird wirksames Zeichen, Sakrament des Bundes zwischen Christus und der Kirche. Weil sie dessen Gnade bezeichnet und mitteilt, ist die Ehe zwischen Getauften ein wahres Sakrament des Neuen Bundes [Vgl. DS 1800; CIC, can. 1055, § 2].

Die Jungfräulichkeit um des Himmeireiches willen

1618 Christus ist das Zentrum des ganzen christlichen Lebens. Die Verbindung mit ihm hat Vorrang vor allen anderen Bindungen in Familie und Gesellschaft [Vgl. Lk 14,26; Mk 10,28–31]. Seit Beginn der Kirche gab es Männer und Frauen, die auf das große Gut der Ehe verzichteten, um dem Lamm überallhin zu folgen, wohin es geht [Vgl. Offb 14,4], sich um die Dinge des Herrn zu kümmern, ihm zu gefallen suchen [Vgl. 1 Kor7,32] und um dem kommenden Bräutigam entgegenzugehen [Vgl. Mt 25,6]. Christus selbst hat einzelne eingeladen, ihm in dieser Lebensweise, die er selbst vorgelebt hat, zu folgen:

„Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht, und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des Himmel reiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es“ (Mt 19,12).

1619 Die Jungfräulichkeit um des Himmel reiches willen ist eine Entfaltung der Taufgnade, ein mächtiges Zeichen des Vorrangs der Verbindung mit Christus, des sehnsüchtigen Harrens auf seine Wiederkunft, ein Zeichen, das auch daran erinnert, daß die Ehe der Weltzeit angehört, die vorübergeht [Vgl. Mk 12,25; 1 Kor 7,31].

1620 Beide, das Sakrament der Ehe und die Jungfräulichkeit um des Gottesreiches willen, kommen vom Herrn selbst. Er gibt ihnen Sinn und schenkt die unerläßliche Gnade, sie so zu leben, wie es seinem Willen entspricht [Vgl. Mt 19.3–12]. Die Hochschätzung der Jungfräulichkeit um des Himmel reiches willen [Vgl. LG 42; PC 12; OT 10] und der christliche Sinn der Ehe lassen sich nicht voneinander trennen; sie fördern einander.

„Die Ehe herabwürdigen, heißt gleichzeitig die Ehre der Jungfräulichkeit schmälern; sie lobpreisen, heißt die der Jungfräulichkeit gebührende Bewunderung steigern ... Was nämlich nur im Vergleich mit einem Übel gut erscheint, kann nicht wirklich gut sein, aber das, was noch besser ist als unbestrittene Güter, ist das hervorragende Gut“ (Johannes Chrysostomus, virg. 10, 1) [Vgl. FC 16].

II Die Feier der Trauung

1621 Im lateinischen Ritus findet die Feier der Trauung von katholischen Gläubigen wegen des Zusammenhanges aller Sakramente mit dem Pascha-Mysterium Christi [Vgl. SC 61] normalerweise im Verlauf der heiligen Messe statt. In der Eucharistie vollzieht sich das Gedächtnis des Neuen Bundes, in dem Christus sich für immer mit der Kirche vereint hat, seiner geliebten Braut, für die er sich hingab [Vgl. LG 6]. Somit ist es angemessen, daß die Brautleute ihr Ja zur gegenseitigen Selbsthingabe dadurch besiegeln, daß sie sich mit der Hingabe Christi an seine Kirche vereinen, die im eucharistischen Opfer vergegenwärtigt wird, und die Eucharistie empfangen, damit sie durch die Vereinigung mit dem gleichen Leib und dem gleichen Blut Christi in Christus nur einen Leib bilden [Vgl. 1 Kor 10,17].

1622 „Als Handlung sakramentalen Heiligens muß die liturgische Feier der Trauung ... gültig, würdig und fruchtbar sein“ (FC 67). Deshalb ist es angebracht, daß sich die Brautleute durch den Empfang des Bußsakramentes auf die Trauung vorbereiten.

1623 In der lateinischen Kirche ist man allgemein der Auffassung, daß die Brautleute selbst als Übermittler der Gnade Christi einander das Ehesakrament spenden, indem sie vor der Kirche ihren Ehewillen erklären. In den östlichen Liturgien wird dieses Sakrament, das „Krönung“ genannt wird, durch den Priester oder Bischof gespendet. Nachdem dieser den gegenseitigen Konsens der Brautleute entgegengenommen hat, krönt er zum Zeichen des Ehebundes den Bräutigam und die Braut.

1624 Die verschiedenen Liturgien sind reich an Segens- und Epiklesegebeten, die von Gott Gnade und Segen für das neue Ehepaar, insbesondere für die Braut, erbitten. In der Epiklese dieses Sakramentes empfangen die Brautleute den Heiligen Geist als Gemeinschaft der Liebe zwischen Christus und der Kirche [Vgl. Eph 5,32]. Er ist das Siegel ihres Bundes, der stets strömende Quell ihrer Liebe, die Kraft, in der sich ihre Treue erneuert.

III Der Ehekonsens

1625 Der Ehebund wird geschlossen von einem Mann und einer Frau, die

getauft und die frei sind, die Ehe zu schließen, und die ihren Konsens freiwillig äußern. „Frei sein“ heißt:

– unter keinem Zwang stehen;

– nicht durch ein Natur- oder Kirchengesetz gehindert sein.

1626 Die Kirche betrachtet den Konsens der Brautleute als unerläßliches Element des Ehebundes. „Die Ehe kommt“ durch dessen gegenseitige Kundgabe „zustande“ (CIC, can. 1057, § 1). Falls der Konsens fehlt, kommt es nicht zur Ehe.

1627 Der Konsens besteht in dem „personal freien Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen“ (GS 48,1)1 „Ich nehme dich zu meiner Frau“; „Ich nehme dich zu meinem Mann“ (0cM 45). Dieser Konsens, der die Brautleute aneinander bindet, wird dadurch vollzogen, daß „die beiden ein Fleisch werden“ [Vgl. Gen 2,24; Mk 10,8; Eph 5,31].

1628 Der Konsens muß ein Willensakt jedes der beiden Vertragspartner sein und frei von Zwang oder schwerer Furcht, die von außen eingeflößt wird [Vgl. CIC, can. 1103]. Keine menschliche Gewalt kann den Konsens ersetzen [Vgl. CIC, can. 1057, § 1]. Falls diese Freiheit fehlt, ist die Ehe ungültig.

1629 Aus diesem Grund (oder aus anderen Gründen, welche die Ehe null und nichtig machen) [Vgl. CIC, cann. 1095–1107] kann die Kirche, nachdem der Fall vom zuständigen kirchlichen Gericht geprüft worden ist, die Ehe für ungültig erklären, das heißt erklären, daß die Ehe nie bestanden hat. In diesem Fall sind die beiden Partner frei zu heiraten; sie müssen nur die natürlichen Verpflichtungen einhalten, die sich aus einer früheren Verbindung ergeben [Vgl. CIC, can. 1071].

1630 Der Priester oder Diakon, der bei der Trauung assistiert, nimmt im Namen der Kirche den Konsens der Brautleute entgegen und erteilt den Segen der Kirche. Die Gegenwart des Amtsträgers der Kirche und der Trauzeugen bringt sichtbar zum Ausdruck, daß die Ehe eine kirchliche Lebensform ist.

1631 Aus diesem Grund verlangt die Kirche normalerweise von ihren Gläubigen, daß sie die Ehe in kirchlicher Form schließen [Vgl. K. v. Trient: DS 1813–1816; CIC, can. 1108.]. Für diese Bestimmung liegen mehrere Gründe vor:

öffentlichen Liturgie der Kirche gefeiert wird.

– Die Trauung führt in einen kirchlichen Stand ein; sie schafft Rechte und Pflichten in der Kirche, zwischen den Gatten und gegenüber den Kindern.

– Weil die Ehe ein Lebensstand in der Kirche ist, muß über den Abschluß der Ehe Gewißheit bestehen – darum ist die Anwesenheit von Zeugen verpflichtend.

–. Der öffentliche Charakter des Konsenses schützt das einmal gegebene Jawort und hilft, ihm treu zu bleiben.

1632 Damit das Ja der Brautleute ein freier, verantwortlicher Akt ist und damit der Ehebund feste und dauerhafte menschliche und christliche Grundlagen hat, ist die Vorbereitung auf die Ehe höchst wichtig.

Das Beispiel und die Erziehung durch Eltern und Familien bleiben die beste Vorbereitung.

Die Seelsorger und die christliche Gemeinde als eine „Familie Gottes“ spielen bei der Weitergabe der menschlichen und christlichen Werte der Ehe und der Familie eine unersetzliche Rolle [Vgl. CIC, can. 1063], und zwar umsomehr, als in unserer Zeit viele junge Menschen das Zerbrechen von Ehen erleben müssen, so daß diese Vorbereitung nicht mehr genügend gewährleistet ist.

„Jugendliche sollen über die Würde, die Aufgaben und den Vollzug der ehelichen Liebe am besten im Kreis der Familie selbst rechtzeitig in geeigneter Weise unterrichtet werden, damit sie, an keusche Zucht gewöhnt, im entsprechenden Alter nach einer ehrenhaften Brautzeit in die Ehe eintreten können“ (GS 49,3).

Mischehen und Verschiedenheit des Kults

1633 Mischehen [zwischen Katholiken und getauften Nichtkatholiken], zu denen es in zahlreichen Ländern häufig kommt, bedürfen besonderer Achtsamkeit, sowohl von den beiden Gatten als auch von den Seelsorgern. Im Fall der Kultverschiedenheit [zwischen Katholiken und Ungetaufen] ist noch größere Umsicht geboten.

1634 Der Umstand, daß die Brautleute nicht der gleichen Konfession angehören, stellt nicht ein unüberwindliches Ehehindernis dar, falls es ihnen gelingt, das, was jeder in seiner Gemeinschaft erhalten hat, zusammenzubringen und voneinander zu lernen, wie jeder seine Treue zu Christus lebt. Doch dürfen die Probleme, die Mischehen mit sich bringen, nicht unterschätzt werden. Sie gehen darauf zurück, daß die Spaltung der Christen noch nicht behoben ist. Für die Gatten besteht die Gefahr, daß sie die Tragik der Uneinheit der Christen sogar im Schoß ihrer Familie verspüren. Kultverschiedenheit kann diese Probleme noch erschweren. Unterschiedliche Auffassungen über den Glauben und selbst über die Ehe, aber auch unterschiedliche religiöse Geisteshaltungen können in der Ehe zu Spannungen führen, vor allem in bezug auf die Kindererziehung. Dann kann sich die Gefahr einstellen, religiös gleichgültig zu werden.

1635 Gemäß dem in der lateinischen Kirche geltenden Recht bedarf eine Mischehe, um erlaubt zu sein, der ausdrücklichen Erlaubnis der kirchlichen Autorität [Vgl. CIC, can. 1124]. Im Fall der Kultverschiedenheit ist zur Gültigkeit eine ausdrückliche Dispens von diesem Hindernis erforderlich [Vgl. CIC; can. 1086]. Diese Erlaubnis und diese Dispens setzen voraus, daß die beiden Partner die wesentlichen Zwecke und Eigenschaften der Ehe sowie die Verpflichtungen kennen und nicht ausschließen, die der katholische Partner in bezug auf die Taufe und die Erziehung der Kinder in der katholischen Kirche hat [Vgl. CIC, can. 1125].

1636 Dank des ökumenischen Dialogs konnten in vielen Gegenden die betroffenen christlichen Gemeinschaften eine gemeinsame Mischehenpastoral organisieren. Diese soll die Paare dazu ermutigen, ihre besondere Situation im Licht des Glaubens zu leben. Sie soll ihnen auch dabei helfen, die Spannungen zwischen den Verpflichtungen der Ehepartner füreinander und für ihre jeweiligen kirchlichen Gemeinschaften zu überwinden. Diese Pastoral muß die Entfaltung dessen fördern, was dem Glauben der Partner gemeinsam ist und die Achtung vor dem, was sie trennt.

1637 Bei Kultverschiedenheit hat der katholische Partner eine besondere Aufgabe, „denn der ungläubige Mann ist durch die Frau geheiligt, und die ungläubige Frau ist durch ihren gläubigen Mann geheiligt“ (1 Kor 7,14). Für den christlichen Ehepartner und für die Kirche ist es eine große Freude, wenn diese „Heiligung“ zur freiwilligen Bekehrung des anderen Partners zum christlichen Glauben führt [Vgl. 1 Kor 7,16]. Die aufrichtige eheliche Liebe, die schlichte, geduldige Ausübung der Familientugenden und beharrliches Gebet können den nichtchristlichen Ehepartner darauf vorbereiten, die Gnade der Bekehrung anzunehmen.

IV Die Wirkungen des Sakramentes der Ehe

1638 „Aus einer gültigen Ehe entsteht zwischen den Ehegatten ein Band, das seiner Natur nach lebenslang und ausschließlich ist; in einer christlichen Ehe werden zudem die Ehegatten durch ein besonderes Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht für die Pflichten und die Würde ihres Standes“ (CIC, can. 1134).

Das Eheband

1639 Das Versprechen, durch das sich die Brautleute einander schenken und einander annehmen, wird durch Gott selbst besiegelt [Vgl. Mk 10.9.]. Aus ihrem Bund entsteht „eine nach göttlicher Ordnung feste Institution, und zwar auch gegenüber der Gesellschaft“ (GS 48,1). Der Bund zwischen den Gatten wird in den Bund Gottes mit den Menschen eingegliedert: „Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe aufgenommen“ (GS 48,2).

1640 Das Band der Ehe wird somit von Gott selbst geknüpft, so daß die zwischen Getauften geschlossene und vollzogene Ehe nie aufgelöst werden kann. Dieses Band, das aus dem freien menschlichen Akt der Brautleute und dem Vollzug der Ehe hervorgeht, ist fortan unwiderrufliche Wirklichkeit und stellt einen durch die Treue Gottes gewährleisteten Bund her. Es liegt nicht in der Macht der Kirche, sich gegen diese Verfügung der göttlichen Weisheit auszusprechen [Vgl. CIC, can. 1141].

Die Gnade des Sakramentes der Ehe

1641 „Die christlichen Gatten ... haben so in ihrem Lebensstand und in ihrer Ordnung ihre eigene Gabe im Volk Gottes“ (LG 11). Diese eigene Gnade des Ehesakramentes ist dazu bestimmt, die Liebe der Gatten zu vervollkommnen und ihre unauflösliche Einheit zu stärken. Kraft dieser Gnade fördern sich die Gatten „gegenseitig im ehelichen Leben sowie der Annahme und Erziehung der Nachkommenschaft zur Heiligung“ (LG 11) [Vgl. LG 41].

1642 Christus ist der Quell dieser Gnade. Wie „Gott einst durch den Bund der Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam, so begegnet nun der Erlöser der Menschen und der Bräutigam der Kirche durch das Sakrament der Ehe den christlichen Gatten“ (GS 48,2). Er bleibt bei ihnen und gibt ihnen die Kraft, ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm so nachzufolgen, aufzustehen, nachdem sie gefallen sind, einander zu vergeben, die Last des andern zu tragen [Vgl. Gal 6,2], sich einander unterzuordnen „in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus“ (Eph 5,21) und in zarter, fruchtbarer übernatürlicher Liebe einander zu lieben. In den Freuden ihrer Liebe und ihres Familienlebens gibt er ihnen schon hier einen Vorgeschmack des Hochzeitsmahles des Lammes.

„Wie vermag ich das Glück jener Ehe zu schildern, die von der Kirche geeint, vom Opfer gestärkt und vom Segen besiegelt ist, von den Engeln verkündet und vom Vater anerkannt? ... Welches Zweigespann: Zwei Gläubige mit einer Hoffnung, mit einem Verlangen, mit einer Lebensform, in einem Dienste; Kinder eines Vaters, Diener eines Herrn! Keine Trennung im Geist, keine im Fleisch, sondern wahrhaft zwei in einem Fleisch. Wo das Fleisch eines ist, dort ist auch der Geist eins“ (Tertullian, ux. 2,9) [Vgl. FC 13,].

V Die Werte und die Forderungen der ehelichen Liebe

1643 „Die eheliche Liebe hat etwas Totales an sich, das alle Dimensionen der Person umfaßt: Sie betrifft Leib und Instinkt, die Kraft des Gefühls und der Affektivität, das Verlangen von Geist und Willen; sie ist auf eine zutiefst personale Einheit hingeordnet, die über das leibliche Einswerden hinaus dazu hinführt, ein Herz und eine Seele zu werden; sie fordert Unauflöslichkeit und Treue in der endgültigen gegenseitigen Hingabe und ist offen für die Fruchtbarkeit. In einem Wort, es handelt sich um die normalen Merkmale jeder natürlichen ehelichen Liebe, jedoch mit einem neuen Bedeutungsgehalt, der sie nicht nur läutert und festigt, sondern so hoch erhebt, daß sie Ausdruck spezifisch christlicher Werte werden“ (FC 13).

Die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe

1644 Die Liebe der Gatten erfordert von Natur aus die Einheit und Unauflöslichkeit ihrer personalen Gemeinschaft, die ihr ganzes Leben umfaßt: „sie sind nicht mehr zwei, sondern eins“ (Mt 19,6) [Vgl. Gen 2,24]. Sie sind „berufen, in ihrer Einheit ständig zu wachsen durch die Treue, mit der sie täglich zu ihrem Eheversprechen gegenseitiger Ganzhingabe stehen“ (FC 19). Diese menschliche Gemeinschaft wird durch die im Sakrament der Ehe gegebene Gemeinschaft in Jesus Christus bekräftigt, geläutert und vollendet. Sie vertieft sich durch das gemeinsame Glaubensleben und durch die gemeinsam empfangene Eucharistie.

1645 „Wenn wirklich durch die gegenseitige und bedingungslose Liebe die gleiche personale Würde sowohl der Frau wie des Mannes anerkannt wird, wird auch die vom Herrn bestätigte Einheit der Ehe deutlich“ (GS 49,2). Die Polygamie widerspricht dieser gleichen Würde der Gatten und der ehelichen Liebe, die einzig und ausschließlich ist [Vgl. FC 19.].

Die Treue in der ehelichen Liebe

1646 Die eheliche Liebe verlangt von Natur aus von den Gatten unverletzliche Treue. Das ergibt sich aus der gegenseitigen Hingabe, in der die beiden Gatten sich einander schenken. Liebe will endgültig sein. Sie kann nicht bloß „bis auf weiteres“ gelten. „Diese innige Vereinigung als gegenseitiges

Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit“

(GS 48,1).

1647 Der tiefste Grund liegt in der Treue Gottes zu seinem Bund und in der Treue Christi zu seiner Kirche. Durch das Sakrament der Ehe werden die Gatten fähig, diese Treue zu leben und sie zu bezeugen. Durch das Sakrament erhält die Unauflöslichkeit der Ehe einen neuen, tieferen Sinn.

1648 Sich lebenslang an einen Menschen binden, kann schwierig, ja unmöglich erscheinen. Umso wichtiger ist es, die frohe Botschaft zu verkünden, daß Gott uns mit einer endgültigen, unwiderruflichen Liebe liebt, daß die Gatten an dieser Liebe teilhaben, daß diese sie trägt und stützt, und daß sie durch ihre Treue Zeugen der treuen Liebe Gottes sein können. Die Gatten, die mit der Hilfe Gottes in oft sehr schwierigen Verhältnissen dieses Zeugnis geben, verdienen den Dank und den Beistand der kirchlichen Gemeinschaft [Vgl. FC 20].

1649 Es gibt jedoch Situationen, in denen das eheliche Zusammenleben aus sehr verschiedenen Gründen praktisch unmöglich wird. In diesen Fällen gestattet die Kirche, daß sich die Gatten dem Leib nach trennen und nicht länger zusammenwohnen. Die Ehe der getrennten Gatten bleibt aber vor Gott weiterhin aufrecht; sie sind nicht frei, eine neue Ehe zu schließen. In dieser schwierigen Situation wäre, falls dies möglich ist, die Versöhnung die beste Lösung. Die christliche Gemeinde soll diesen Menschen behilflich sein, in ihrem Leben diese Situation christlich zu bewältigen, in Treue zu ihrem Eheband, das unauflöslich bleibt [Vgl. FC 83; CIC, cann. 1151–1155].

1650 In vielen Ländern gibt es heute zahlreiche Katholiken, die sich nach den zivilen Gesetzen scheiden lassen und eine neue, zivile Ehe schließen. Die Kirche fühlt sich dem Wort Jesu Christi verpflichtet: „Wer seine Frau aus der Ehe entläßt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entläßt und einen anderen heiratet“ (Mk 10,11–12). Die Kirche hält deshalb daran fest, daß sie, falls die Ehe gültig war, eine neue Verbindung nicht als gültig anerkennen kann. Falls Geschiedene zivil wiederverheiratet sind, befinden sie sich in einer Situation, die dem Gesetze Gottes objektiv widerspricht. Darum dürfen sie, solange diese Situation andauert, nicht die Kommunion empfangen. Aus dem gleichen Grund können sie gewisse kirchliche Aufgaben nicht ausüben. Die Aussöhnung durch das Bußsakrament kann nur solchen gewährt werden, die es bereuen, das Zeichen des Bundes und der Treue zu Christus verletzt zu haben, und sich verpflichten, in vollständiger Enthaltsamkeit zu leben.

1651 Den Christen, die in dieser Situation leben und oft den Glauben bewahren und ihre Kinder christlich erziehen möchten, sollen die Priester und die ganze Gemeinde aufmerksame Zuwendung schenken, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, an deren Leben sie sich als Getaufte beteiligen können und sollen.

„Sie sollen ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Meßopfer teilzunehmen, regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe und Unternehmungen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich herabzurufen“ (FC 84).

Die Bereitschaft zur Fruchtbarkeit

1652 „Durch ihre natürliche Eigenart sind die Ehe als Institution und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung“ (GS 48,1).

„Kinder sind gewiß die vorzüglichste Gabe für die Ehe und tragen zum Wohl der Eltern selbst sehr viel bei. Derselbe Gott, der gesagt hat: ‚Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei‘ (Gen 2,18) und ‚der den Menschen von Anfang an als Mann und Frau schuf‘ (Mt 19,4), wollte ihm eine besondere Teilnahme an seinem schöpferischen Wirken verleihen, segnete darum Mann und Frau und sprach: ‚Wachset und mehret euch‘ (Gen 1,28). Ohne Hintansetzung der übrigen Eheziele sind deshalb die echte Gestaltung der ehelichen Liebe und die ganze sich daraus ergebende Natur des Familienlebens dahin ausgerichtet, daß die Gatten von sich aus entschlossen bereit sind zur Mitwirkung mit der Liebe des Schöpfers und Erlösers, der durch sie seine eigene Familie immer mehr vergrößert und bereichert“ (GS 50,1).

1653 Die Fruchtbarkeit der ehelichen Liebe besteht auch in den Früchten des sittlichen, geistigen und übernatürlichen Lebens, das die Eltern durch die Erziehung ihren Kindern weitergeben. Die Eltern sind die ersten und wichtigsten Erzieher ihrer Kinder [Vgl. GE 3]. In diesem Sinn ist die grundlegende Aufgabe der Ehe und der Familie die, im Dienst des Lebens zu stehen [Vgl. FC 28].

1654 Eheleute, denen Gott Kindersegen versagt hat, können dennoch ein menschlich und christlich sinnvolles Eheleben führen. Ihre Ehe kann fruchtbar sein an Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und Opfergeist und diese ausstrahlen.

VI Die Hauskirche

1655 Christus wollte im Schoß der heiligen Familie Josephs und Marias zur Welt kommen und aufwachsen. Die Kirche ist nichts anderes als die „Familie Gottes“. Von Anfang an wurde der Kern der Kirche oft von denen gebildet, die „mit ihrem ganzen Haus“ gläubig geworden waren [Vgl. Apg 18,8]. Als sie sich bekehrten, wünschten sie auch, daß „ihr ganzes Haus“ das Heil erlange [Vgl. Apg 16,31 und 11,14]. Diese gläubig gewordenen Familien waren Inseln christlichen Lebens in einer ungläubigen Welt.

1656 Heute, in einer Welt, die dem Glauben oft fernsteht oder sogar feind ist, sind die christlichen Familien als Brennpunkte lebendigen, ausstrahlenden Glaubens höchst wichtig. Darum nennt das Zweite Vatikanische Konzil die Familie nach einem alten Ausdruck „Ecclesia domestica“ [Hauskirche] (LG 11) [Vgl. FC 21]. Im Schoß der Familie „sollen die Eltern durch Wort und Beispiel für ihre Kinder die ersten Glaubensboten sein und die einem jeden eigene Berufung fördern, die geistliche aber mit besonderer Sorgfalt“ (LG 11).

1657 Hier wird das durch die Taufe erworbene Priestertum des Familienvaters, der Mutter, der Kinder, aller Glieder der Familie aufs schönste ausgeübt „im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, durch das Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe“ (LG 10). Die Familie ist so die erste Schule des christlichen Lebens und „eine Art Schule reich entfalteter Humanität“ (GS 52,1). Hier lernt man Ausdauer und Freude an der Arbeit, geschwisterliche Liebe, großmütiges, ja wiederholtes Verzeihen und vor allem den Dienst Gottes in Gebet und Hingabe des Lebens.

1658 Wir müssen noch an diejenigen Menschen denken, die aufgrund der konkreten Verhältnisse, in denen sie – oft ohne es gewollt zu haben – leben müssen, dem Herzen Jesu besonders nahestehen und deshalb die Wertschätzung und angelegentliche Sorge der Kirche, vor allem der Seelsorger, verdienen: an die große Zahl der unverheirateten Menschen. Viele von ihnen bleiben, oft wegen ihrer Armut, ohne menschliche Familie. Einige bewältigen ihre Lebenssituation im Geist der Seligpreisungen, indem sie Gott und dem Nächsten vorbildlich dienen. Ihnen allen sind die Pforten der Familien, der „Hauskirchen“, und die der großen Familie, der Kirche, zu öffnen. „Niemand ist ohne Familie auf dieser Welt; die Kirche ist Haus und Familie für alle, besonders für jene, die ‚sich plagen und schwere Lasten tragen‘

(Mt 11,28)“ (FC 85).

KURZTEXTE

1659 Der hl. Paulus sagt: „Ihr Männer liebt eure Frauen wie Christus die Kirche geliebt hat Dies ist ein tiefes Mysterium ich beziehe es auf Christus und die Kirche (Eph 5 25 32).

1660 Der Bund der Ehe durch den ein Mann und eine Frau miteinander eine innige Lebens und Liebesgemeinschaft bilden wurde durch den Schöpfer grundgelegt und mit eigenen Gesetzen versehen Er ist von Natur aus auf das Wohl der Ehegatten sowie auf die Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet Der Ehebund zwischen Getauften wurde von Christus dem Herrn zui Wurde eines Sakramentes erhoben [Vgl. GS 48,1; CIC, can. 1055, § 1].

1661 Das Sakrament der Ehe ist ein Zeichen für den Bund zwischen Christus und der Koche Er gibt den Gatten die Gnade einander mit der Liebe zu lieben mit der Christus die Kirche liebt Die Gnade des Sakramentes vervollkommnet so die menschliche Liebe der Gatten stärkt ihre unauflösliche Einheit und heiligt sie auf dem Weg zum ewigen Leben [Vgl. K. v. Trient: DS 1799].

1662 Die Ehe gründet auf dem Konsens der Vertragspartner das heißt auf dem Willen sich einander endgültig hinzugeben um in einem treuen und fruchtbaren Ehebund zu leben.

1663 Da die Ehe die Gatten in einen öffentlichen Lebensstand innerhalb der Kirche stellt ist es angebracht daß die Trauung öffentlich, im Rahmen einer liturgischen Feier geschieht vor dem Priester (oder dem dazu bevollmächtigten Zeugen der Kirche) den Trauzeugen und der Gemeinde der Gläubigen.

1664 Einheit Unauflöslichkeit und Bereitschaft zur Fruchtbarkeit sind für die Ehe wesentlich Die Polygamie laßt sich mit der Einheit der Ehe nicht vereinbaren Eine Scheidung trennt was Gott vereint hat die Weigerung fruchtbar zu sein bringt das eheliche Leben um seine vorzüglichste Gabe das Kind (GS 50 1).

1665 Geschiedene, die zu Lebzeiten des rechtmäßigen Gatten wieder heiraten, verstoßen gegen den Plan und das Gesetz Gottes, wie Christus es gelehrt hat. Sie sind zwar nicht von der Kirche getrennt, dürfen aber die heilige Kommunion nicht empfangen. Sie können ihr Leben dennoch christlich führen, vor allem dadurch, daß sie ihre Kinder im Glauben erziehen.

1666 Die christliche Familie ist die Stätte, wo die Kinder die erste Kunde vom Glauben erhalten. Darum wird sie mit Recht „Hauskirche“ genannt – eine Gnaden- und Gebetsgemeinschaft, eine Schule der menschlichen Tugenden und der christlichen Liebe.


VIERTES KAPITEL

ANDERE LITURGISCHE FEIERN

ARTIKEL 8 DIE SAKRAMENTALIEN

1667 „Außerdem hat die heilige Mutter Kirche Sakramentalien eingesetzt. Diese sind heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden. Durch diese Zeichen werden die Menschen bereitet, die eigentliche Wirkung der Sakramente aufzunehmen; zugleich wird durch solche Zeichen das Leben in seinen verschiedenen Gegebenheiten geheiligt“ (SC 60)1.

Die Merkmale der Sakramentalien

1668 Die Kirche hat Sakramentalien eingesetzt, um gewisse Ämter der Kirche, gewisse Lebensstände, vielerlei Umstände des christlichen Lebens sowie den Gebrauch von Gegenständen, die dem Menschen nützlich sind, zu heiligen. Gemäß den pastoralen Entscheiden der Bischöfe dürfen sie auch den besonderen Bedürfnissen und der besonderen Kultur und Geschichte des christlichen Volkes einer Region oder Zeit angepaßt werden. Sie enthalten stets ein Gebet, das oft von einem bestimmten Zeichen begleitet wird, etwa von der Handauflegung, dem Kreuzzeichen oder der Besprengung mit Weihwasser, die an die Taufe erinnert.

1669 Die Sakramentalien fallen unter die Zuständigkeit des Priestertums aller Getauften: Jeder Getaufte ist dazu berufen, ein „Segen“ zu sein [Vgl. Gen 12,2] und zu segnen [Vgl. Lk 6,28; Röm 12,14: 1 Petr 3,9]. Daher können Laien gewissen Segnungen vorstehen [Vgl. SC 79; CIC, can, 1168]. Je mehr eine Segnung das kirchliche und sakramentale Leben betrifft, desto mehr ist ihr Vollzug dem geweihten Amt (Bischöfen, Priestern und Diakonen) [Vgl. Ben 16; 18] vorbehalten.

1670 Die Sakramentalien verleihen die Gnade des Heiligen Geistes nicht nach Art der Sakramente, sondern bereiten durch das Gebet der Kirche vor, die Gnade zu empfangen und mit ihr mitzuwirken. „Wenn die Gläubigen recht bereitet sind, wird ihnen nahezu jedes Ereignis ihres Lebens geheiligt durch die göttliche Gnade, die ausströmt vom Pascha-Mysterium des Leidens, des Todes und der Auferstehung Christi, aus dem alle Sakramente und Sakramentalien ihre Kraft ableiten. Auch bewirken sie, daß es kaum einen rechten Gebrauch der materiellen Dinge gibt, der nicht auf das Ziel ausgerichtet werden kann, den Menschen zu heiligen und Gott zu loben“ (SC 61).

Die vielfältigen Formen der Sakramentalien

1671 Zu den Sakramentalien gehören in erster Linie die Segnungen (von Personen, Gegenständen, Orten oder Mahlzeiten). Jede Segnung ist ein Lobpreis Gottes und ein Gebet um seine Gaben. In Christus sind die Christen „mit allem Segen seines Geistes gesegnet“ (Eph 1,3). Darum ruft die Kirche, wenn sie einen Segen erteilt, den Namen Jesu an und macht dabei für gewöhnlich das heilige Zeichen des Kreuzes Christi.

1672 Gewisse Segnungen haben eine dauernde Bedeutung, nämlich die Wirkung, Personen Gott zu weihen und Gegenstände und Orte dem liturgischen Gebrauch vorzubehalten. Zu den für Personen bestimmten Segnungen – die nicht mit der sakramentalen Weihe zu verwechseln sind – gehören die Segnung des Abtes oder der Äbissin eines Klosters, die Jungfrauenweihe, der Ritus der Ordensprofeß und die Segnungen von Personen, die in der Kirche bestimmte Dienste verrichten (wie Lektoren, Akolythen und Katecheten). Beispiele von Segnungen, welche Gegenstände betreffen, sind die Weihe oder Segnung einer Kirche oder eines Altars, die Segnung der heiligen Öle, der sakralen Gefäße und Gewänder sowie der Glocken.

1673 Wenn die Kirche öffentlich und autoritativ im Namen Jesu Christi darum betet, daß eine Person oder ein Gegenstand vor der Macht des bösen Feindes beschützt und seiner Herrschaft entrissen wird, spricht man von einem Exorzismus. Jesus hat solche Gebete vollzogen [Vgl. Mk 1,25–26]; von ihm hat die Kirche Vollmacht und Auftrag, Exorzismen vorzunehmen [Vgl. Mk 3,15; 6,7.13; 16,17.]. In einfacher Form wird der Exorzismus bei der Feier der Taufe vollzogen. Der feierliche, sogenannte Große Exorzismus darf nur von einem Priester und nur mit Erlaubnis des Bischofs vorgenommen werden. Man muß dabei klug vorgehen und sich streng an die von der Kirche aufgestellten Regeln halten. Der Exorzismus dient dazu, Dämonen auszutreiben oder vom Einfluß von Dämonen zu befreien und zwar kraft der geistigen Autorität, die Jesus seiner Kirche anvertraut hat. Etwas ganz anderes sind Krankheiten, vor allem psychischer Art; solche zu behandeln ist Sache der ärztlichen Heilkunde. Folglich ist es wichtig, daß man, bevor man einen Exorzismus feiert, sich Gewißheit darüber verschafft, daß es sich wirklich um die Gegenwart des bösen Feindes und nicht um eine Krankheit handelt [Vgl. CIC, can. 1172].

Die Volksfrömmigkeit

1674 Die Katechese soll nicht nur der sakramentalen Liturgie und den Sakramentalien Beachtung schenken, sondern auch den Frömmigkeitsformen der Gläubigen und der Volksreligiosität. Der religiöse Sinn des christlichen Volkes hat von jeher in mannigfaltigen Frömmigkeitsformen Ausdruck gefunden, die das liturgische Leben der Kirche umgeben – wie die Rehquienverehrung, das Aufsuchen von Heiligtümern, die Wallfahrten und Prozessionen, die Kreuzwegandachten, die religiösen Tänze, der Rosenkranz und die Medaillen [Vgl. 2. K. v, Nizäa: DS 601; 603; K. v. Trient: DS 1822].

1675 Diese Ausdrucksformen setzen das liturgische Leben der Kirche fort, ersetzen es aber nicht. Sie sollen „unter Berücksichtigung der liturgischen Zeiten so geordnet werden, daß sie mit der heiligen Liturgie zusammenstimmen, gewissermaßen aus ihr herausfließen und das Volk zu ihr hinführen, da sie ihrer Natur nach ja weit über diesen steht“ (SC 13).

1676 Es braucht pastorales Unterscheidungsvermögen, um die Volksfrömmigkeit zu stützen und zu fördern und, falls nötig, den religiösen Sinn, der solchen Andachten zugrunde liegt, zu reinigen und zu berichtigen, damit diese Andachten die Kenntnis des Mysteriums Christi immer mehr zur Entfaltung bringen. Ihre Feier untersteht der Obhut und dem Urteil der Bischöfe und den allgemeinen Normen der Kirche [Vgl. CT 54.].

„Die Religiosität des Volkes ist in ihrem Kern eine Ansammlung von Werten, die mit christlicher Weisheit auf die großen Existenzfragen Antwort gibt. Die katholische Volksweisheit hat eine Fähigkeit zur Lebenssynthese; so führt sie in schöpferischer Weise das Göttliche und das Menschliche, Christus und Maria, Geist und Leib, Gemeinschaft und Institution, Person und Gemeinschaft, Glauben und Vaterland, Verstand und Gefühl zusammen. Diese Weisheit ist ein christlicher Humanismus, der von Grund auf die Würde jeder Person als Kind Gottes bejaht, eine grundsätzliche Brüderlichkeit begründet, lehrt, der Natur zu begegnen und die Arbeit zu verstehen, und Gründe zur Freude und zum Humor, auch inmitten eines sehr harten Lebens bereitstellt. Diese Weisheit ist auch für das Volk ein Grundprinzip für sein Unterscheidungsvermögen, ein vom Evangelium getragener Instinkt, aufgrund dessen es spontan begreift, wann in der Kirche dem Evangelium gedient wird, und wann es ausgehöhlt und durch andere Interessen erstickt wird“ (Dokument von Puebla 448) [Vgl. EN 48].

Kurztexte

1677 Als Sakramentalien bezeichnet man die von der Kirche eingesetzten heiligen Zeichen die dazu bestimmt sind die Menschen auf den Empfang der Frucht der Sakramente vorzubereiten und die verschiedenen Lebensumstände zu heiligen.

1678 Unter den Sakramentalien nehmen die Segnungen einen wichtigen Platz ein Sie sind zugleich Lobpreisungen Gottes um seiner Werke und Gaben willen und Bitte der Kirche für die Menschen damit diese von den Gaben Gottes im Geist des Evangeliums Gebrauch machen können.

1679 Das christliche Leben nährt sich nicht nur aus der Liturgie sondern zudem aus den vielfältigen Formen der Volksfrömmigkeit die in den verschiedenen Kulturen verwurzelt sind Die Kirche ist darauf bedacht die Volksfrömmigkeit durch das Licht des Glaubens zu erhellen sie begünstigt diejenigen Formen in denen sich ein dem Evangelium entsprechendes Gespür und eine menschliche Weisheit äußern und die das christliche Leben bereichern.


ARTIKEL 9 DAS CHRISTLICHE BEGRÄBNIS

1680 Alle Sakramente, zumal die der christlichen Initiation, haben das letzte Pascha zum Ziel, das das Kind Gottes durch den Tod in das Leben des Himmelreiches eintreten läßt. So geht in Erfüllung, was es in Glauben und Hoffnung bekannte: „Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt“ (Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel).

I Das letzte Pascha des Christen

1681 Der christliche Sinn des Sterbens wird im Licht des Pascha-Mysteriums des Todes und der Auferstehung Christi offenbar, auf dem unsere einzige Hoffnung beruht. Der Christ, der in Christus Jesus stirbt, ist dabei, „aus dem Leib auszuwandern, und daheim beim Herrn zu sein“ (2 Kor 5,8).

1682 Mit dem Tod, dem Abschluß des sakramentalen Lebens, beginnt für den Christen die Vollendung der bei der Taufe begonnenen Wiedergeburt –die endgültige „Verähnlichung mit dem Bild des Sohnes“ kraft der Salbung durch den Heiligen Geist – und die Teilnahme am Festmahl des Himmelreiches, das in der Eucharistie vorweggenommen wurde. Das gilt auch dann, wenn er noch weiterer Läuterungen bedürfen sollte, um das hochzeitliche Gewand anziehen zu dürfen.

1683 Die Kirche, die den Christen während seiner Pilgerschaft auf Erden als Mutter sakramental in ihrem Schoß getragen hat, begleitet ihn am Ende seines Weges, um ihn „den Händen des Vaters zu übergeben“. Sie bietet in Christus dem Vater das Kind seiner Gnade an und senkt voll Hoffnung den Samen des Leibes, der in Herrlichkeit auferstehen wird [Vgl. 1 Kor 15,42–44], in die Erde. Diese Darbringung wird im eucharistischen Opfer am vollkommensten gefeiert; die Segnungen, die vorausgehen und folgen, sind Sakramentalien.

II Die Feier des Begräbnisses

1684 Das christliche Begräbnis ist eine liturgische Feier der Kirche. Der Dienst der Kirche will einerseits die wirkkräftige Gemeinschaft mit den Verstorbenen zum Ausdruck bringen; andererseits will er auch die zur Bestattung versammelte Gemeinde an dieser Feier teilnehmen lassen und ihr das ewige Leben verkünden.

1685 Die verschiedenen Begräbnisriten bringen den österlichen Charakter des christlichen Sterbens zum Ausdruck, entsprechend den Verhältnissen und Überlieferungen jeder Region, auch was die liturgische Farbe anbelangt [Vgl. SC 81,].

1686 Der Ordo exsequiarum (OEx) der römischen Liturgie nennt drei Formen der Bestattungsfeier, die den drei Stätten entsprechen, an denen sie stattfindet – dem Haus, der Kirche und dem Friedhof. Sie richten sich auch danach, welches Gewicht die Familie, die örtlichen Bräuche, die Kultur und die Volksfrömmigkeit ihr geben. Der Verlauf ist allen liturgischen Überlieferungen gemeinsam und umfaßt vier Hauptmomente.

1687 Die Begrüßung der Gemeinde. Ein gläubiger Gruß eröffnet die Feier. Die Angehörigen des Verstorbenen werden begrüßt durch ein Wort des „Trostes“ [im Sinn des Neuen Testamentes: die Kraft des Heiligen in der Hoffnung][Vgl. 1 Thess 4,18]. Die sich versammelnde betende Gemeinde erwartet auch „Worte des ewigen Lebens“. Der Tod eines Mitglieds der Gemeinde (oder der Jahrestag des Todes, oder auch der siebte oder vierzigste Tag nach dem Tod) ist ein Anlaß, den Blick über den Horizont dieser irdischen Welt hinauszurichten. Er soll die Gläubigen zur wahren Erkenntnis im Glauben an den auferstandenen Christus hinführen.

1688 Der Wortgottesdienst. Die Feier des Wortgottesdienstes bei Begräbnissen bedarf einer besonders sorgfältigen Vorbereitung, da an ihr vielleicht auch Gläubige teilnehmen, die selten einer Liturgie beiwohnen, sowie nichtchristliche Freunde des Verstorbenen. Insbesondere die Homilie soll „die literarische Gattung der Grabrede meiden“ (OEx 41) und das Mysterium des christlichen Sterbens im Licht des auferstandenen Christus erhellen.

1689 Das eucharistische Opfer. Wenn die Feier in der Kirche stattfindet, ist die Eucharistie die Mitte der österlichen Wirklichkeit des christlichen Todes [Vgl. OEx 1]. In ihr bekundet die Kirche ihre wirkkräftige Gemeinschaft mit dem Verstorbenen: Sie bringt dem Vater im Heiligen Geist das Opfer des Todes und der Auferstehung Christi dar und bittet ihn, sein Kind von seinen Sünden und deren Folgen zu reinigen und es in die österliche Fülle des himmlischen Hochzeitsmahles aufzunehmen [Vgl. OEx 57]. Durch die so gefeierte Eucharistie lernt die Gemeinde der Gläubigen, besonders die Familie des Verstorbenen, in Gemeinschaft mit dem zu leben, der „im Herrn entschlafen“ ist, indem sie den Leib Christi empfängt, dessen lebendiges Glied er ist, und dann für ihn und mit ihm betet.

1690 Die Verabschiedung des Verstorbenen besteht darin, daß die Kirche ihn „Gott anbefiehlt“. Sie ist „der letzte Abschiedsgruß der christlichen Gemeinde an eines ihrer Glieder, bevor dessen Leib zu Grabe getragen wird“ (OEx 10). Die byzantinische Überlieferung bringt das im Abschiedskuß an den Verstorbenen zum Ausdruck:

In diesem letzten Gruß „singt man, weil er aus diesem Leben geschieden und weggegangen ist, aber auch, weil es eine Gemeinschaft und eine Wiedervereinigung gibt. Durch den Tod werden wir ja keineswegs voneinander getrennt, denn wir gehen alle den gleichen Weg und werden uns am gleichen Ort wiederfinden. Wir werden nie voneinander getrennt sein, denn wir leben für Christus und sind jetzt mit Christus vereint; wir gehen ja zu ihm ... Wir werden alle miteinander in Christus beisammen sein“ (Symeon v, Thessalonich, sep.).


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